Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tanz der Aranaea (German Edition)

Tanz der Aranaea (German Edition)

Titel: Tanz der Aranaea (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Lukitsch
Vom Netzwerk:
und nur mit der Aussprache gab es einige Probleme. Obwohl ich die französische Sprache mochte und auch leidlich verstand, so gab es doch einige Schwierigkeiten in der Aussprache und ich bediente mich deshalb in der Regel der deutschen Sprache. Sabi Loulou und Zouzou hatten es sich, seit wir zusammen waren, ebenfalls zu Eigen gemacht, und redeten nur Deutsch mit mir. Es konnte aber durchaus vorkommen, dass ich bei Benutzung einiger nicht im Wörterbuch stehenden Worte einen gewissen Erklärungsbedarf für Zöpfchen ableisten muss.
     
    Nachdem die Eisenbahn den Bahnhof von Setif verließ, und wir die Ortschaften El Eulma, Tadjenanet und Telerghma passierten, fragte mich Zöpfchen ob ich denn noch nie im Leben so eine richtige Angst gehabt hätte und wieso ich mich nicht vor der unendlichen Weite die wir noch zu durchreisen hatten, fürchtete.
    »Wenn ich es mir so richtig überlege, Zöpfchen, dann kann ich mich nur an eine Zeit erinnern, in der ich richtige Angst hatte. Es war die Zeit zwischen 1942 und 1945. Da sauste mir
    oft die Muffe und ich hatte ständige Angst, dass man mir eine Girlande aus meinem Hintern dreht.«
    »Du bist so ordinär! Was ist eine Muffe, Said-Francesco?«
    »Nimm es hin, Zöpfchen. Du bist eine Dame, und in Gegenwart einer Dame übersetzt man so etwas nicht.«
    »Ich bin eine Frau, Said-Francesco. Keine Dame!«
    »Den Frauen übersetzt man "das" auch nicht! Außerdem weiß ich nicht was Muffe auf Französisch heißt.«
    »Ich will es aber wissen, du Böser!«
    »Du bist noch zu jung, Zöpfchen. Vergiss es.«
    »Eben war ich noch eine Dame, dann eine Frau und jetzt bin ich zu jung. Du suchst es dir aus, wie es dir passt. Was bin ich denn jetzt?«
    »Du bist manchmal eine Nervensäge. Also gut. Die Muffe liegt dort, wo der Mensch aufhört, ganz weit hinten und tief unten, und wenn ich es mir so richtig überlege, lernte ich schon viele Menschen kennen, die dort, weit hinten und tief unten, als Individuen erst anfingen zu existieren. Jedenfalls, wenn man so eine nicht zu bremsende Angst bekommt, dann öffnet sich unkontrollierter Weise dieser Muffenmuskel und… «
    »Hör auf Said-Francesco! Ich möchte dich als Edelmann in Erinnerung behalten. Ich weiß jetzt genug, außerdem spricht man nicht so in Gegenwart einer Dame, du Ferkel.«
    »Wer? Ich? Ein Ferkel?«
    »Ja, du!«
    »Ich bin höchstens ein edles Trüffelschwein, aber kein Ferkel. Zudem schrei nicht so, wir sitzen hier immerhin Erster Klasse!«
    »Sind doch gar keine Leute da, Said-Francesco!«
    »Ich bin eine Leute!«
    »Du spinnst Said. Darf ich dich küssen, edles Trüffelschwein?«
    »Ich bitte darum, aber drücke mich bitte nicht so fest gegen das geöffnete Fenster.«
    Die Dunkelheit hatte sich bereits über das Land ausgebreitet, als wir den Bahnhof von Constantine erreichten. Es herrschte ein kaltes Klima und vom Bahnhof aus sahen wir auf das gegenüber liegende Plateau, auf dem die Stadt lag und welche gleich einer Festung von der tief zerklüfteten Schlucht des Rhumel Flusses von unserem Standort getrennt war. Aus Fotoaufnahmen hatte ich schon einmal ersehen können, dass die Stadt Constantine fast vollständig von dieser Schlucht umgeben war, und die der Fluss Rhumel im Laufe der Jahrtausende in den weichen Fels grub. Es gab nur einen natürlichen Zugang zu Constantine, den die Araber mit einem starken Mauerwerk versahen und den die Franzosen zu Beginn ihrer Eroberung von Algerien zerstörten. An diesem "Place de la Breche" befand sich die ehemalige Europäerstadt von Constantine, und dort sollten wir uns mit Madame Michelle La Toustelle, wohnhaft am Boulevard de Fontainebleau No. 19., treffen, und so Gott will auch mit Zouzou Zizanie und Sabi Loulou.  Nur, es war inzwischen Freitag, und bereits am vergangenen Mittwoch sollte ich bei Madame La Toustelle sein und mich mit Zouzou und Sabi Loulou treffen.
    Ein kleines Plakat, das in der Bahnhofshalle angebracht war, wies den Reisenden auf die Annehmlichkeiten welches das Hotel Panoramique bot. Sicherheitskontrollen am Bahnhof mussten wir nicht über uns ergehen lassen und Zöpfchen und ich ließen uns mit einer Taxe in die Stadt zum Hotel Panoramique fahren. Die Fahrt führte zunächst über eine Brücke der Schlucht des Flusses Rhumel und gegen den mondhellen Himmel erkannten wir den gewaltigen Äquadukt, den die alten Römer hier hinterlassen haben. Am Ende der Brücke postierte sich ein gepanzertes Fahrzeug der algerischen Armee und einige Soldaten in russischen

Weitere Kostenlose Bücher