Tante Dimity und der unheimliche Sturm
Ankleidesessel saß. »Nenn mir einen guten Grund, warum es nicht eine unmögliche Aufgabe sein sollte.«
Während ich den zwillingshaften Widerschein des Feuers in Reginalds Augen betrachtete, dämmerte mir allmählich, dass die Aufgabe doch nicht ganz so aussichtslos war, wie sie zunächst schien. Nach Catchpoles Erzählungen waren Tessa Gibbs’ Handwerkstrupps seit zwei Jahren damit beschäftigt, die Abtei zu restaurieren. Sie hatten das ganze Dachgeschoss neu gebaut und den Rest des Gebäudes sorgsam restauriert. Sie hatten die elektrischen Leitungen erneuert, Wasser-und Abflussrohre ersetzt, die Böden neu gelegt und kilometerweise Wandverkleidungen herausgerissen und erneuert. Die Handwerker hatten somit ausreichend Gelegenheit gehabt, auf Verstecke zu stoßen, in denen Schätze verborgen lagen. Mit Catchpoles Adlerblick im Rücken, der ein ebenso wachsames Auge auf die Handwerker wie auf die Putzfrauen hatte, wäre es ihnen unmöglich gewesen, eine solche Entdeckung geheim zu halten. Und wäre Tessa Gibbs ganz unverhofft in den Besitz von so etwas Wertvollem wie der Pfauen-Parure gekommen, so hätte ihr Anwalt – mein Mann – bestimmt davon erfahren und es mir gegenüber erwähnt.
»Das Ganze läuft darauf hinaus, Reg«, sagte ich, »dass wir unsere Suche eingrenzen können.
Ich werde also nicht Mauern einreißen oder Dielenbretter aufstemmen müssen, um die Pfauen-Parure zu finden.« Ich warf einen Blick zu dem intarsienverzierten Schreibtisch. »Der Schmuck muss in irgendeinem Möbelstück verborgen sein
– in einer geheimen Schublade oder einem verborgenen Fach.«
Reginalds Augen glühten ermunternd. Er dachte also, dass ich auf dem richtigen Weg war, und ich fuhr fort.
»Catchpole erzählte mir, dass einige der Zimmer noch nicht fertiggestellt sind. Er sagte …« –
ich runzelte die Stirn, während ich angestrengt versuchte, mir seine Worte in Erinnerung zu rufen –, »… dass ein Teil der Einrichtung ziemlich derb sei. Was wohl bedeutet, dass einige Möbelstücke der Abtei nicht restauriert oder neu lackiert wurden, sondern noch immer in ihrem Urzustand sind, also so, wie Lucasta sie hinterlassen hatte.«
Während mein Plan in meinem Geist Gestalt annahm, zog ich die Beine an und stützte das Kinn auf die Knie. Ich müsste also den Raum ausfindig machen, in dem die alten, schäbigen Möbel aufbewahrt wurden, und dort mit der Suche beginnen. Wenn ich nicht fündig wurde, müsste ich die Möbel in den bereits renovierten Zimmern durchstöbern. Es wäre keine leichte Aufgabe, aber ganz so aussichtslos war sie auch wieder nicht.
»Danke für deine Hilfe, Reg.« Ich streckte die Hand aus und schüttelte meinem Hasen die Pfote. »Die Nadel ist zwar ziemlich dünn, aber der Heuhaufen ist nicht ganz so gewaltig, wie ich zunächst befürchtet habe.«
Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr.
Es war halb elf. Wenn ich mit meiner Suche bis zum nächsten Morgen wartete, würde ich mir tausend Ausreden ausdenken müssen, um die Gelegenheit zu haben, allein durch das Haus zu streifen. Es wäre sehr viel besser, gleich mit der Suche zu beginnen, solange Catchpole in seinem Cottage war und meine beiden Hausgenossen friedlich in ihren Betten schliefen.
Ich drehte den Docht in der Petroleumlampe herunter, um den Eindruck zu erwecken, dass ich ins Bett gegangen sei, dann nahm ich die kleine Taschenlampe aus der Tasche meiner Gabardinehose und ging auf Zehenspitzen auf den Flur hinaus. Mein erstes Ziel, so entschied ich, war die Bibliothek. Ehe ich meine Suche nach schäbigen Möbeln begann, wollte ich mich noch mal am Anblick des Heiligen Grals weiden.
Mit dem schwachen Schein der Taschenlampe leuchtete ich die Bibliothek aus, als ich die Schwelle betrat. Noch barg der Raum die restliche Wärme eines gemütlichen Kaminfeuers, das hier wenige Stunden zuvor gebrannt hatte. Doch die von Jamie aufgehäufte Kohle war nunmehr zu kirschgroßen glimmenden Kohlestückchen zerglüht, sodass die Glut nur noch einen schwachen Lichtschein warf. Wieder wurde mir die vollkommene Stille in der Abtei bewusst, die tief in ihrem verborgenen Tal dräute, eingehüllt in einen dichten Mantel aus Schnee. Sogar die schwatzhaften Pilger in dem Canterbury-Mosaik machten einen demütigen Eindruck, so als hätten sie vereinbart, sich nicht länger Geschichten zu erzählen und für die Nacht Ruhe zu wahren. Einen Moment lang hielt ich inne, um ihre stille Schönheit zu betrachten, dann richtete ich die Taschenlampe auf den Tisch
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