Tanz der Aranaea (German Edition)
Trilogie, bestehend aus Bewegung, dem richtigen Atmen vor dem Wurf, sowie den Einsatz der Schlinge, hatte ich für mich perfektioniert. Meine Skrupel vor der Anwendung dieser Waffe waren verschwunden, ich würde sie einsetzen um das Leben der Bergerac Schwestern, und auch mein Leben zu verteidigen.
Aus meiner Jacke kramte ich meine Zigarettenschachtel hervor, und zündete mir eine Zigarette an. Ich blies den bläulichen Rauch an den bemitleidenswerten Dachhimmel des uralten Chevy. Mein Chauffeur würgte hingegen noch im Getriebe herum, und suchte vergebens nach dem ersten Gang, der sich irgendwo hinter einer Getriebesynchronisierung versteckt hielt. Ich besaß die Zeit, mir meinen Fahrer etwas genauer anzusehen. Obwohl ich erst seit kurzer Zeit in diesem schönen Algerien verweilte, kannte ich bereits den hervorhebenden Unterschied zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Dieser hier war ein Kabyle, und wieder einer mit einem klassischen Widderprofil. Nicht unsympathisch, im Gegenteil! Diese Menschen hier gefielen mir zunehmend. Man sagt den Kabylen eine gewisse Wildheit zu, und im Befreiungskampf gegen die Franzosen, waren sie nicht sehr zimperlich mit ihren Gegner umgegangen, aber Algerien ist auch ihr Land!
Der erste Getriebegang hatte sich mittlerweile dazu herabgelassen, die Lücke im ausgeleierten Antriebsstrang zwischen Motor und Räder zu schließen. Mit unbändigem Stolz drehte sich mein Kabyle zu mir um, und fragte in einem nicht so schön formuliertem französisch, wohin er mich fahren dürfe. Jetzt erst fiel mir zu seinem herrlichen Widderprofil noch sein gewaltiges Riechorgan auf. Dieser Mensch konnte niemals verloren gehen. Nach einer kurzen Erholungspause, die dieser Anblick nötig machte, erwiderte ich, dass er einfach losfahren und mir die Stadt Bougien zeigen solle. Wie ein hundsgewöhnlicher Tourist, nur ohne Kamera.
Mein Kabylen-Aufpasser, denn dafür hielt ich ihn inzwischen, brummelte etwas vor sich hin, fast unwirsch, und ich bekam den Eindruck als würde er mich am liebsten in ein Hotel fahren, seinem Auftraggeber mitteilen wo ich mich befände und sein Teil der Aufgabe wäre erledigt. Dann meinte er noch, bevor bei ihm Funkstille eintrat, dass die Stadt Bougie bitte schön nun Bejaia hieße, und ich mich doch daran halten möge. Diese Worte sagte er nun wieder in seinem etwas unschönen formulierten französisch. Alors, dachte ich, nenne ich es Bejaia, man wollte ja nicht unhöflich sein. Im Vergleich zu den Ortschaften entlang der Schiene von Algier nach Bejaia, welche ich mit der Eisenbahn die letzten Stunden passierte, war Bejaia eine moderne Stadt an der algerischen Mittelmeerküste, mit einem großen Hafen. Ich ließ mich von meinem Fahrer mit dem gewaltigen Riechkolben im Gesicht, kreuz und quer fahren, und vermerkte die markanten Punkte der Stadt auf einem kleinen Notizblock. Straßensperren wie ich sie in Algier gesehen hatte waren hier nicht vorhanden. Auffallend waren die vielen militärischen Fahrzeuge, vornehmlich Geländewagen aus ostdeutscher Produktion, die von käsegesichtigen Soldaten mit russischen Stahlhelmen, wild durch die Straßen von Bejaia gesteuert wurden. Als hätten sie Angst irgendwo in einen Hinterhalt, der ihnen nicht freundlich gesinnten Kabylen, zu geraten.
Nachdem wir an einigen Textilfabriken, die wahrscheinlich eine Art Schlüsselstellung hier einnahmen, fuhren wir am Rathaus, sowie einem in der Nähe liegenden Museum vorbei. Zwei Häuserzeilen hinter dem Museum entdeckte ich ein kleines Restaurant, das mir für ein kurzes Abtauchen geeignet schien. “Chez Marlene“ hieß das kleine Anwesen, das ich nachher, ohne den Riechkolben, aufsuchen werde. So meine Gedanken.
Eine geschlagene Stunde ließ ich mich von meinem kabylischen Chauffeur durch Bejaia fahren. Jeder halbwegs normale Taxifahrer würde im Geiste die klimpernden Münzen zählen, die durch das Taxameter fielen. Meiner nicht, der wurde nur nach jeder Kurve, und nach jedem Stopp an den Kreuzungen, sowie von allen Sehenswürdigkeiten, bei denen ich ihn ebenfalls um Halt bat, nur noch ungeduldiger. Die Fragen, die ich ihm bewusst immer wieder stellte, wurden zunehmend nur mit einem unverständlichen Knurren quittiert. Der Junge hatte das Fondue-Töpfli gestrichen voll von mir. Recht so, dachte ich. Das verminderte seine Aufmerksamkeit, und seine Gedanken kümmerten sich nicht mehr um mich und meinen Auftrag, sondern nur noch darum, wie heute Abend der Eimer mit Ziegenmilch schmecken
Weitere Kostenlose Bücher