Tante Dimity und die unheilvolle Insel
war.«
»Er hätte all die Kostbarkeiten doch nur verkauft, um seine Schulden zu bezahlen«, knurrte Cal. »Und unsere Familien hätten dann die Insel für immer verlassen müssen. Das konnte mein Vater nicht zulassen.«
»Aber genauso wenig konnte er den Schatz an der Fundstelle lassen«, sagte Neil MacAllen.
»Schließlich stand das Begräbnis des alten Laird an, und er konnte auf Chapel ja nicht noch ein Loch schaufeln, weil dann jeder gefragt hätte, was in dem alten lag. So schaffte er den Schatz in die Mönchshöhle und behielt sein Geheimnis für sich, bis man den zehnten Earl zur Ruhe gebettet hatte.«
»Mittlerweile«, fuhr Alasdair Murdoch fort,
»machte die Nachricht die Runde, dass die Insel für die Dauer des bevorstehenden Krieges evakuiert werden sollte. Als Cals Vater ein Sondertreffen des Ältestenrats einberief, um ihn über seine Entdeckung zu informieren, gab es sehr viel zu erwägen.«
George Muggoch nickte. »Die Ratsmitglieder beschlossen einstimmig, dass der Schatz zum Nutzen der Inselbewohner und nicht des Laird verwendet werden sollte. Aber sie wollten nichts überstürzen. Darum sollte der Schatz in der Höhle hinter einem künstlichen Steinschlag verborgen bleiben, bis der Krieg vorbei war und die Bewohner vom Festland zurückkehrten.«
»Das Exil wollten sie dazu nutzen, sich möglichst kundig im Handel mit Antiquitäten zu machen«, erklärte Pastor Ferguson. »Sie wollten einen vertrauenswürdigen Händler ausfindig machen, der bereit war, Einzelstücke über einen längeren Zeitraum hinweg an über die ganze Welt verstreute private Sammler zu verkaufen.
Sie hofften, auf diese Weise unerwünschte Aufmerksamkeit zu vermeiden.«
»Ihr Plan war, den Schatz Stück für Stück zu verkaufen«, sagte Cal Maconinch, »und von den Profiten Erinskil neu aufzubauen.«
Das Prinzip leuchtete mir bereits ein, bevor es mir erklärt wurde: Weil schon jetzt gewaltige Gewinne abzusehen waren, musste man Wege finden, mit denen sich der plötzliche Wohlstand der Insel erklären ließe. Also wollten sie das Exil auf dem Festland nutzen, um alle möglichen Industriezweige zu studieren und am Ende einen davon auszuwählen, den man auch auf Erinskil mit Erfolg ansiedeln konnte. Es dauerte nicht lange, bis sie zu dem Schluss kamen, dass eine Tweedfabrik sowohl zur Struktur der Insel als auch zu den Interessen und Fähigkeiten der überwältigenden Mehrheit ihrer Bewohner passen würde. Eine … kreative Buchführung würde es ihnen dann erlauben, die Profite aus dem Verkauf der Antiquitäten als Gewinne aus der Fabrik zu verschleiern.
»Als die Dorfältesten alles untereinander besprochen hatten«, fuhr George Muggoch fort,
»beriefen sie die gesamte erwachsene Bevölkerung von Erinskil zu einer Versammlung ein. Bei dieser Zusammenkunft fragten sie die Anwesenden, ob sie auf Erinskil bleiben würden, wenn die Insel ihnen eine gute Schule, einen niedergelassenen Arzt, eine zuverlässige Versorgung mit Trinkwasser und feste Arbeit bieten könnte. Ob sie sich für die Insel entscheiden würden, wenn sie die Chance bekämen, ihre Häuser neu aufzubauen und instand zu halten. Ob sie immer noch die Emigration vorziehen würden, wenn auch auf Erinskil ein zivilisiertes Leben möglich wä re.«
»Die Leute haben alle gelacht«, schmunzelte Pastor Ferguson. »Ich war damals noch ein kleiner Junge, aber das bittere Lachen habe ich noch heute in den Ohren. Keiner hielt es für möglich, dass sich die Probleme von Erinskil lösen ließen.
Und es dauerte eine ganze Weile, bis die Dorfältesten sie davon überzeugt hatten, dass das ihr voller Ernst war. Aber als sie es dann schließlich geschafft hatten, flogen alle Hände in die Höhe –
wenn das Leben auf Erinskil weniger mühselig war, wollte keiner weggehen.«
Alasdair Murdoch griff den Faden auf. »Daraufhin wurden die Dorfältesten konkreter und stellten ihren Aktionsplan vor. Sie erklärten den Leuten, dass nichts daraus würde, wenn sich nicht jeder, der auf der Insel wohnte, daran beteiligte. Jede Familie musste bereit sein, nur kleine, unscheinbare Änderungen an ihrer Lebensweise vorzunehmen, und auch die nur Schritt für Schritt, da der Plan bei plötzlichen oder extravaganten Lösungen schnell scheitern konnte. Die laufenden Verbesserungen, argumentierten sie, sollten dem Wohl der Bevölkerung dienen und nicht dem irgendwelcher Durchreisender. An der Schaffung einer Touristenattraktion waren die Dorfältesten nicht interessiert. Wenn Fremde
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