Tante Dimity und die unheilvolle Insel
Erinskil besuchen wollten, sollten sie sich dieses Privileg erst mal verdienen.«
»Falls der Plan scheiterte«, erläuterte George Muggoch die Argumente der damaligen Dorfältesten, »würde aus Erinskil eines von vielen Naturschutzgebieten werden, eines mit ein paar malerischen Ruinen, damit die Touristen ihr Pflichtfoto schießen konnten. Wenn der Plan hingegen gelang, würde Erinskil seine Wiedergeburt als dynamische Gemeinschaft voller Hoffnung für die Zukunft erleben.«
»Die Leute stimmten für den Erfolg«, schloss Pastor Ferguson.
»Es gab keinen Widerspruch?«, fragte Damian.
»Wie denn?«, antwortete ich anstelle der Einheimischen. » Ich würde mich sofort für ein Leben hier entscheiden.«
George Muggoch nahm Damians Frage ernst.
»In einer kleinen, homogenen Gemeinschaft lassen sich Übereinkünfte schneller erzielen. Die meisten von uns können ihre Wurzeln über Jahrhunderte zurückverfolgen. Wir waren seit jeher aufeinander angewiesen. Da war es nur natürlich, dass wir auch so weitermachen wollten.«
»Wir wollten einfach ein Wörtchen mitreden, wenn es um unser Schicksal ging«, ergänzte Alasdair Murdoch. »Wenn meine Kinder sich für ein Leben auf Erinskil entscheiden, schön. Wenn sie wegwollen, ist mir das auch recht. Aber ich will, dass es ihre freie Entscheidung ist. Ich will nicht, dass irgendein Bürokrat in Edinburgh oder London sie für sie trifft.«
»Die Lösung war zu gut, um sie zu verpassen«, sagte Mick entschieden. »Unsere Väter sahen eine Chance für ihre Unabhängigkeit und haben sie ergriffen.«
»Sie haben eine archäologische Stätte von enormem historischem Wert geplündert«, erklärte Damian mit einer Offenheit, die in meinen Augen an Tollkühnheit grenzte. »Sie haben das Erbe ihres Landes verhökert.«
»Unseres Landes? Unser Land hat uns von unserer Insel vertrieben«, erwiderte Cal voller Bitterkeit. »Unser Land hat auf unseren Feldern nichts als Granattrichter und Blindgänger hinterlassen.«
»Und was unser Erbe betrifft …«, Neil MacAllen stieß ein kurzes, freudloses Lachen aus,
»… hat unser Land mehr historische Stätten, als es überhaupt nutzen kann. In ganz Schottland finden Sie Museen, prall gefüllt mit unserem Erbe. Wir enthalten niemandem etwas vor, das er nicht auch woanders finden kann.«
»Wie wir das sehen«, erklärte Mick Ferguson,
»war der alte Laird zu sehr mit seinen Schulden belastet, um uns zu seinen Lebzeiten zu helfen, aber mit seinem Tod gab er uns die Möglichkeit, uns selbst zu helfen. Ich glaube, er wäre stolz gewesen, wenn er gewusst hätte, was wir mit seinem Geschenk angefangen haben.«
Mir fiel wieder die Inschrift auf dem Gedenkstein des Laird ein. »› Das Herz , das guttätig und mild ‹«, zitierte ich, »›das ähnelt Gott am meisten ‹.«
»Aye«, sagten die Männer wie aus einem Mund.
Sie hoben die Gläser wie zu einem stummen Toast auf ihren nichtsahnenden Wohltäter, doch ihr Wunsch nach stillem Gedenken wurde nicht erfüllt. Ein paar Gläser waren noch auf dem Weg nach oben, als ein ohrenbetäubender Donnerschlag die Flaschen in der Getränkevitrine klirren ließ und ein sintflutartiger Regen auf die Fenster einzuhämmern begann. Gleich darauf gingen die Lichter aus.
»Ah«, seufzte Percy. »Mein Sturm geht los.«
Er stemmte sich aus seinem Sessel und eilte mit einer Zündholzschachtel bewaffnet von einem Kerzenständer zum nächsten, um auf bewährte Weise Abhilfe zu schaffen. »Jetzt wird’s leider etwas ungemütlich. Meine Herren, Sie können selbstverständlich die Nacht – oder das, was davon übrig ist – auf der Burg verbringen oder ein Auto aus meinem Fuhrpark nehmen, wenn Sie sich nach Hause durchschlagen wollen.«
»Mir wäre es lieber, wenn keiner sofort aufbrechen würde«, wandte Damian ein. »Da sind noch ein paar Details, die ich gerne klären würde.«
»Immer noch voller Argwohn, was?« Percy warf die verbrauchten Streichhölzer ins Feuer und kehrte zu seinem Stuhl zurück. Als der nächste Donnerschlag an den Fenstern rüttelte, breitete sich ein heiteres Lächeln über sein Gesicht. »Sprechen Sie, Damian. Wir sind ganz Ohr.«
Damian blickte Pastor Ferguson an. »Warum befindet sich in der Höhle so viel Bargeld? Warum haben Sie es nicht durch die Buchhaltung Ihrer Tweedfabrik geschleust?«
»Wir hatten es für eine besondere Erwerbung gespart«, erwiderte der Geistliche. »Wir wollten nämlich Erinskil kaufen und waren dann entsetzlich enttäuscht, als uns Sir Percy
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