Tante Lisbeth (German Edition)
Eifersucht erinnerte Stanislaus an den Marquis Montes.
»Was macht eigentlich dein Brasilianer?«
»Den wäre ich gern los! Du könntest ihn ins Jenseits befördern!«
»Wäre das die einzige Art, daß du ihn nicht mehr zu sehen bekämst?«
»Höre mich an, Liebster!« versetzte Valerie. »Ich will keine Geheimnisse vor dir haben. Ich habe ihm einmal die Ehe versprochen ...« Stanislaus machte eine entsetzte Bewegung. »Beruhige dich, das war lange, ehe ich dich kennenlernte! Dieses Versprechen benutzt er jetzt, mich zu quälen und zu beunruhigen. Und das zwingt mich, ihm meine Verheiratung zu verheimlichen. Wenn er wüßte, daß ich Crevel heirate, wäre er imstande, mich zu – morden!«
»Unsinn!« meinte Steinbock mit einer verächtlichen Handbewegung, die ausdrücken sollte, daß einer von einem Polen geliebten Frau keinerlei Gefahr drohen könne. Man muß allerdings zugeben, daß Slawen in puncto Tapferkeit keine Prahler sind; mutig sind sie wirklich.
Valerie fuhr fort:
»Dieser einfältige Crevel will am Hochzeitstage ein pompöses Fest geben. Damit setzt er mich derartig in Verlegenheit, daß ich mir gar nicht zu helfen weiß!«
Unmöglich konnte sie dem Geliebten gestehen, daß Montes nach der Verabschiedung Hektors das Vorrecht geerbt hatte, sie zu jeder Tages- und Nachtstunde besuchen zu dürfen. Bei aller Geschicklichkeit hatte es ihr nicht gelingen wollen, Anlaß zu einem Bruche zu finden mit der Möglichkeit, ihm die alleinige Schuld aufzuhalsen. Sie kannte den barbarischen Charakter des Brasilianers nur allzu gut, um nicht vor ihm zu zittern.
Als sie das Rollen eines ankommenden Wagens vernahm, rückte sie von Steinbock, der sie umfaßt hielt, weit ab. Er nahm eine Zeitung zur Hand und vertiefte sich in sie. Valerie begann eifrig an den Hausschuhen ihres Zukünftigen zu sticken.
»Ja, die bösen Zungen!« flüsterte Tante Lisbeth dem Bürgermeister an der Türschwelle zu, indem sie auf dieses Bild keuscher Freundschaft deutete. »Sieh dir bloß die Frisur Valeries an! Kein Härchen ist in Unordnung! Wenn Viktor die Wahrheit wüßte, hätten wir zwei Turteltauben im Neste überraschen müssen!«
»Habe es auch gar nicht im geringsten ernst genommen«, meinte Crevel selbstbewußt. »Man braucht eine Frau nur wirklich verliebt zu machen, und aus Aspasia wird Lukrezia! Nun sieh dir einmal unser neues Haus ordentlich an!« fuhr er fort. »Das ist Sache!«
Das Haus, auf das Crevel stolz war, bildete – im Gegensatze zu dem von Herouville für Josepha eingerichteten und von echter Kunst durchwehten Heim – das beste Beispiel, welche Art Luxus ein protziger Emporkömmling bevorzugt: gleisnerischen Pomp!
»Krieg!« sagte Crevel, indem er auf Valerie zuging.
Valerie klingelte nach dem Diener.
»Karl! Holen Sie sofort den Notar Berthier! Bringen Sie ihn womöglich gleich mit! – Liebster, wenn du Erfolg gehabt hättest, dann hätte ich mein Glück gern noch ein wenig hinausgeschoben. Dann hätten wir ein glänzendes Fest gegeben! Nunmehr jedoch, wo sich deine ganze Familie unserer Heirat widersetzt, verlangt es die gute Sitte, daß wir in aller Stille heiraten, zumal da ich Witwe bin!«
»Im Gegenteil! Ich will ein Fest geben, um das man mich in den schönsten Tagen zu Zeiten des hochseligen Louis Quatorze beneidet hätte!« Seit einiger Zeit fand Crevel das ehedem so verehrte achtzehnte Jahrhundert kleinlich.
»Was? »Ich will!« sagt mein geliebtes Schäfchen? Bester, laß mir doch meinen Willen! Heute unterzeichnen wir unseren Ehevertrag, und am Mittwoch heiraten wir. Wir gehen in einfachster Kleidung auf das Standesamt und hinterher zu Fuß in die Kirche, wo wir uns eine Messe lesen lassen. Zu Trauzeugen nehmen wir ein paar geistreiche Leute, Stidmann, Steinbock, Vignon oder so, die sich unauffällig auf dem Standesamte einfinden und uns zuliebe auch die Messe mit anhören. Um neun Uhr setzen wir die Trauung an und um zehn Uhr die Messe. Halb zwölf findet hier im Hause ein Frühstück statt, das wir vor Abend nicht aufheben. Dazu laden wir eine kleine Schar Künstler und witzige Leute ein. Tante Lisbeth natürlich auch! Die muß dabei sein!«
Valerie war so lustig und guter Laune, daß sich Crevel befriedigt sagte:
Eine so kindlich-heitere Frau sollte grundverderbt sein! Das ist ja offenbar Blödsinn!
»Was haben denn deine Kinder eigentlich über mich gesagt?« fragte Valerie nach einer Weile, indem sie sich neben Crevel auf das Sofa setzte. »Gewiß lauter Schändlichkeiten!«
»Sie
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