Tanz der Aranaea (German Edition)
eine lange Zeit, und als die Eisenbahn den Bahnhof El Kseur erreicht, etwa fünfundzwanzig Kilometer vor Bougie, verabschiedete sich Mehdi Hamillah mit einem kräftigen Händedruck, der bei meinen Fingern für wenige Augenblicke ein taubes Gefühl hinterließ. Er wünschte mir weiterhin viel Erfolg für meine journalistische Tätigkeit. Der alte Araber verließ uns bereits eine Station vor El Kseur, in Sidi Aich. Die letzten Kilometer bis Bougie reiste ich alleine und fast bedauerte ich, dass mir Hamillah nicht noch mehr von seinem Leben erzählt hatte. Die Senke, welche die Große Kabylei und die Kleine Kabylei trennte, weitete sich und die Ausläufer der Bergmassive nahmen zur Küste in ihrem gewaltigen Ausmaß ab. Das Flusstal des Oued Soummam wurde breiter, und der Schienenstrang der Eisenbahn folgte in großem Bogen dem Flusslauf, und gab einen schönen Anblick zu der Stadt Bougie, oder Bejaia wie es jetzt hieß. Die Eisenbahn fuhr mit langsamer Geschwindigkeit in den Hauptbahnhof ein, um kurz vor dem Ende des Schienenstrangs am Prellbock, mit einem für mein Gehör schmerzhaften lang gezogenem Quietschen endlich zum Stehen kam. Beim Verlassen meines Abteils wurde mir erst richtig bewusst, wie fremd und alleine ich in diesem Land war, obwohl ich bei Asissa und Willi gut aufgenommen wurde und die Menschen hier zwar reserviert, aber dennoch nicht unfreundlich waren. Der Kabyle Hamillah, zeigte sich sehr interessiert für Ausländer wie mich, und auch das Zugpersonal war während unserer Fahrt mir gegenüber stets aufgeschlossen. Möglicherweise war es das plötzliche Alleinsein, ohne Zouzou und Sabi Loulou, mit denen ich nun doch seit einiger Zeit zusammen war, dass dieses Gefühl des Fremd und Alleine sein, aufkommen ließ. Es war auch wegen des Brisanten Auftrages der zu äußerster Vorsicht ermahnte und einen Anschluss an irgendwelche Menschen, wie man sie bei einem üblichen Besuch einer Stadt haben konnte, nicht möglich war. Ich konnte mich nicht so unbedarft harmlos benehmen wie ein Tourist und mit vor Staunen offenen Nasenlöchern die Sehenswürdigkeiten der Stadt mit der Kamera ablichtet. Dennoch sollte ich zu meiner eigenen Sicherheit, und folglich deren von Zouzou und Sabi Loulou, mich möglichst ähnlich eines Touristen verhalten.
Auf dem Bahnhofsvorplatz stand seltsamerweise nur ein Taxi mit laufendem Motor, obwohl die Strecke Algier – Bougie, täglich zu den gleichen Zeiten von der Eisenbahn bedient wurde, und auch genügend Reisende für eine Weiterfahrt mit der Taxe vorhanden waren. Der Chauffeur kam zielstrebig auf mich zu und drängt mir seine Dienstleistung auf. Mein Inneres sensibilisierte sich bis unter die Zehennägel, und trotzdem ließ ich mich von diesem Aufdringling der sich freundlich, aber bestimmt wie ein Schwarzmarkthändler der auf Devisen scharf ist, meiner Reisetasche bediente, und mich
an meinem Arm ziehend zu seinem Fahrzeug führte. Ich ließ es geschehen, und bereute es auch schon wieder, als ich zusammen mit dem Taxifahrer dessen Gefährt erreichte, einen amerikanischen Chevy aus längst vergangenen Jahrzehnten. Dieses Vehikel mit seinem stinkenden und blubbernden Motor, einen Achtzylinder Motor, nebst seiner hoffnungslos verbeulten Karosse und den aufgeschlitzten Sitze, konnte nur von einem amerikanischen GI aus der Zeit stammen, als sich Eisenhower nach seiner Landung in Casablanca anschickte, dem Afrika Corps des alten Rommel den Garaus zu bereiten und besagter GI seine Bordell-Rechnung in Bougie, nur noch mit dieser Orgie aus Blech begleichen konnte. Ich ließ mich in den Fond der Rostlaube fallen, und nahm vorsichtshalber, ohne das er es bemerkte, meinen Schlingendraht aus der Brusttasche meiner Jacke, und legte sie in meine rechte Hand. Das Ochsengenick meines Fahrers würde zwar eine kleine Anstrengung mit dem Würgedraht mehr kosten, aber nach kurzem Abschätzen war ich der Meinung, dass auch diesem Stier auf zwei Beinen das Luftholen verleidet werden konnte. Vorbei war die Zeit, wo mich derartige Instinkte beunruhigten, und mir ein angewidertes “Pfui Deibel“ entlockte, wie Sabi Loulou immer zu sagen pflegt. Ebenso vorbei, diese Übelkeit in mir, die mich immer überfiel, wenn ich an Tim Johnson, den Spinnenpsychopath dachte, und er mir offerierte, ein “Lautlos Töter“ zu werden, und das ich immer mit “Lautlos Töter“ konfrontiert würde. Ja, das ich sie riechen und ihre Witterung aufnehmen könnte, so wie sie mich wittern könnten. Die
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