Tanz der Aranaea (German Edition)
den vielen Sommersprossen im Gesicht, die achtjährige Maria Strambal aus Königsberg, die das „r„ so herrlich rollen konnte, und der fünfjährige Roland Weizenhöfer, dem ständig die Rotznase lief. Allesamt Kinder die ihre Eltern in Dresden, oder auf der Flucht nach hierher, verloren hatten. Und ich hatte sie im Schlepptau. Seit meinem unfreiwilligen Absprung mit dem Fallschirm.
Aus Francesco Maria Vancelli alias Johnny Walker, wurde hier in Dresden, Felix Wankel. Zahlreiche Bomben krepierten noch obwohl die Flugzeuge schon längst ihren Angriff beendet hatten. Es waren Bomben die mit Zeitzünder versehen waren, um auch noch die ärmsten Kreaturen zu massakrieren, die sich hoffnungsfroh im Glauben, dass der Angriff vorbei sei, aus den brennenden Kellern quälten. Ein perverses Geschenk der Alliierten an die Zivilbevölkerung, denn Kampftruppen der Deutschen, waren nicht in Dresden zu finden, das ergab unsere Luftaufklärung. Seltsam, ich sprach von „unserer Luftaufklärung„, ich bin Schweizer, mag die Deutschen, und fühlte wie Engländer. Verrückt, wie alles hier rings um mich. Und jetzt war ich auch noch Papi, der nichts anderes mehr wünschte, als diese Kinder die ich im Schlepptau hatte, sicher aus diesem Inferno heraus zu bringen. Wieder hingen Christbäume über Teile der Stadt die noch nicht bombardiert wurden, und in einer zweiten Welle ließen hunderte von Flugzeuge ihre todbringende Last fallen. Der Bombenteppich lag nun nicht mehr so weit von unserem Platz an den Elbwiesen. Ich dachte an die ungezählten Menschen im Hauptbahnhof und wie sie ihre letzten Habseligkeiten an sich krallten als wollten sie nicht ohne sie den Weg ins Jenseits hinüber treten. Vor wenigen Stunden war dieser Bahnhof noch die scheinbar einzige Rettung für viele tausend Menschen in den Wartesälen, Unterführungen und auf den Bahnsteigen. Die Flucht vor der anrückenden Roten Armee. Jetzt war es ein Ort der Massenliquidierung, und des Kollektivsterbens. Der Morgen des vierzehnten Februar 1945 dämmerte bereits, und ein Gewühl von Gestalten mit rauchgeschwärzten Gesichtern, zerrissenen Kleidern und Anzügen hasten aus der noch immer brennenden Stadt. Die Furcht vor einem eventuellen dritten Angriff trieb sie vorwärts. Es war wenige Minuten nach 12 Uhr mittags als dieser Angriff begann. Dicht drängten sich die Kinder an mich und schauten entsetzt zu den vielen hundert Fliegenden Festungen der Amerikaner. Am klaren Himmel über der Stadt waren die zahlreichen Begleitjäger vom Typ Mustang zu sehen. Die Bomber legten ihre Fracht über Dresden Neustadt und die amerikanischen Flieger in ihren Mustangs begannen die fröhliche Hatz auf alle was zwei Beine hatte, und was sich an den Elbwiesen bewegte. Aus allen Rohren ihrer Bordkanonen schossen sie auf uns, und es gab keinen Unterschied zwischen Mann oder Frau mit Kind an der Hand. Ein kollektiver Massenwahn hatte von den Piloten Besitz ergriffen, nur so war dies zu erklären, es war kaum vorstellbar, dass man so etwas befehlen konnte.
Die Panik unter den flüchtenden Menschen steigerte sich bis zur Hysterie. Die Kinder in meiner Obhut weinten und schrieen, stolperten über zerschossene Leiber, rappelten sich wieder auf und ohne Deckung zu nehmen, die es ohnehin nicht gab, rannte ich mit „meinen„ Kindern einfach drauf los. Entweder hatten wir das Glück und entkamen diesem Inferno oder wir hatten es nicht. Es gab keine Alternative. Menschen die sich zunächst unter den liegen gebliebene Lastwagen verkrochen hatten, waren kurz darauf zusammen mit den in Brand geschossenen Benzintanks in Flammen aufgegangen. Schreiend rannte eine Frau mit wehendem Mantel direkt in eine Feuergabe eines Tieffliegers. Die amerikanischen Piloten waren wie von Furien besessen, und machten sich scheinbar einen Spaß, auch einzelne kleine Gruppen von flüchtenden Zivilisten mit ihren Bordkanonen zu jagen. Es war weit und breit kein einziger nur halbwegs kampffähiger deutscher Truppenteil zu sehen. Nur Zivilisten, Frauen und Kinder, Sanitätsfahrzeuge mit schwer verwundeten Soldaten von der Ostfront kommend, die in rückwärts gelegene Krankenhäuser gebracht werden sollten.
An einem kleinen Waldstück stand ein Mannschaftswagen des deutschen Heeres, mit gänzlich zerschossene Scheiben, und ohne viel zu überlegen rannte ich mit meinen Kindern auf dieses Vehicle zu. Eilig zerrte ich fünf tote Soldaten heraus, verfrachtete die Kinder auf die Rückbänke und startete den Motor, der zum Glück
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