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Tanz auf dem Regenbogen

Tanz auf dem Regenbogen

Titel: Tanz auf dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kinky Friedman
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ließ auch dieser Traum das reale Leben fast blaß aussehen, wie das Gesicht einer toten Geliebten, das man in lieber Erinnerung hat oder einen Sternennebel am Himmel, von dem die Wissenschaftler mittlerweile glauben, es handele sich nur um mehrere Schichten stark komprimierten Gases.
    Um einen langen Traum kurz zu machen, mein Freund Bob Neuwirth und ich waren beide noch Kinder, die auf Springstöcken einem Hasen nach Canton, Ohio folgten, um am Neujahrstag 1953 Hank Williams zu sehen. Irgendwo auf der Paradestraße war Hank abgekratzt, gerade als ihm ein freundlicher Zahnarzt erklärte, wie wichtig es sei, seine Zähne immer gut zu pflegen. Anstatt Hank zu sehen, bekamen wir nur Red Foley und seine Band zu hören, die hinter einem Vorhang Peace in the Valley sangen.
    »Wie ist der Name des Vorhangs?« fragte ich Neuwirth.
    »Er heißt der letzte Vorhang«, sagte er.
    »Wie ist der Name des Tales?« frage ich.
    »Es heißt das Tal der Schatten des Todes«, sagte Neuwirth.
    »Was ist mit dem Hasen geschehen?« fragte ich. Offensichtlich war ich ein ausgesprochen wißbegieriges Kind.
    »Er fährt auf der Rückbank eines dicken Cadillac«, sagte Neuwirth. »Das hier ist mein Freund Robert Zimmermann.«
    Zimmermann war ein magerer, unruhiger Typ, der aussah wie ein pubertierender Jesus. Ein Auge lachte und das andere weinte.
    »Folge dem Hasen«, sagte er ziemlich kryptisch, »und du findest deinen Traum.«
    »Aber das ist ein Traum«, sagte ich.
    »Das ist kein Traum«, sagte er. »Aber das ist auch nicht das Leben. Es ist nur ein Song, den Hank Williams nicht mehr geschrieben hat.«
    An diesem Punkt begann der Traum leicht zu degenerieren, kämpfte jedoch immer noch um die Kontrolle meines träge schlummernden, unterbewußten Verstandes, von dem einige behaupten, das sei der einzige Verstand, den ich hätte. Bildfragmente schossen nun hoch wie Bagels in einem erbarmungslos glücklichen, vorstädtischen Toaster eines jüdischen Zahnarztes, dem es niemals gelingen würde, das seinem Toaster inhärente Glücksgefühl zu verspüren. Das ganze Leben hängt an einem so lächerlich zarten Faden, daß ich es leicht ironisch fand, als der gutmütige Bursche mir zu erklären begann, wie wichtig es sei, seine Zähne immer gut zu pflegen. Es bestünde eine Wahrscheinlichkeit von fünf Prozent, daß ich eines Tages vielleicht eine Krone für meinen oberen Pavianarschbackenzahn brauchte, aber daß er mir genauso gut auch immer erhalten bleiben könnte. Dann lächelte er und entblößte zwei riesige scheußlich gelbe Hasenzähne. Er nahm sich das Leben, bevor ich meinen nächsten Termin bei ihm hatte, und ließ mich mit der Entscheidung allein, ob ich eines Tages vielleicht eine Krone für meinen oberen Pavianarschbackenzahn bräuchte. Mittlerweile stieg meine Verwirrung, ob dies alles nur ein Traum sei oder ob es sich um einen Song handelte, den Bob Dylan nie geschrieben hatte. Schließlich wurde mir klar, daß der freundliche jüdische Zahnarzt mit den Hasenzähnen Gott war und die Krone, von der er gesprochen hatte, mir bestimmt war. Ich fühlte mich natürlich geschmeichelt, aber bei genauerer Betrachtung schien ich als Messias eine ganz vernünftige Wahl zu sein. Ich war mager. Ich war Jude. Ich machte ständig Ärger. Und meine Zähne waren gut.
    Dorothy, Alice, Beatrix Potter, Grace Slick und praktisch fast jeder in der Geschichte der Menschheit haben Hasen verfolgt, gejagt, getötet, gegessen, über sie geschrieben oder so ausgiebig wie sie gerammelt, ganz zu schweigen davon, was diese Leute ihren Träumen so alles angetan haben. Mein derzeitiger Traum mühte sich leider immer noch ab, konzentrierte sich derzeit jedoch gerade auf den Ausdruck »Frieden im Tal«, geflüsterte Stimmen, die mir fast unverständlich an einem windigen Strand entgegengetragen wurden. Ich sah mich plötzlich selbst in schmerzhaft intensivem Technicolor, wie ich einen Hasen mit einem Stein tötete, etwas was ich während eines Survivaltrainings 1966 wirklich tun mußte. Ich wußte weder, wo zum Teufel ich war noch warum ich mich dazu gezwungen sah, dieses Verbrechen, das so wider meine Natur war, zu begehen. Jetzt könnte ich niemals mehr Buddhist werden. Was sollte Richard Gere nur denken? Ich heulte. Der Hase wimmerte. Der Wind flüsterte Frieden im Tal, Frieden im Tal, und schließlich hörte ich die Worte deutlicher. »Friedenschor«, heulte der Wind. »Waipi’o Tal«. Dann hörte ich McGoverns legendäres Tape, das leise irgendwo am Strand

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