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Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Titel: Tante Dimity und der unheimliche Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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deutete auf den ledernen Armlehnsessel, der auf der anderen Seite des Kamins seinem Sessel gegenüberstand. »Wollen Sie mir nicht ein wenig Gesellschaft leisten?«
    Ich schloss die hohe Tür, verstaute die Taschenlampe in meiner Jeanstasche und setzte mich in den Sessel. Dabei fragte ich mich, ob Jamie jetzt von mir wissen wollte, warum ich gleich einem Racheengel hier hereingeplatzt war, oder ob er höflich so tun würde, als hätte er es nicht bemerkt.
    »Ich bin vor ein paar Minuten an Ihrem Zimmer vorbeigekommen und kurz davor stehen geblieben«, sagte er. »Ich war auf der Suche nach jemandem, der mir Gesellschaft leistet, doch dann hörte ich, wie Sie mit Ihrem Mann telefonierten, und wollte nicht stören.«

    »Das waren also Sie?« Die blasse Röte auf meinem Gesicht vertiefte sich. »Ich dachte, es sei Catchpole, der den Voyeur spielt. Deshalb bin ich so hier hereingeplatzt. Ich wollte ihm den Hals umdrehen.«
    Jamie schnalzte mit der Zunge. »Das würde ich Ihnen nicht raten. Ich habe mir sagen lassen, dass es nicht schlaffördernd ist, wenn man zuvor jemandem den Hals umgedreht hat.«
    Ich lächelte etwas unbeholfen und neigte den Kopf zur Seite. »Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, aber Ihr Akzent erstaunt mich. Vielleicht ist es auch die Art, wie Sie sprechen. Aber für einen Amerikaner hören Sie sich ziemlich …
    englisch an.«
    »Meine Mutter war Engländerin.« Jamie
    streckte die Beine in Richtung des Feuers aus, faltete die Hände über dem Bauch und lehnte sich bequem in den Sessel zurück. »Meine Eltern haben sich während des Krieges in England kennengelernt, danach eine Weile korrespondiert, sich ineinander verliebt und schließlich geheiratet. Meine Mutter ist nach Amerika übergesiedelt
    – wie nicht anders zu erwarten als klassische G.I.-Braut –, aber wir standen in engem Kontakt mit ihrer Familie in England, und ich habe sie oft besucht. Auch habe ich in Oxford studiert, also fürchte ich, dass ich sprachlich ein ziemlicher Bastard bin.«
    »Es war nicht als Kritik gemeint«, sagte ich, und das stimmte auch. Jamie hatte eine wunderbar tiefe und melodische Stimme. Am liebsten hätte ich ihn gebeten, mir aus seinem Buch vorzulesen, nur um in den Genuss seiner Stimme zu kommen, doch beschloss ich, auf etwas elegantere Art zu meinem Ziel zu gelangen, indem ich versuchte, unser Gespräch so lange wie möglich in Gang zu halten.
    »Meine Eltern haben während des Krieges gedient«, sagte ich. »Meine Mutter war in Eisenhowers Büro in London tätig, und mein Vater war bei der Landung am Omaha Beach am D-Day dabei.«
    »Sie müssen stolz auf Ihre Eltern sein«, sagte Jamie. »Wollten sie nicht, dass Sie ebenfalls der Army beitreten?«
    »Ich glaube nicht, dass irgendjemand sich mich in Uniform vorstellen kann«, erwiderte ich lachend. »Und Ihr Vater, hat er nicht erwartet, dass Sie zur Army gehen?«
    »Nein. Im Gegenteil, er war strikt dagegen.«
    »Da bin ich ja froh«, sagte ich abermals gedankenlos.

    »Sind Sie das?« Jamie sah mich fragend an.
    »Warum?«
    »Weil …« Ich kannte ihn nicht lange genug, um ihm zu sagen, dass allein der Gedanke, dass seine weichen, dunklen Locken dem militärischen Stoppelschnitt zum Opfer fallen würden, mich schmerzte, also sagte ich leichthin: »Weil es gefährlich ist.«
    »Wie wahr. Aber ich tauge in vielerlei Hinsicht nicht für eine militärische Laufbahn. Ich ziehe beschauliche Wanderungen Hindernisläufen vor, außerdem bin ich nicht für den Befehlsempfang geeignet. Ich hätte einen lausigen Soldaten abgegeben.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher«, sagte ich.
    »Als Catchpole mit seiner Flinte herumfuchtelte, haben Sie mich ganz schön verblüfft. Ich meine, wie ruhig Sie geblieben sind und besonnen, und wie Sie ihn so mir nichts, dir nichts entwaffnet haben.«
    »Ich habe also einen ruhigen Eindruck gemacht?« Nachdenklich strich Jamie sich über den Bart. »Wahrscheinlich war ich es auch. Mein Vater hat mir die Grundlagen der Selbstverteidigung beigebracht, also war ich wohl nicht ganz so verwirrt wie Sie.«
    »Ich war nicht verwirrt«, sagte ich trocken.

    »Ich habe mir vor Angst fast in die Hose gemacht. Deshalb habe ich die Flinte auf mein Zimmer mitgenommen. Sie liegt jetzt unter meinem Bett.«
    »Was für eine gute Idee.« Jamie nickte. »Darauf hätte ich auch kommen müssen.«
    »Auf solche Ideen kommt man automatisch, wenn man Mutter ist«, sagte ich. »Ich lasse niemals gefährliches Spielzeug in Reichweite von kleinen

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