Tanz der Aranaea (German Edition)
können schon heute unbefahrbar sein und morgen nicht mehr existent sein. Umwege müssen einkalkuliert werden und wir können keine Garantie abgeben, dass wir den vorab bestimmten Koordinatenpunkt erreichen, schon gar nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt. Gehen wir schlafen, Kinder. Der Sandsturm tobt, das Staubmeer summt und bald ist Weihnacht.«
»Machen wir Cello. Tschöpfchen kann hier auf der Rückbank schlafen. Ich lege mich hinten in den Aufbau, in die Koje. Zouzouschwesterlein, wo schläfst du?«
»Ich lege mich in den Jeep. Morgen tauschen wir aber, Sabi Loulou, versprochen? Kommst du mit mir, Tonton?«
Wir hatten den Jeep, bevor der Sandsturm einsetzte, ganz dicht an den Unimog heran gefahren, um besseren Schutz vor dem Sandsturm zu haben. Mit feuchten Tüchern, die wir uns auf Nase und Mund legten, verließen Zouzou und ich den Unimog. Der wild tosende Sturm warf uns fast von den Beinen. Mit einer Hand hielt ich Zouzou fest, damit uns der Sturm nicht trennte, und es war fast nichts mehr zu sehen. Noch vor Beginn des Wüstensturmes hatten Zouzou und ich die Rückbank des Jeep abmontiert und den kleine Laderaum, sowie den frei gewordenen Raum den wir durch die demontierte Rückbank erhalten hatten, mit Decken und Luftmatratze ausgelegt. Nicht sonderlich bequem, auch nicht durch die nach vorne geklappten Rückenlehne der Fahrer- und Beifahrersitze, aber dennoch akzeptabel. Der Wind rüttelte gewaltig an der Dachverkleidung und die Metallverstrebungen hatten gewaltige Gegendrücke aufzubauen, damit die ganze an sich schon wacklige Konstruktion nicht zusammengedrückt wurde. Die Seitenverkleidungen ließen ordentliche Mengen an Flugsand ins Innere, und immer wieder machten Zouzou und ich die Tücher feucht um sie uns ins Gesicht zu legen. Zu der widerlichen Sandorgie die sich in unserem Wagen abspielte kam eine grausig kalte Wüstennacht hinzu.
»Tonton, es könnte so romantisch sein, wenn die böse Sturm mit die Sand nicht so schlimm wäre, und die Wüste in der Nacht nicht so bitter ist. Mich gefriert es, Tonton.«
»Versuche ein wenig zu schlafen, Zouzou. Ich bin im Eimer.«
»Ich bin überhaupt nicht in die Eimer drin, Tonton. Ich kann nicht schlafen. Mach doch bitte die Taschenlampe an. Hältst du mich ein bisschen warm? Tonton, ich habe Durst. Hast du etwas dabei?«
»Klar doch, Zouzou. Wasser! Weißt du doch.«
»Etwas anderes, Tonton. Hast du etwas anderes?«
»Eine halbe Flasche Wodka liegt noch vorne neben dem Gaspedal. Sabi und ich haben sie nicht mehr leer getrunken.«
»Ich möchte einen Schluck, Tonton, aber mit Wasser verdünnt bitte. Was habt ihr beide euch denn erzählt, beim Wodka?«
»Das sie sich umbringt, wenn ich nicht mit euch zusammen nach dem Kongo fahre.«
»Lügner! Das hat sie niemals gesagt. Sie hat mir gesagt, dass du vor ihr in die Knie gegangen bist und geweint hast.«
»Unsinn, ich hatte Sand in den Augen, warum weinst du jetzt, Zouzou?«
»Ich habe auch die Sand in die Augen, Tonton. Bist du noch in die Eimer drin, Tonton?«
»Nein, Zouzou. Neben deinem aufregenden Fahrgestell treibt es jeden Mann aus den Eimern.«
»Gib mir ein Bisous, Tonton, oder besser, gib mir viele Bisous, überall hin, wo es lustig ist.«
Am frühen Morgen, die Sonne zeigte sich bereits wieder, war von der gewaltigen Staubnebelwand nichts mehr zu sehen. Auch der Sandsturm der sich am Rande des Staubmeeres aufgebaut hatte, ein eigenartiges Schauspiel, war vorüber und eine unvergleichliche Ruhe lag über diesem Teil der Sahara. Mit etwas Fantasie konnte man sich auf einem fernen, fremden und völlig unbekannten Planeten, wähnen. Einem Planeten mit Naturgesetzen, die völlig konträr zu menschlicher Vorstellungskraft standen. Möglich, dass kein Mensch jemals dieses Naturschauspiel gesehen hatte oder künftig erlebt. Es wirkte einfach unglaublich auf menschliche Vorstellungskraft. Die Sahara ist ein eigener Kosmos. Zöpfchen war bereits aufgestanden und hatte einen kräftigen arabischen Tee gekocht. So stark in sich und so stark gezuckert, dass es schien als würden die Magennerven Achterbahn fahren. Jetzt noch eine arabische Zigarette, mit Kamelscheiße verfeinert, dachte ich, und etwaige Russen vom KGB könnten mich mit einem nassen Waschlappen erschlagen.
Es war immer noch erbärmlich kalt und nur langsam begann die Strahlenfinger der Sonne unsere steifen Knochen zu wärmen. Zöpfchen bekam von Sabi Loulou einen frischen Verband angelegt und sie regte sich fürchterlich auf
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