Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Titel: Tante Dimity und der unheimliche Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
Vom Netzwerk:
Armlehnsessel und reichte mir das Album.
    »Und obwohl ich es hasse, jemanden belehren zu wollen, so ist ein Scharfschütze nicht ausschließ lich ein militärischer Ausdruck. Jeder, der ein guter Schütze ist, kann als Scharfschütze bezeichnet werden. Vielleicht ist Wendys Vater Jäger.«
    »Also hat Wendy das Album nicht genommen, und wir haben keine Veranlassung anzunehmen, dass ihr Vater ein Soldat war.« Ich verschränkte die Arme und sagte unglücklich: »Und schon wieder tust du es, Jamie.«
    »Was denn?«
    Ich legte das schwere Album auf den Boden und sah ihn vorwurfsvoll an. »Du schaffst es, dass ich meinen Instinkten nicht mehr trauen kann.«
    »Was, wenn du ihnen wirklich nicht trauen kannst?« Jamie lehnte sich nach vorn und stützte die Ellbogen auf seine Knie. »Sag mir ganz ehrlich: Magst du Wendy Walker?«
    »Nicht besonders«, gab ich zu. »Sie gibt mir das Gefühl, dass ich dumm bin und hilflos und gefühlsduselig, außerdem hat sie ziemlich unschöne Dinge über Lucasta gesagt, aber darum geht es hier nicht, Jamie. Ich kann durchaus ein Vorurteil von einer logischen Schlussfolgerung unterscheiden. Ich glaube ganz ehrlich, dass Wendy Walker nach Ladythorne kam, um die Pfauen-Parure zu stehlen.«

    »Ich weiß, dass du das glaubst, Lori, aber …«
    »Okay«, unterbrach ich ihn und bedeutete ihm zu schweigen, »lass uns eine Abmachung treffen. Wir werden jetzt gemeinsam zu Wendys Zimmer gehen. Wenn sie dort ist, gebe ich zu, dass ich mich in ihr getäuscht habe. Wenn sie nicht auf ihrem Zimmer ist, wirst du zugeben, dass ich womöglich recht habe.«
    Ich wollte mich gerade von meiner Ottomane erheben, als Jamie mir eine Hand auf die Schulter legte und mich davon abhielt.
    »Nein.« Seine Stimme war so sanft wie seine Berührung, aber dennoch fest. »Ich bin entzückt über deine Gesellschaft, Lori, aber ich bezweifle, dass Wendy ebenso fühlt. Sie hat ihre Nachtruhe verdient. Also werden wir sie nicht stören.«
    »Aber Jamie …«
    »Wir werden morgen früh mit ihr reden«, schlug er vor. »Was hältst du davon, wenn du in der Zwischenzeit in dein eigenes Bett zurückgehst?« Seine Hände glitten langsam meine Arme hinab, und seine Augen fingen abermals Feuer.
    »Es sei denn natürlich, du hast es dir anders überlegt und willst meines mit mir teilen.«
    »Ich habe mir gar nichts anders überlegt.« Ich schüttelte seine Hände ab, stand auf und ging zum Fenster zur Rechten des Schreibtischs, um in die Dunkelheit hinauszustarren. Meine Enttäuschung war so tief, dass die Aussicht, die Nacht in jenen purpurroten Laken mit einem Mann zu verbringen, den ich unglaublich unabstoßend fand, nicht im Entferntesten verlockend für mich war. »Wenn du mir nicht helfen willst, Wendy zu beobachten, willst du mir dann wenigstens helfen, die Parure zu finden, ehe sie es tut? Zu zweit können wir mehr ausrichten als ich allein.«
    Jamies Gesicht, das sich in der dunklen Fensterscheibe spiegelte, schien seltsam körperlos durch die Luft zu schweben, als er sich aus seinem Armsessel erhob und sich hinter mich stellte.
    »Natürlich werde ich dir helfen, Lori.« Er war so nah, dass sein warmer Atem meine Locken bewegte. »Ich werde dir so gut helfen, wie ich kann. Sollen wir gleich hier in diesem Zimmer anfangen? Am Kopfteil meines Betts gibt es eine aufwendige Holzschnitzerei.« Mit der Fingerspitze zeichnete er einen Schnörkel auf meinen Nacken. »Lass uns schauen, ob wir nicht ein verstecktes Fach dahinter finden.«
    Ich konnte nichts dagegen tun, dass ich zitterte, und kaum ließ die Enttäuschung nach, spürte ich auch schon wieder den Lockruf der Verführung. Ich räusperte mich und trat entschlossen, wenngleich auch ein wenig schwankend zum Schreibtisch. Jamie folgte mir, und einen Augenblick lang war die Versuchung, mich in seine Arme zurückzulehnen, den Kopf an seine Wange zu legen und seinen weichen Bart an meinem Hals zu spüren, so stark, dass ich kaum atmen konnte.
    »Übernimm du inzwischen … das Kopfteil«, brachte ich hervor und versuchte vergeblich, möglichst entschlossen zu klingen. »Ich werde mit dem, ähm, dem Schreibtisch anfangen. Huch, so viele … Postfächer …«
    Mit einem Mal wurde mein wirrer Blick von dem ausgebreiteten Papierbogen gefangen genommen, den ich bei meinem Eintreten bemerkt hatte. Es war ein Grundriss, auf feinem Leinenpapier gezeichnet, und die altmodische Schrift darauf kam mir merkwürdig vertraut vor. Ich lehnte mich vor, um die Zeichnung näher zu betrachten,

Weitere Kostenlose Bücher