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Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Titel: Tante Dimity und der unheimliche Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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»Haben Sie schon alle Schlafzimmer durchstöbert?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe meins untersucht und die Suite auf der Seite des Flurs, auf der Jamies Zimmer liegt.«
    »Würde es Ihnen etwas ausmachen, mich einen Moment zu begleiten?« Wendy nickte in Richtung Tür. »Es gibt da etwas, das ich Ihnen gern zeigen würde.«
    Ich grub eine letzte Falte in das Bettzeug, um dann Wendy in den Flur zu folgen. Statt mich zum Glockenturm zu führen, wie ich erwartet hatte, ging sie in die entgegengesetzte Richtung zum hinteren Ende des Flurs. Auf ihrem Gesicht lag ein merkwürdiger, unergründlicher Ausdruck.

    »Ich bin darauf gestoßen, als ich Sie gesucht habe«, erklärte sie. »Es ist … eigenartig. Mich würde interessieren, was Sie davon halten.« Sie blieb vor der Suite gegenüber Grundys Gemä chern stehen, trat zur Seite und ließ mich zuerst eintreten.
    Zuerst bemerkte ich den Geruch – den abgestandenen, muffigen Geruch eines Zimmers, das selten gelüftet und abgestaubt wird. Dann erst sah ich den toten Vogel. Er war groß und schwarz und lehnte gegen den Kissenberg eines großen Himmelbetts. Über den Bettpfosten aus gedrechseltem Holz spannten sich mehrere Bahnen Musselin, der einmal weiß gewesen war, jedoch über die Jahre hinweg vergilbt und löchrig geworden war. Das ehemalige Weiß der gesteppten Satintagesdecke hatte sich in ein verwaschenes Grau verwandelt, und von den ausgefransten Säumen hingen lange Fäden.
    Fleckiges Eichenparkett schaute zwischen fadenscheinigen Aubusson-Teppichen hervor. Die zerschlissene Wandtapete mit dem Rosenmuster war laienhaft hier und da mit Streifen einer anders gemusterten Tapete überklebt worden, und die roséfarbenen, kunstvoll drapierten Vorhänge, die durch eine Fransenblende verbunden waren, rahmten Fensterscheiben ein, die so schmutzig waren, dass sie gleißendes Tageslicht in schummriges Zwielicht verwandelten.
    Unter dem Nachttisch sah man einen Porzellannachttopf, der Waschtisch war ausgestattet mit Waschschüssel und Krug, und ein rußgeschwärzter Teekessel hing von einem Schwenkarm im Kamin – eine Einrichtung, die stumme Zeugin eines verarmten Daseins war, das auf Selbstversorgung ausgerichtet war. Auf dem Schreibtisch stand eine Petroleumlampe mit mattem Glasaufsatz, daneben lagen eine Briefmarkenschachtel, ein antiker Schildpattfederhalter, ein eingetrocknetes Tintenfass und ein Stapel des elfenbeinfarbenen Briefpapiers mit dem Wappen von Ladythorne.
    Über dem Kamin hing ein goldgerahmtes Ölporträt, das einen jungen Mann in Uniform mit geradlinigen Gesichtszügen zeigte. Auf dem Kaminsims stand als einzige Zierde ein sepiafarbenes Hochzeitsfoto mit einem Brautpaar, das im Stil der frühen Zwanziger gekleidet war. Die Braut war mit der Pfauen-Parure geschmückt.
    »Das war ihr Zimmer«, wisperte ich. »Lucastas Zimmer.«
    »Das dachte ich mir auch.« Wendy deutete auf das sepiafarbene Foto. »Wahrscheinlich war es vorher die Suite, in der ihre Mutter gewohnt hat. Ich nehme an, dass Lucasta hier eingezogen ist, nachdem ihr Vater gestorben war. Sieht nicht so aus, als ob jemand anders das Zimmer seit Lucastas Tod benutzt hätte.«
    »Ja, so scheint es.« Ich erschauderte und wich in Richtung Tür zurück. »Aber den toten Vogel hätte man wenigstens begraben können.«
    »Es ist kein echter Vogel«, sagte Wendy.
    »Aber ein Spielzeugtier ist er auch nicht. Kommen Sie und sehen Sie ihn sich an.«
    Als wir beide zum Bett hinübergingen, hörte ich das Röhren von Catchpoles Pflug durch die geschlossenen Fenster. Wendy hob den Vogel hoch, und augenblicklich erkannte ich, dass es sich nicht um ein niedliches Plüschtier handelte, sondern um eine kunstvoll gefertigte Handarbeit.
    Schnabel und Beine waren aus feinem
    schwarzem Leder. Ein Paar schwarzer Perlen diente als Augen. Flügel, Kopf und Rumpf waren mit erstaunlich kunstvoll gefertigtem Perlenbesatz versehen, die so angeordnet waren, dass er die schimmernde Optik von Federn nachahmte. Die Säume waren mit bloßem Auge kaum zu erkennen, so winzig waren die Stiche, und die stolze Art, wie er den Kopf erhoben hatte, ließ ihn alles andere als wie ein Kuscheltier erscheinen.

    »Ich glaube, es ist ein Rabe«, sagte Wendy, die den Vogel wieder auf das Kissen legte.
    »Es könnte auch ein Bussard sein.« Mit einer Mischung aus Mitleid und Abscheu ließ ich den Blick durch das Zimmer gleiten. »Hier hat sie also die letzten Jahre gelebt – wenn man es als Leben bezeichnen kann. Die Catchpoles

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