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Tante Dimity und die unheilvolle Insel

Tante Dimity und die unheilvolle Insel

Titel: Tante Dimity und die unheilvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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Korridor getreten waren.
    »Von mir aus können Sie sich gern in Ihrem Selbstmitleid suhlen, aber das wird an meiner Bewunderung nichts ändern. Klar, Sie haben ein paar Regeln gebrochen, aber das haben Sie doch nur getan, weil Sie dachten, ein junger Mann wä re in höchster Not. Um ihn zu retten, waren Sie bereit, es allein mit einer ganzen Bande von Erzschurken aufzunehmen. Das nenne ich Heldenmut !«

    »Meine Meinung über Helden kennen Sie ja schon«, schnaubte er. »Wie schon gesagt, ich hätte Sie nie mitnehmen dürfen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Sie hatten keine Wahl. Sie sind vielleicht den Umgang mit mächtigen Frauen und Männern gewohnt, Damian, aber Sie kennen die Entschlossenheit und Wut einer Mutter nicht, die ihre Jungen verteidigt. Peter Harris ist für mich wie ein Sohn. Niemand hätte mich daran hindern können, ihn zu suchen.«
    »Stur wie ein Ziegenbock«, knurrte Damian.
    »Tja, versuchen Sie mal, einer Ziege ihre Kleinen wegzunehmen. Ich möchte dann ehrlich gesagt nicht in Ihrer Haut stecken.« Ich zwickte ihn in den Arm. »Was Ihre Ausstiegspläne betrifft, widerspreche ich Ihnen nicht. Ich will nicht, dass Sie noch mal sterben, selbst wenn es nur für einen Moment ist. Aber wenn Sie glauben, dass das Leben in einem Dorf friedlich und beschaulich ist, sollten Sie sich schon mal auf eine Enttäuschung gefasst machen.«
    »Sogar in einem Blumenladen?«
    »Vor allem in einem Blumenladen! Ich habe schon Kriege wegen einem Brautstrauß ausbrechen sehen.«
    »Ich werde Ihren Rat beherzigen.« Damian legte seine Hand auf die meine. »Danke, Lori.«

    »Gern geschehen«, sagte ich und verdarb den schönen Moment, als ich jäh die Hand zurückzog und herzhaft gähnte. »Tut mir leid, Damian.
    Ich sollte wirklich längst im Bett sein.«
    »Das sollte jeder auf Erinskil«, lächelte Damian, »außer vielleicht Sir Percy. Schlafen Sie gut.«
    »Endlich mal ein Befehl, den ich befolgen kann!«, rief ich und öffnete die Tür.
    Damian verdrehte die Augen himmelwärts, aber als ich meine Suite betreten hatte und mich noch einmal umdrehte, schenkte er mir ein Lä cheln, das mir das Herz wärmte.
    Kaum hatte ich die Tür geschlossen, zeigte Percys Sturm, was er konnte. Der Wind heulte um die Mauern, ununterbrochen zuckten Blitze auf, und der Regen hämmerte gegen die Fenster.
    Es erübrigt sich zu sagen, dass ich nicht die geringste Lust verspürte, ins Freie zu treten und das Ganze genauer zu betrachten.
    Auch wenn im Wohnzimmer die Lampen
    leuchteten, im Kamin brannte auch heute Nacht kein Feuer. Tatsächlich war es in der Suite ungewohnt kalt und zugig. Anscheinend fand der Wind Zutritt durch Ritzen, die ich selbst nicht bemerkt hatte. Fröstelnd huschte ich ins Schlafzimmer mit der Absicht einzuheizen, in meinen wärmsten Schlafanzug zu schlüpfen und mich mit Reginald unter die Wolldecke zu kuscheln.
    Ich erwog gerade, ob ich mein Tête-à-Tête mit Tante Dimity nicht vielleicht besser auf den nächsten Vormittag verschieben sollte, als mir in schneller Abfolge mehrere Dinge auffielen.
    Der golden gerahmte Spiegel, der den Notausgang verbarg, stand weit offen. Reginald hockte genau mir gegenüber auf der Schwelle. Neben ihm lag, wie versehentlich fallen gelassen, ein bunter Spielzeugritter.
    Für einen Moment verlor ich jede Orientierung. Hatte Andrew den Zwillingen ein Abenteuer gönnen wollen, indem er sie über die geheime Treppe in meine Suite brachte? Aber wenn ja, warum hatte er dann bei der Rückkehr ins Kinderzimmer den Spiegel nicht wieder geschlossen? Und warum war die Alarmsirene nicht losgegangen? Ich trat näher, um nachzusehen.
    Hinter dem Spiegel ging es zu einer Wendeltreppe. In Metallschalen an den Mauern angebrachte Glühbirnen sorgten für schwache, aber ausreichende Beleuchtung. Spinnweben verhüllten die niedrige Decke und hingen in Fetzen von dem eisernen Geländer herunter, die Stufen waren von einer dünnen grauen Staubschicht bedeckt.
    Die Luft roch abgestanden, aber jemand hatte die Treppe vor kurzem benutzt, und zwar in beide Richtungen, wie mir Fußabdrücke im Staub verrieten. Ich wollte schon den nach oben zum Kinderzimmer führenden Spuren folgen, als ich einen erstickten Schrei hörte und mein Herz für einen Schlag aussetzte.
    » Mummy !«
    Das war Wills Stimme. Sie kam von irgendwo weiter unten. Und sie klang angsterfüllt.
    Ich hatte keine Zeit nachzudenken oder Hilfe zu holen. Eine Flut Adrenalin raste durch meine erstarrten Glieder, und ich flog die Wendeltreppe

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