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Tante Julia und der Kunstschreiber

Tante Julia und der Kunstschreiber

Titel: Tante Julia und der Kunstschreiber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Beichte am Nachmittag und den Kindergarten am Vormittag anging, erschien kein Mensch, nicht einmal aus bloßer Neugier. Was war hier los? Der Kurpfuscher des Viertels, Jaime Concha, ein stämmiger Exwachtmeister der Guardia Civil, der seine Uniform an den Nagel gehängt hatte, nachdem seine Institution ihm befohlen hatte, einen armen Gelben zu erschießen, der aus irgendeinem Hafen des Orients als blinder Passagier nach Callao gekommen war, und der sich seitdem mit einem gewissen Erfolg der Quacksalberei widmete, hatte tatsächlich das Herz von Mendocita in der Hand. Mit einer gewissen Eifersucht hatte er die Ankunft des möglichen Rivalen erwartet und den Boykott in der Gemeinde organisiert. Durch eine Verräterin (die ehemalige Hexe von Mendocita, Dona Mayte Unzâtegui, eine Baskin von indigoblauem Blut, die heruntergekommen und von Jaime Concha als Königin und Herrin des Viertels entthront worden war) erfuhr Pater Seferino Huanca Leyva – Freuden, die den Blick feucht machen und die Brust entflammen – davon, daß nun endlich der geeignete Moment gekommen sei, seine Theorie von der bewaffneten Predigt anzuwenden. Wie ein Zirkusausrufer ging er durch die dreckigen Gassen und rief mit kehliger Stimme, daß er und der Wunderdoktor am nächsten Sonntag um 11 Uhr vormittags auf dem Fußballfeld mit den Fäusten austragen wollten, wer von beiden der männlichere sei. Als der muskulöse Jaime Concha sich vor der Adobehütte einfand, um Pater Seferino zu fragen, ob er das als eine Herausforderung zur Prügelei verstehen solle, beschränkte sich der Mann aus Chirimoyo darauf, seinerseits kühl zu fragen, ob sie mit bloßen Händen oder lieber mit Messern kämpfen wollten. Der Exwachtmeister krümmte sich vor Lachen und ging und erklärte den Leuten, daß er, als er noch Polizist war, die wilden Hunde, die man auf der Straße fing, mit einem einzigen Schlag auf den Schädel getötet habe. Die Prügelei zwischen dem Priester und dem Kurpfuscher weckte außerordentliche Erwartungen, und nicht nur ganz Mendocita, auch Victoria, Porvenir und Cerro San Cosme und Agustin kamen, um ihr beizuwohnen. Pater Seferino erschien in Hose und Unterhemd und bekreuzigte sich vor der Schlacht. Diese war kurz, aber aufsehenerregend. Der Mann aus Chirimoyo war dem Expolizisten zwar physisch unterlegen, jedoch an List haushoch überlegen. Gleich zu Anfang warf er ihm etwas Ajf-Pulver in die Augen, das er bei sich hatte (nachher erklärte er der Menge: »bei kreolischen Prügeleien ist alles erlaubt«), und als der Riese – Goliath, der durch den intelligenten Schleuderwurf Davids besiegt wird – blind stolperte, schwächte er ihn mit einem Hagel von Fußtritten in die Schamteile, bis er sich krümmte. Ohne ihm eine Pause zu lassen, begann er mit rechten und linken Haken den frontalen Angriff auf sein Gesicht und änderte den Stil erst, als er ihn zu Boden geworfen hatte. Dort beendete er das Massaker, indem er ihm in die Rippen und in den Magen trat. Jaime Concha brüllte vor Schmerz und Scham und bekannte sich geschlagen. Unter Applaus fiel Pater Seferino Huanca Leyva auf die Knie und betete ergeben, das Gesicht gen Himmel gerichtet und die Hände gefaltet. Die Episode – die ihren Weg bis in die Zeitungen machte und den Erzbischof unangenehm berührte – gewann Pater Seferino die Sympathie seiner potentiellen Gemeindemitglieder. Seitdem waren die morgendlichen Messen etwas besser besucht, und einige sündige Seelen, vor allem weibliche, baten um Abnahme der Beichte, obwohl diese seltenen Fälle natürlich nicht einmal den zehnten Teil des großzügigen Stundenplans deckten, den – die Sünden kapazität von Mendocita über den Daumen peilend – der optimistische Pfarrer aufgestellt hatte. Ein anderes im Viertel wohl aufgenommenes Ereignis, das ihm neue Klienten einbrachte, war sein Verhalten gegenüber Jaime Concha nach dessen demütigender Niederlage. Er selbst half den Nachbarinnen, ihm Jod und Arnika aufzulegen, und ließ ihn wissen, er werde ihn nicht aus Mendocita verjagen und sei, im Gegenteil, bereit – Großzügigkeit der Napoleone, die den General, dem sie gerade das Heer abgenommen haben, zum Champagner einladen und mit der eigenen Tochter verheiraten –, ihn als Sakristan in den Kirchendienst aufzunehmen. Der Kurpfuscher durfte weiterhin Tränke für Freundschaft und Feindschaft, gegen den bösen Blick und für die Liebe vertreiben, aber zu gemäßigten Preisen, die der Priester selbst festlegte, und es war ihm lediglich

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