Tante Dimity und der unheimliche Sturm
Sinn unseres Ausflugs erraten, Lori«, sagte Jamie. »Ich wollte, dass du siehst, was James und Wally sahen. Ich wollte, dass du in ihre Fußstapfen trittst. Diese zwei kriegsmüden jungen Männer mussten sich gefühlt haben, als wäre Ladythorne der Artuslegende entsprungen, mit seinem Glockenturm, dem Bogengang und der hübschen Burgherrin.«
Wendy wandte sich zu mir und sah mich direkt an. »Niemand hat James oder Wally über Lucastas Verlobten erzählt. Sie wussten nicht, dass er in Dünkirchen gefallen war, und sie wussten auch nicht, dass ihr Vater im Bombenhagel umgekommen war. Lucasta musste den Bediensteten und dem Pflegepersonal befohlen haben, die Familientragödien mit keinem Wort zu erwähnen. Wenn James und Wally es gewusst hätten …« Sie zögerte und wandte sich dann wieder schweigend dem Feuer zu.
»Aber sie wussten es nicht«, nahm Jamie den Faden wieder auf. »In ihren Augen war Lucasta DeClerke eine äußerst wohlhabende junge Erbin mit einer wohltätigen Ader, die keinerlei Sorgen kannte.«
Ich nickte, als Dimitys Worte in meiner Erinnerung aufstiegen: In Anbetracht der Umstände war sie , wie ich fand , fast ein wenig zu fröhlich .
Jeder redete davon , wie tapfer sie sei , aber ich kam nicht umhin , mich zu wundern , ob sie nicht ein gehöriges Maß an Wut hinter ihrem Lächeln verbarg . Ich war mir nicht sicher , verstehst du .
Die Menschen sind manchmal das , was sie vorgeben zu sein … Wenn Dimity, die von Lucastas tragischen Verlusten wusste, nicht in der Lage war, hinter ihre fröhliche Fassade zu blicken, wie hätten James und Wally das vermocht?
»Ich glaube, ich verstehe, worauf du hinauswillst«, sagte ich. »James und Wally waren zwei bescheidene GIs, die in Lucasta DeClerke eine Märchenprinzessin sahen, die auf ihrer Burg lebte. Die armen Jungen mussten schockiert und schrecklich enttäuscht gewesen sein, als die Prinzessin sich in eine Furie verwandelte, aber das gibt euch noch immer nicht das Recht …«
Wendy schnaubte ungeduldig. »Wenn falsche Schlüsse zu ziehen eine olympische Disziplin wäre, dann hätten Sie einen Schrank voller Goldmedaillen. Würden Sie bitte eine Minute lang versuchen, so zu tun, als wüssten Sie nicht schon alles?«
Mir lag eine schnippische Erwiderung auf der Zunge, aber da ich tatsächlich eine peinliche Anzahl falscher Schlüsse gezogen hatte, konnte ich kaum etwas gegen Wendys Bemerkung einwenden.
»Tut mir leid«, sagte ich steif und forderte Jamie auf weiterzuerzählen.
»Der folgende Teil der Geschichte ist nicht so klar wie der Rest«, sagte er. »Aber ich glaube erraten zu haben, was dann passierte. Während James und Wally allmählich wieder zu Kräften kamen, erkundeten sie die Abtei.«
»Wally interessierte sich für Architektur«, warf Wendy ein, »also verbrachte er viel Zeit damit, die Bauweise und Struktur des Hauses und der Nebengebäude zu studieren. Den Wintergarten hat er sicherlich geliebt.«
»Wahrscheinlich hat er in der Architektur von Ladythorne geschwelgt wie ein Verhungernder an einer reich gedeckten Tafel«, sagte Jamie mit einem trockenen Lächeln. »James, den eher Bü cher faszinierten, erkundete hingegen die Bibliothek, wo er auf ein Album mit wundervollen Fotografien stieß.«
Er bückte sich, um das Jubiläumsalbum vom Boden aufzuheben. Er legte es auf den Walnusstisch und blätterte durch die Seiten, bis er zu der Seite mit dem Foto kam, auf dem Grundy und Rose DeClerke posierten, als Tag und Nacht kostümiert. Im flackernden Feuerschein wirkten ihre Gesichter seltsam lebendig.
»Insbesondere eine Fotografie heizte ihre Fantasie an«, murmelte Jamie und starrte das märchenhafte Bild an. »Als er die Bediensteten fragte, sagte man ihm, dass die Juwelen echt und im Besitz von Miss DeClerke seien, dass sie sie jedoch so gut verborgen habe, dass nur sie allein das Versteck kenne.«
»Zu diesem Zeitpunkt musste Wally bereits die Grundrisse entdeckt haben.« Wendy deutete mit einer Kinnbewegung zu dem Rolltop-Schreibtisch. »Jamie hat mir gesagt, dass sie in der Bibliothek sind, also nehme ich an, dass auch James sie gefunden haben könnte. Oder vielleicht hat auch Lucasta Wally die Pläne zur Ansicht gegeben, um noch besser die Architektur des Hauses studieren zu können. Wie auch immer, die beiden Freunde haben versucht, den Verbleib der fabelhaften Pfauen-Parure anhand der Grundrisse nachzuverfolgen, und sich auf die Suche nach dem Geschmeide gemacht. Es mag leichtfertig klingen, aber …« Als ich den
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