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Tante Lisbeth (German Edition)

Tante Lisbeth (German Edition)

Titel: Tante Lisbeth (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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sei das einzige Beispiel einer grande passion. Hier haben wir das zweite! Aber eigentlich zählt der Herr Marquis nicht mit. Er kommt aus den Tropen.«
    Bei der Berührung durch Josephas Hand sank Montes auf seinen Stuhl zurück. Hilflos sah er dem Bankier ins Gesicht. Dann sagte er:
    »Ich bin der Spielball eurer Pariser Witze!« Ein Flammenblick traf die ganze Tafelrunde. Brasiliens Sonne glühte darin. Fast kindlith fuhr er fort: »Ich bitte, erzählt mir alles, verleumdet nur nicht eine Frau, die – ich liebe!«
    Carabine flüsterte ihm zu:
    »Soll ich Ihnen in einer Stunde in meiner Wohnung den Beweis liefern, daß Sie von Ihrer Geliebten in gemeiner Weise verraten, getäuscht und betrogen werden? Was werden Sie aber dann tun?«
    »Das kann ich Ihnen vor all diesen Schwätzern nicht sagen.«
    »Dann seien Sie wenigstens still! Machen Sie sich vor den geistreichsten Leuten von Paris nicht lächerlich! Wir werden darüber noch sprechen ...«
    Montes war außer sich.
    »Beweise!« stammelte er, »Beweise!«
    »Die sollen Sie zur Genüge haben«, erwiderte Carabine.
    Er hörte ihr ohne rechten Sinn und Verstand zu. Er lächelte und sah dabei unheimlich aus.
    In dem Augenblick trat der Oberkellner zu Carabine. Es wünsche sie jemand von ihren Leuten im Salon nebenan zu sprechen. Sie stand auf und ging hinaus. Frau Nourrisson, verschleiert, wartete ihrer.
    »Soll ich in deine Wohnung gehen? Hat er angebissen?«
    »Ich glaube, der Blitz hat eingeschlagen.«
    Eine Stunde später betraten Montes, Cydalise und Carabine die Wohnung der letzteren. Frau Nourrisson saß in einem Lehnstuhl am Kamin eines kleinen Salons.
    »Sieh da, da ist ja meine liebe Tante!« rief Carabine aus.
    »Ja, mein Kind, ich komme, um mir meine kleine Rente selber zu holen. Mein Herzchen könnte es vergessen, und morgen habe ich ein paar Rechnungen zu bezahlen. Eine Kleiderhändlerin braucht immer Geld. Wen hast du denn da mitgebracht? Der Herr scheint schlechter Laune zu sein.«
    Die schreckliche Frau Nourrisson war nicht wiederzuerkennen. Sie sah wirklich wie eine gutmütige Alte aus. Sie stand auf und begrüßte Carabine zärtlich. Carabine war eine der mehr denn hundert Kokotten, die sie im Laufe der Jahre in die große Welt der Sünde eingeführt hatte. –
    »Ein Othello, der sich nicht irrt: der Herr Marquis Montes von Montejanos!«
    »Oh, ich kenne den Herrn! Ich habe schon viel von Ihnen gehört. Man nennt Sie Kombabus, weil Sie nur eine einzige lieben. Das bedeutet für Paris: keine! – Herr Marquis, sollte es sich zufällig um Ihr Liebchen handeln, um Frau Marneffe, die künftige Frau Crevel? Glauben Sie mir, preisen Sie Ihr Schicksal und beklagen Sie es nicht! Die Schmeichelkatze hat es faustdick hinter den Ohren. Ich kenne ihre Schliche.«
    »Unsinn!« meinte Carabine, der Frau Nourrisson bei der Begrüßung ein Briefchen in die Hand gespielt hatte. »Du kennst die Brasilianer nicht. Das sind Hitzköpfe, die sich am liebsten selber umbringen. Und wenn sie gar eifersüchtig sind, dann schlagen sie alles kurz und klein ... Ich habe den Herrn hierhergebracht, um ihm die Beweise seiner unglücklichen Liebe zu geben. Die Geschichte mit dem kleinen Steinbock ...«
    Montes war von Sinnen. Er hörte zu. als handle es sich nicht um ihn selbst. Carabine legte ihre Samtmantille ab und las folgenden Brief vor:
    »Kerlchen!
    Der Dicke ist heute abend bei Popinot zum Diner und will mich gegen elf Uhr in der Oper abholen. Gegen halb sechs gehe ich aus und rechne darauf, Dich in unserm Paradies zu finden. Laß etwas zu essen hinbringen aus der Maison d'or. Ziehe Dich so an, daß Du mich hinterher in die Oper begleiten kannst. Wir werden vier süße Stunden für uns haben. Bringe mir dieses Kärtchen wieder mit! Nicht, daß ich Dir mißtraute, nein, Leben, Gut und Ehre lasse ich gern für Dich. Aber der Zufall spielt einem manchmal merkwürdige Streiche.
    Deine Valerie.«

 
    »Marquis, das Liebesbriefchen hat Graf Steinbock heute vormittag bekommen. Das hier ist allerdings nicht das Original, nur ein genaues Faksimile.« Montes nahm den Brief und drehte ihn hin und her. Er erkannte Valeries Schrift. Ein gesunder Gedanke kam ihm in den Sinn.
    »Sagen Sie mir, Verehrteste, was haben Sie für ein Interesse, mir weh zu tun? Die Möglichkeit, die Urschrift des Briefes so lange in den Händen zu haben, um es getreu faksimilieren zu lassen, haben Sie zweifellos teuer erkaufen müssen ...« Der Brasilianer sah Carabine scharf an.
    »Dummchen du«, lachte

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