Tante Dimity und die unheilvolle Insel
Uns ist bewusst, dass bestimmte Aspekte unserer Bemühungen nicht ganz legal sind. Wollen Sie uns deswegen anzeigen? Wenn Sie das vorhaben, werden Sie jeden Erwachsenen hier auf Erinskil vor Gericht stellen müssen.«
»Einschließlich mir.« Percy war so lange still gewesen, dass seine kräftige Stimme mich hochfahren ließ. Dabei waren seine Worte ausschließ lich an Damian und mich gerichtet. »Weißt du noch, wie du mich gefragt hast, wofür ein Laird alles verantwortlich ist, Lori? Na ja, einen Punkt habe ich dir damals nicht genannt. Ein Laird hat die Pflicht, seine Leute zu schützen. Die moderne Welt hält Bedrohungen bereit, die auf ihre Weise genauso entsetzlich sind wie die durch die marodierenden Nordmänner. Ich weiß nicht, was du jetzt unternehmen willst, aber ich habe die Absicht, meine Insel vor Plünderern jeder Art zu schützen – einschließlich und insbesondere vor den Barbaren vom Finanzamt.«
»Wie ich das sehe«, sagte ich und blickte in die fragenden Gesichter rings um mich, »haben Sie Ihrem Land mehr Gutes getan, als Sie ihm weggenommen haben. Sie leisten das, was eine Regierung eigentlich tun sollte, aber nie zustande bringt – Sie halten Menschen bei Gesundheit, kümmern sich um ihre Schulbildung und sichern Arbeitsplätze. Da kann ich nur sagen: Weiter so!«
»Auch ich werde niemandem etwas verraten«, versprach Damian. »Wie Sir Percy mir vorhin erst zu verstehen gab: Ihre Angelegenheiten sind für meinen Auftrag ohne Belang. Ich bitte um Entschuldigung dafür, dass ich Sie belästigt habe.« Er wandte sich an Percy. »Eines würde ich aber trotzdem noch gern wissen.«
Percy zog erstaunt eine Augenbraue hoch.
»Nur eines? «
Damian nahm die Spitze mit einem knappen Nicken zur Kenntnis, ließ sich aber nicht beirren.
»Wie haben Sie von dem Schatz erfahren, Sir?
Mit dem letzten Laird wollten die Dorfältesten auf keinen Fall teilen. Warum wurden Sie dann eingeweiht?«
Ein schalkhaftes Funkeln brachte Percys blaue Augen zum Leuchten. »Oh, das wurde ich nicht.
Aber Mr Shuttleworth haben sie es anvertraut.
Mr Shuttleworth war ein angenehmer, liebenswerter Kerl, der vor vier Jahren zwei Wochen auf Erinskil verbrachte. Er war ein passionierter Wanderer und ein großer Liebhaber von Dreizehenmöwen und Papageitauchern. Er war auch ein wunderbarer Zuhörer.«
»Warum sprichst du von ihm in der Vergangenheit?«, fragte ich. »Ist er verstorben?«
»Du siehst ihn vor dir, meine Liebe.« Percy erhob sich und machte eine tiefe Verbeugung.
»Ich ziehe größere Erwerbungen erst dann ernsthaft in Betracht, wenn ich genau weiß, was ich mir zulege. Als ich Erinskil zum ersten Mal sah, wusste ich auf Anhieb, dass es zu schön war, um wahr zu sein. Folglich bin ich als Mr Shuttleworth zurückgekehrt, damit der für mich das Terrain sondierte. Mr Shuttleworth könnte unseren jungen Berühmtheiten definitiv die eine oder andere Lektion in der Kunst der Verkleidung erteilen.«
»Mich laust der Affe«, murmelte Damian.
»Ich bin wirklich nicht so dämlich, wie ich aussehe«, erklärte Percy in gespieltem Ernst. »Mr Shuttleworth war in jeder Hinsicht so liebenswert wie Peter – und hundertmal so abgeklärt wie Cassie. Es dauerte weniger als zehn Tage, dann hatte er eins und eins zusammengezählt.
Wie du mir schon so oft bewiesen hast, Lori, gibt es in einem Dorf einfach keine Geheimnisse, und was ist Erinskil anderes als ein vom Meer umschlossenes Dorf?«
Ich blickte ihn voll unverhüllter Bewunderung an. »Du bist wirklich erstaunlich, Percy.«
»Nicht ich«, erwiderte er. »Wenn jemand erstaunlich ist, dann die Bewohner von Erinskil.«
»O ja, das sind sie!«, rief ich lachend. »Sie haben es geschafft, Wolle zu Gold zu spinnen.«
21
PERCY LIESS DEN Blick über die Runde schweifen. »Meine Herren, ich glaube, unsere Versammlung hat hiermit ein würdiges Ende gefunden. Mehr gibt es nicht zu sagen.«
Die Dorfältesten murmelten zustimmend. Die Stühle wurden an ihren ursprünglichen Platz zurückgebracht, nur die Gläser blieben stehen, damit Mrs Gammidge sie wegräumen konnte. Zu Damian und mir waren die Dorfältesten zwar äu ßerst freundlich und zuvorkommend, doch konnten sie eine gewisse Scheu und Unruhe nicht ganz ablegen. Und das war durchaus nachvollziehbar.
Wir blieben trotz allem eine unbekannte Größe für sie. Sie hatten keinen Grund, uns zu trauen.
Percy vertrauten sie jedoch vorbehaltlos. Ihm waren sie bereit zu glauben, als er ihnen zum wiederholten Mal
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