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Tante Julia und der Kunstschreiber

Tante Julia und der Kunstschreiber

Titel: Tante Julia und der Kunstschreiber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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in denen die Berufung der Aktion vorangeht, entdeckte Seferino Huanca Leyva, daß er zum Priester geboren sei, als er bereits Seminarist war. Er wurde ein frommer und eifriger Student, den seine Lehrer verwöhnten und auf den die schwarze Teresita und seine Gönnerin stolz waren. Aber von Jugend an, zur gleichen Zeit, da seine Zeugnisse in Latein, Theologie und Patristik zu schwindelerregenden Höhen stiegen und seine Religiosität sich in den Messen, die er hörte, den Gebeten, die er aufsagte, und in den selbst verordneten Geißelungen als untadelig erwies, begannen sich Symptome zu zeigen, die später in den großen Debatten um seine Verwegenheiten, von seinen Verteidigern als religiöse Ungeduld und von seinen Verleumdern als verbrecherisches und mörderisches Erbe von Chirimoyo bezeichnet wurden. Bevor er zum Priester geweiht wurde, propagierte er unter den Seminaristen zum Beispiel die These, daß es notwendig sei, die Kreuzzüge wieder zu beleben, wieder gegen den Satan zu kämpfen, und zwar nicht nur mit den weibischen Waffen des Gebets und der Buße, sondern mit den männlichen (wirksameren, versicherte er) der Faust, des Stoßens mit dem Kopf, und, wenn die Umstände es erforderten, auch mit dem Messer und der Kugel.
    Beunruhigt beeilten sich seine Vorgesetzten, diese Extravaganzen zu bekämpfen, die jedoch wärmstens von Dona Mayte Unzâtegui unterstützt wurden. Und da die menschenfreundliche Großgrundbesitzerin ein Drittel der Unterhaltskosten der Seminaristen bestritt, mußten diese Etatüberlegungen, die aus der Not eine Tugend machen, dazu führen, daß man Augen und Ohren vor den Theorien von Seferino Huanca Leyva verschloß. Aber es waren nicht nur Theorien, die Praxis bekräftigte sie. Es gab keinen freien Tag, an dem der Junge aus Chirimoyo am Abend nicht mit irgendeinem Beispiel dessen zurückkam, was er die bewaffnete Predigt nannte. Eines Tages hatte er eingegriffen, als er in den belebten Straßen seines Viertels sah, wie ein betrunkener Ehemann seine Frau verprügelte, und hatte dem gewalttätigen Kerl die Schienbeine mit Fußtritten zerschmettert und ihm einen Vortrag über das Betragen eines guten, christlichen Gatten gehalten. Ein anderes Mal hatte er im Autobus von Cinco Esquinas einen jungen Taschendieb überrascht, der eine alte Frau zu bestehlen versuchte, und hatte ihn mit Kopfstößen niedergeschlagen (und ihn danach selbst zur Unfallstation gebracht, damit ihm das Gesicht genäht würde). Schließlich hatte er eines Tages im hohen Gras des Waldes von Matamula ein Paar überrascht, das sich animalisch ergötzte, und hatte beide blutig geschlagen und sie unter Androhung neuer Schläge auf Knien schwören lassen, daß sie sich so bald wie möglich trauen lassen würden. Aber das Meisterstück (um es in irgendeiner Weise zu benennen) von Seferino Huanca Leyva, was sein Axiom »Reinheit lernt man, wie das Alphabet, dank blutiger Hiebe« anging, war der Faustschlag, der ausgerechnet seinen Tutor und Lehrer in thomistischer Philosophie in der Kapelle des Seminars niederstreckte, den sanften Pater Alberto de Quinteros, der in einer Geste der Brüderlichkeit oder einem Anflug von Solidarität versucht hatte, ihn auf den Mund zu küssen. Ein einfacher Mann, keineswegs nachtragend (er war sehr spät Priester geworden, nachdem er Glück und Ruhm als Psychologe mit einem berühmten Fall erworben hatte, nämlich mit der Heilung eines jungen Arztes, der seine eigene Tochter in einem Vorort von Pisco überfahren und getötet hatte), widersetzte sich Hochwürden Pater Quinteros, als er aus dem Krankenhaus zurückkam, wo man ihm die Wunde am Mund genäht und die drei ausgebrochenen Zähne ersetzt hatte, dem Beschluß, Seferino Huanca Leyva aus dem Seminar auszuschließen, und er selbst – Großzügigkeit der großen Geister, die von soviel Die-andere-Wange-Hinhalten posthum auf die Altäre gehoben werden – stand Pate bei der Messe, in der das Kind der Schändung zum Priester geweiht wurde.
    Aber nicht nur seine Überzeugung, daß die Kirche das Böse mit Fäusten bekämpfen solle, beunruhigte seine Vorgesetzten, als Seferino Huanca Leyva Seminarist war, sondern vielmehr sein (uneigennütziger?) Glaube, daß in dem weiten Repertoire der Todsünden auf gar keinen Fall die Eigenberührung stehen dürfe. Trotz der Ermahnungen seiner Meister, die – biblische Zitate und zahlreiche päpstliche Bullen, die Onan mit dem Bann belegen – versuchten, ihn aus seinem Irrtum zu befreien, reizte der Sohn der

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