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Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Titel: Tante Dimity und der unheimliche Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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gefunden, und ich war so dumm, ihm zu zeigen, wo er die Grundrisse fand.
    Jamie hatte Wendy auf ihrer Suche dirigiert.
    Er hatte ihren Plan entworfen, sie hatte nur die Laufarbeit getan, während er den nächsten Schritt plante. Er hatte ihr gesagt, dass sie sich später in der Bibliothek treffen wollten. Sie hatte nicht zufällig seinen Namen durch die geschlossene Tür geflüstert, sondern weil sie erwartete, ihn in der Bibliothek zu finden statt meiner. Seine angebliche Sorge um mein Wohlergehen, sein Interesse an Büchern, die charmante Unterhaltung, die er mit mir führte – all das war nichts weiter als ein Lügengespinst, das er um mich gesponnen hatte, damit ich nicht erkannte, was wirklich vor sich ging.
    Ich konnte nicht glauben, dass ich so blind hatte sein können. Die Wahrheit hatte so klar vor meinen Augen gelegen wie ein Schaltplan, aber ich war so sehr von Jamies Charme abgelenkt gewesen, dass ich ihn nicht sah.
    »Und was war dein Job bei dem Ganzen?«, fragte ich ihn, während Tränen der Demütigung in meinen Augen brannten. »Hast du deshalb heute so viel Zeit mit mir verbracht? Weil es deine Aufgabe war, mich abzulenken, während Wendy die Abtei durchstöberte? Warst du deshalb so nett zu mir?«
    Jamie wandte den Blick ab.
    »Er wollte es nicht tun«, sagte Wendy, »ebenso wenig wie ich grob zu Ihnen sein wollte. Aber wir mussten uns eine Möglichkeit ausdenken, um
    …«
    »Warum?« Ich wirbelte zu ihr herum. »Was gab es da noch auszudenken, wo ich doch so unglaublich kooperativ war? Jamie war der perfekte Babysitter. Er hat mich ganz vereinnahmt.
    Wenn ich nicht mit ihm zusammen war, dann war ich bei Catchpole oder auf meinem Zimmer.« Ärgerlich wischte ich eine Träne weg, die mir über die Wange kullerte. »Ich habe Ihnen jede Zeit der Welt gegeben, um im Haus herumzuschnüffeln mit Ihrem Stemmeisen, Wendy. Ich habe Ihnen mehr Zeit gegeben, als Sie brauchten, um die Diamanten zu stehlen. Ich habe sogar den verdammten Grundriss für Sie gefunden. Wollen Sie mir dafür nicht wenigstens danken?«
    »Lori …«, sagte Wendy sanft und ging auf mich zu.
    Ich erstarrte. »Kommen Sie mir ja nicht näher.
    Mein Mann weiß, dass ich hier bin, und er weiß auch, wofür ich Sie von Anfang an gehalten habe. Und wehe, wenn mir etwas zustößt, dann werden Sie den Zorn Gottes zu spüren bekommen.«
    Wendy blieb abrupt stehen, starrte mich einen Moment lang an und reckte dann die Arme empor. »Herrgott noch mal«, sagte sie. »Ich kann mit hysterischen Frauen nichts anfangen. Versuch du, vernünftig mit ihr zu reden, Jamie.« Sie streifte ihre Grubenlampe von der Stirn, warf sie aufs Bett und ging in aller Seelenruhe zum Schrank, wo sie die Türen öffnete.
    Ungläubig schnappte ich nach Luft. » Sie sind aufgebracht? Zuerst nutzen Sie mich schamlos aus, und jetzt spielen Sie die Genervte?«
    »Ich bin nicht aufgebracht, ich habe einfach nur Hunger«, erwiderte Wendy und langte in den Schrank hinein. »Das Mittagessen war vor Ewigkeiten, und ich habe den Abend nicht damit verbracht, herumzusitzen und mich zu unterhalten. Ich habe gearbeitet.«
    Ich wollte sie gerade fragen, wie sie in solch einer Situation an Essen denken konnte, wo mein Magen zu rebellieren drohte. Ich errötete, als ich fassungslos zusah, wie Wendy ein Silbertablett von einem Regalbrett im Schrank nahm und es zu dem Walnusstisch hinübertrug.
    Auf dem Tablett lagen zwei Silbergedecke, zwei Trinkgläser, eine große Flasche Mineralwasser und etliche Dosen, Gläser und Packungen, die allesamt Delikatessen enthielten – Beluga-Kaviar, Gänseleberpastete, Heringfilets in Senfsauce, Anchovisröllchen mit Kapern, geräucherte Miesmuscheln, marinierte Venusmuscheln, Oliven, Essiggurken, Perlzwiebeln, Sahnecracker, Käseplätzchen, Grissini – vollkommen hingerissen starrte ich die Ansammlung an Leckerbissen an, als Wendy mit dem Tablett an mir vorbeiging »Die Schüssel dürfen wir nicht vergessen«, sagte Jamie. Er holte eine bedeckte Steingutschüssel aus dem Schrank und stellte sie in die Nähe des Kaminfeuers. »Das ist Catchpoles Aprikosenkompott. Bis wir mit dem Hauptgang fertig sind, ist es bestimmt warm.«

    Während Wendy die Ottomane ein wenig zur Seite schob, sodass der Walnusstisch zwischen Armlehnsessel und Ottomane stand, und Wasser in die Gläser füllte, durchsuchte Jamie seinen Rucksack. Schließlich brachte er eine kleine Plastiktasse und Campingbesteck und einen Teller zum Vorschein und zauberte damit ein drittes Gedeck.

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