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Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Titel: Tante Dimity und der unheimliche Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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eichengetäfelten Raum, der mit einem überreich verzierten Billardtisch ausgestattet war, daneben Futterale mit kostbar eingelegten Billardkugeln und Elfenbeinkugeln, sowie niedrigen Tischen, auf denen Kristallgläser und Dekanter standen, umgeben von lederbezogenen Stühlen.
    Ich fuhr mit der Fingerspitze über die gespreizten Flügel eines aufwendig geschnitzten Phönix, deren Spanne eine Schmalseite des Billardtischs umfasste. Dabei empfand ich ein seltsames Gefühl des Fremdseins, so als wären wir in die Jahre zurückversetzt worden, als Ladythorne ein Refugium inmitten des Krieges war. Beinahe konnte ich die geisterhaften Schatten der genesenden Soldaten sehen, einige von ihnen auf Krü cken, die sich über Kugeln beugten, während andere, die Arme in Schlingen, müßig in Sesseln lümmelten und den Billardspielern einen Ratschlag zuriefen oder scherzhafte Bemerkungen machten.
    Kommentarlos durchquerte Jamie das Billardzimmer und betrat das dahinterliegende Rauchzimmer. Humidore, Zeitungshalter aus Bambus sowie bequeme Sessel verliehen dem Raum die behagliche Atmosphäre eines Gentlemen-Clubs.
    Ich nahm an, dass die Soldaten sich hier eingefunden hatten, die eine nachdenkliche Stille dem Wortgeplänkel eines Billardzimmers vorzogen.
    Jamie musste die Grundrisse eingehend studiert haben, denn zielstrebig steuerte er eine Tür an, die in der dunklen Eichenvertäfelung verborgen war. Schweigend bedeutete er uns zu folgen und führte uns durch einen schmalen Gang, der uns an einen so magischen Ort brachte, dass ich kaum meinen Augen traute. Einem Mann, der drei Jahre lang im Krieg gewesen war, mochte er als Vorhof des Himmels erschienen sein.
    An die Rückseite des Hauses war ein Wintergarten angefügt worden. Schmale, weiß gestrichene Eisenrippen bildeten ein fächerförmiges konisches Dach und waren in geschwungenen Bögen mit dem schmiedeeisernen Gitterwerk verbunden, das die Glaswände umgab. Dreiteilige Holzregale zogen sich die Wände entlang und standen auf schmiedeeisernen Füßen, die die Form von Rosenranken hatten. Der Boden war bedeckt mit einem glänzenden Mosaik aus Frühlingsblumen, und der anmutige schmiedeeiserne Tisch und die dazu passenden Stühle schrien geradezu nach Teegeschirr und in Spitzen gehüllte Damen mit Sonnenschirmen.
    Umgeben von den grünen Farben des Som mers wäre der Wintergarten bestimmt ein reizender Ort gewesen, aber der Schneesturm hatte ihn in einen Palast verwandelt, der einer Eiskönigin zur Ehre gereicht hätte. Das konische Dach hatte eine Krone aus dichtem Schnee, und in der Dunkelheit wirbelten dicke Schneeflocken durch die Luft. Die Glasscheiben waren mit Schneeblumen überzogen. Die Luft war so kalt, dass man seinen Atem sehen konnte, aber wenn Jamie mich nicht beim Arm genommen hätte, um mich ins Haus zurückzuführen, wäre ich dort stehen geblieben, bis ich selbst zu einer Eissäule gefroren wäre.
    »Lasst uns auf mein Zimmer zurückgehen«, sagte er. »Du hast erst mal genug gesehen.«

    Das Petroleum in Jamies Lampe musste dringend nachgefüllt werden, also ging ich zuerst auf mein Zimmer, um meine Lampe zu holen. Ich stellte sie auf den Walnusstisch, zog die Daunendecke von Jamies Bett und hüllte mich darin ein, ehe ich es mir im Armlehnsessel mit dem Schottenmuster bequem machte. Währenddessen legte Jamie im Kamin Kohlen nach.
    Er setzte sich auf den Schreibtischstuhl, Wendy hingegen zog es vor, im Schneidersitz auf dem Boden zu sitzen, den Rücken an die Ottomane gelehnt und die Hände zum Feuer ausgestreckt.

    Nach unserem Ausflug durch die eisigen Flure von Ladythorne hieß sogar eine robuste Freiluftfanatikerin wie Wendy ein wärmendes Kaminfeuer willkommen.
    Mir war die eingetretene Stille willkommen, denn ich musste mich bemühen, mit den Füßen wieder auf die Erde zurückzukommen. Ich kannte mich nur allzu gut, um zu wissen, dass ich in Gefahr war, mich von Ladythornes Herrlichkeit in den Bann ziehen zu lassen und den Boden unter den Füßen zu verlieren. Ebenso wenig durfte ich mich von seinem Zauber ablenken lassen, wie ich mir erlauben durfte, abermals in den Bann von Jamies Anziehungskraft zu geraten. Streng ermahnte ich mich, dass ich bereits das Ende der Geschichte kannte, und wie auch immer Jamie seine Handlung rechtfertigen mochte, ein Diebstahl war immer noch ein Diebstahl.
    Die Ebenholzuhr auf dem Kaminsims schlug dreimal die Viertelstunde. Eine Dreiviertelstunde waren wir von Jamies Zimmer fort gewesen.
    »Ich bin sicher, du hast den

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