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Tanz der Aranaea (German Edition)

Tanz der Aranaea (German Edition)

Titel: Tanz der Aranaea (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Lukitsch
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vernehmen. In seinem Schoß lag eine zerknitterte Zeitung in der sich ein paar gekochte Kartoffeln befanden und die krallenartige gelbe Fingerspitzen versuchten, sie zu pellen. Neben dem Alten hat sich eine Frau in schmierigem Gewand und hochgezogenem Schleier niedergelassen. Ihre schmutzigen Füße an denen bestimmt schon so manche Stücke Seife kapitulierten, steckten in einfachen Sandalen, obwohl durchaus winterliche Temperaturen herrschten. In Gedanken nannte ich die Alte, “Kohlensack “. Sie musste wohl meine Gedanken erahnt haben, denn ihre Augen, mehr war zum Glück nicht zu sehen,
    starrten mich und mein Marabout, welches ich sichtbar um den Hals trug, abwechselnd an. Gegenüber dem Kohlensack,
    neben meiner Linken, ich hatte einen Fensterplatz wie der alte Muselman dessen gelbe Gichtkrallen oft vergeblich versuchten einen noch halbwegs ganzen Zahn im Maul zu finden, um seine gekochten Kartoffeln zu zerquetschen, saß eine unverschleierte Kabylenfrau mit rotem Kopftuch und in geblümten Rock. Ihr starrer Blick und ihr widderähnliches Profil gaben ihr etwas Archaisches.
     
    Nachdem die Eisenbahn den Großraum Algier verlassen hatte, und wir bereits den Ort El Harrach passierten, und nun in Richtung der Großen Kabylei fuhren, sah ich im Hintergrund zu meiner Rechten ein Flugzeug im Landeanflug auf den Flughafen Maison Blanche, von Algier. Zouzou würde von hier aus nach Biskra fliegen. Vorerst die leichtere Route um Constantine zu erreichen. Die Strecke Biskra via Batna zu unserem gemeinsamen Treffpunkt Constantine allerdings hat es in sich, wie Zouzou mir zuvor sagte. Batna, im Aures Gebirge. Von hier aus nahm der Partisanen-Aufstand gegen die Franzosen am Allerheiligentag 1954 seinen Ausgang. Es war das Gebiet der wilden  Schawiya-Berber. Ein Brudervolk der Kabylen.
    Die Eisenbahn erreichte den Bahnhof von Thenia, etwa fünfzig Kilometer von Algier entfernt und setzte nach einer Weile des Aufenthalts seine Fahrt wieder fort. Ich bekam den Eindruck als würde uns das Djurdjura-Gebirgsmassiv der Großen Kabylei erschlagen, so gewaltig erschienen mir seine Ausmaße, und deren Schluchten und unwegsamen Pässe. Hier war die Heimat jenes starken Gebirgsvolks der Kabylen, die noch jeden fremden Eroberer des Maghreb, ob es Türken, Spanier, Araber oder Franzosen waren, das Grausen lehrte. Selbst die alten Römer hatten schon mit den Ahnen der Kabylen, den Numidern, so ihre Probleme.
    Jetzt waren es die Araber in den Küstenregionen denen sie das Leben vergällten; kein Araber verließ gerne den Küstenstreifen und wagte sich in das Gebiet der unterschiedlichen Berberstämme. Welchen Ärger die Kabylen und ihre Front der Sozialistischen Kräfte dem neuen Machthaber in Algier, Ben Bella, seit der Unabhängigkeit von Frankreich bereiteten, erklärten mir bereits Sabi-Loulou und Zouzou in groben Zügen bei unserer Ankunft in Algier.
     
    Ein neuer Reisender in Schafsfelljacke, und in weiten ungebügelten Hosen, die in Stiefel steckten, betrat mein Abteil. Er musste am Bahnhof von Thenia zugestiegen sein. Der Kohlensack und die Kabylische Frau verließen die Eisenbahn bereits an diesem Ort, am Rand der Großen Kabylei. Nur der alte Araber, der seine Kartoffeln inzwischen in die dunklen Kanäle seiner Innereien gedrückt hatte, saß noch in unveränderter Haltung  auf seiner Bank.  Ich sah mir den neuen Fahrgast kurz an mit dem Ergebnis, dass ihn die Kleidung stark von den Arabern unterschied. Sein wild gewachsenes rötliches Haar und die blauen Augen, wirkten durchaus europäisch, jedoch sein zerklüftetes Gesicht mit dem Widderprofil, nicht so stark ausgeprägt als bei der Kabylenfrau, dazu die starke untersetzte Gestalt auf kurzen stämmigen Beinen, sowie der Tatsache, das wir uns hier in der Kabylei befanden, ließ Rückschlüsse zu, das dieses Ungetüm an Mensch zu jenem wilden Gebirgsvolk der Kabylen gehörte. Ich könnte sagen, dieser Mann musste so stark sein wie ein Bär, aber da war noch etwas anderes in seiner Haltung und in seinem Runengesicht, das mehr als nur Stärke eines Bären zulässt. Diese Urgewalt an Mensch schien mit einem Durchsetzungswillen beleckt zu sein, wie sie nur einem wilden Eber im Unterholz zukam.
    Der Kabyle, dafür hielt ich ihn jedenfalls, musterte kurz und verächtlich den alten Araber, der mir allmählich leid tat mit seinen zum Greifen unfähig gewordenen Finger, und seinem mangelhaften Gebiss, dass jede ordentliche Aufnahme von Nahrungen verbat. Der Urmensch fragte mich zu

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