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Tante Lisbeth (German Edition)

Tante Lisbeth (German Edition)

Titel: Tante Lisbeth (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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heiratete! Lange leben wird er kaum noch. Dann hätte aber die Kleine – und sie ist wirklich ein gutes Geschöpf! – wenigstens etwas. So, wie es jetzt ist, geht sie rettungslos zugrunde...«
    »Ich danke Ihnen für Ihren Hinweis auf ein gutes Werk!« sagte die Baronin. »Ich glaube, hier muß vorsichtig gehandelt werden. Wissen Sie sonst noch etwas über den alten Mann?«
    »Er ist ein ganz rechtschaffener Mensch«, erwiderte die Italienerin, »und die Kleine hat es soweit bei ihm ganz gut. Er ist ein gescheiter Mann. Ich glaube, wenn er sie nicht aus den Klauen ihrer Mutter genommen hätte, dann wäre sie von der zu so einer ... gemacht worden. Sie verstehen? Die Kleine kommt öfters zu uns...«
    »Könnten Sie sie mir nicht holen lassen? Ich möchte sie gern einmal sprechen und sehen, ob ihr zu helfen ist.«
    Die Ofensetzersfrau gab ihrer ältesten Tochter ein Zeichen. Diese eilte sogleich fort. Eine Viertelstunde später kam sie zurück, an der Hand ein junges etwa fünfzehnjähriges Mädchen von echt italienischer Schönheit.
    Durch die Ofensetzerstochter auf die große Dame vorbereitet, von der sie schon hatte reden hören, hatte Itala schnell ein hübsches seidenes Kleid und feine Halbstiefelchen angezogen und einen netten Hut mit kirschrotem Band aufgesetzt, der ihr sehr gut zu Gesicht stand.
    Die Baronin blickte die Kleine prüfend an, die in kindlichneugieriger Haltung vor ihr stand.
    »Wie heißt du, liebes Kind?«
    »Itala, gnädige Frau.«
    »Kannst du lesen und schreiben?«
    »Nein, gnädige Frau. Ich brauche es auch gar nicht. Der Meister kann es ja.«
    »Gehst du in die Kirche?«
    »Nein. Mutter wollte es nicht.«
    »Deine Mutter?«
    »Ja. Sie hat mich immer geschlagen. Ich weiß nicht warum. Vater und Mutter zankten sich alle Tage.«
    »So hat man dir auch nie vom lieben Gott erzählt?«
    Die Kleine machte große Augen. Dann sagte sie naiv:
    »Doch! Vater und Mutter sagten manchmal: »Gotts Donnerwetter! Gott verflucht noch mal! Gottstrambach!« Meinen Sie das, gnädige Frau?«
    »Hast du nie Verlangen empfunden, in eine Kirche einzutreten?«
    »Die Notre-Dame, die kenne ich von weitem. Aber hier in unserem Viertel gibt es keine.«
    »Sage mir: wußtest du nicht, daß es Sünde ist, wenn man Vater und Mutter verläßt, um mit einem alten Manne zusammen zu leben?« fragte die Baronin weiter.
    Itala zog ein hochmütiges Gesicht und antwortete nichts.
    »Das Mädchen ist ja ganz verwildert!« bemerkte Adeline zu der Italienerin.
    »Ach, gnädige Frau«, meinte die, »solche gibt es hier in der Gegend viele.«
    »Sie weiß und kennt ja gar nichts!« klagte die Baronin. »Warum gibst du mir denn keine Antwort, Itala?« Sie wollte sie an der Hand fassen, aber die Kleine wich unwillig einen Schritt zurück.
    »Sie sind komisch!« sagte sie. »Meine Eltern hatten Schlechtes mit mir vor. Da hat Herr Wieder meinem Vater alle Schulden bezahlt und meiner Mutter einen Beutel Geld gegeben. Sehr viel Geld! Und dann hat er mich mitgenommen. Vater weinte. Aber es half nichts. Wir mußten scheiden ... Warum ist das Sünde?«
    »Hast du denn den alten Herrn lieb?«
    »Ob ich ihn liebhabe? Ich denke doch, gnädige Frau! Er erzählt mir jeden Abend schöne Geschichten. Und hübsche Kleider hat er mir geschenkt, Wäsche und einen Schal. Ich gehe wie eine Prinzessin angezogen. Holzpantoffeln trage ich auch nicht mehr. Und die Hauptsache, seit acht Wochen habe ich nie mehr Hunger gehabt. Ich bekomme von Herrn Wieder Bonbons und Schokolade. Das schmeckt großartig. Für eine Tüte Pralines tue ich alles, was er will. Darum ist mein liebes Väterchen auch riesig gut mit mir. Er verhätschelt mich. Ich weiß jetzt, wie Mutter mit mir hätte sein müssen! Zu meiner Unterstützung will er eine alte Aufwartung halten. Ich soll nicht mehr kochen und mir die Hände schmutzig machen. Seit vier Wochen beginnt er, viel Geld zu verdienen. Jeden Abend gibt er mir drei Francs für meine Sparbüchse. Nur ausgehen darf ich nicht, ausgenommen hierher. Er ist ein herzlieber Mensch, und so kann er mit mir machen, was er will. Er nennt mich nur noch seine kleine Maus. Meine Mutter nannte mich immer Rabenaas!«
    »Da willst du den Alten wohl zum Manne haben?«
    »Das ist er doch längst!« Sie blickte die Baronin hochmütig an, ohne im geringsten verlegen zu werden. »Er nennt mich auch sein Frauchen. Es ist ein bißchen langweilig, die Frau eines Mannes zu sein. Das heißt, die Bonbons ...«
    »Mein Gott«, sagte die Baronin, »es ist eine

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