Tante Dimity und die unheilvolle Insel
damals damit fertig geworden?«
Ich habe mein Vertrauen in die Polizei gesetzt , Unmengen von Schokolade gegessen und versucht , jede Nacht mindestens acht Stunden zu schlafen , bis der Fall gelöst war . Dir würde ich raten , heute Nacht wenn irgend möglich Ruhe zu finden . Am Morgen wirst Du Dich dann umso besser fühlen .
»Du hast bestimmt recht«, antwortete ich.
»Gute Nacht, Dimity. Gleich nach unserer Ankunft bringe ich dich auf den neuesten Stand.«
Gute Nacht , meine Liebe .
Ich wartete, bis die anmutig mit königsblauer Tinte gefüllten Zeilen verblasst waren, dann riskierte ich erneut einen verstohlenen Blick zum mit Efeu zugewucherten Fenster. Dimity hatte mir wie immer einen klugen Rat erteilt, doch ich glaubte nicht, dass ich ihn diesmal wortgetreu befolgen konnte. Schokolade konnte ich ohne weiteres bewältigen – je mehr, desto besser –, aber ich bezweifelte doch ernsthaft, dass ich in der Lage sein würde, die Augen zu schließen, geschweige denn friedlich zu schlafen, bis der Kö nig des bodenlosen Abgrunds hinter Schloss und Riegel war.
3
EINE MÄCHTIGE ALTE Hecke südlich des Cottage grenzte unser Grundstück von der Farm unseres Nachbarn, Mr Malvern, ab. Die Hecke war eine Welt für sich, voller Kaninchen, Mäuse, interessanter Käfer, zahlloser Vogelnester und gespickt mit höhlenartigen Einbuchtungen, die Rob und Will an heißen Sommertagen für ihr Leben gern erforschten.
An einer Stelle wurde die Hecke von einem Zaunübertritt aus massiven Holzstämmen durchbrochen, der uns Zutritt zu Mr Malverns nördlichem Feld ermöglichte, eine weite, mit struppigem Gras bewachsene Fläche, auf der normalerweise seine kleine Milchviehherde weidete. Am Tag unserer Abreise grasten Daisy, Beulah und wie die Kühe alle hießen allerdings woanders. Dennoch war das Feld nicht leer. Zwei Mitglieder von Antons Sicherheitsteam hatten aus für mich unersichtlichen Gründen unsere Koffer über den Übertritt auf die Weide gehievt und gleich hinter der Hecke im feuchten Gras aufeinandergestapelt. Als ich Bill um eine Erklärung bat, meinte er nur, dass ich die Gründe noch früh genug erfahren würde.
Bill und ich hatten eine schlaflose Nacht hinter uns, in der wir uns immer wieder tapfer versichert hatten, dass alles gut werden würde. Mindestens ein Dutzend Mal hatten wir bei Will und Rob nach dem Rechten gesehen, ehe wir schließ lich in der Morgendämmerung aufstanden, um uns von Annelise zu verabschieden, Frühstück zu machen, die Jungs anzuziehen und mit ihnen zu essen.
Um sieben Uhr brachte Ivan Anton unseren geliebten Kater Stanley, Stanleys Schüsseln, Stanleys Spielsachen und einen Monatsvorrat von Stanleys geliebtem Feinschmeckerfutter nach Anscombe Manor. Um Viertel vor neun eskortierten Ivans Assistenten Bill, die Zwillinge und mich in den hinteren Garten. Die zwei Männer waren schon über den Übertritt gesprungen, als die Jungs und ich auf einmal wie angewurzelt stehen blieben. Was uns so in Staunen versetzte, war ein Hubschrauber, der jetzt dröhnend herangeschwebt kam und zur Landung auf Mr Malverns nördlichem Feld ansetzte. Ich warf Bill einen fragenden Blick zu.
»Euer Streitwagen wartet!« Er musste fast schreien, um den Lärm der Rotoren zu übertö nen.
Während Bill und ich mit unseren Söhnen auf die andere Seite des Zauns stiegen, musterte ich die Maschine, die uns in Sicherheit fliegen sollte.
Auf mein ungeübtes Auge wirkte sie wie der letzte Schrei. Groß, schwarz, windschnittig und glänzend, erinnerte sie mich eher an einen Haifisch als an ein Fluggerät. Wie ich das sah, konnte sich nur ein Multimillionär ein derart edles Spielzeug leisten, und bei diesem Gedanken begann es mir langsam zu dämmern.
»Percy!«, rief ich, gerade als Bill, der das Schlusslicht bildete, den Fuß auf Mr Malverns Wiese aufsetzte. »Du schickst uns zu Percy Pelham!«
Die Worte hatten kaum meinen Mund verlassen, da kletterte Sir Perceval Pelham auch schon aus dem Helikopter und bestätigte meine Vermutung. Percy und Bills Vater waren alte Freunde, und Bill kannte Percy bereits sein Leben lang. Er war ein wahrer Hüne von Mann, groß und breitschultrig, stämmig, ohne fett zu sein, und obwohl er schon Ende fünfzig war, ließ ihn seine überschäumende Lebensfreude um Jahre jünger wirken. Dazu passten auch seine dröhnende Stimme und sein federnder Gang. Seine Begeisterung für die Spielsachen großer Jungs verhalf ihm zu extremer Beliebtheit bei den Zwillingen.
In vieler Hinsicht war
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