Tanz der Aranaea (German Edition)
Was haben Sie sonst noch bemerkt?«
»Ich habe nur ihre unwahrscheinliche Kraft bemerkt, und eine unheimliche Energie in ihren Augen. In ihren Augen kann man nicht lesen!«
Jetzt musste der Kabyle laut lachen und zeigte dabei eine geschlossen Reihe seines Raubtiergebisses. Die untere Zahnreihe war mit einer leicht bräunlichen Farbe überzogen. Typisch für Teetrinker, die den Tee auf arabische Art tranken. Eine starke Mischung zerriebener Teeblätter, mit sehr viel Zucker, aus einem kleinen Glas getrunken. Ich durfte dieses aromatische Getränk oft in Libyen, zusammen mit befreundeten Arabern trinken, und bekam jedes Mal nach diesem Genuss in der glühenden Hitze, verbunden mit einheimischen Zigaretten, die nach Kamelscheiße rochen, und wahrscheinlich aus diesem Zeug auch gedreht wurden, einen mittleren Kreislaufkollaps.
»Dann sage ich ihnen Herr Vancelli, was ich in ihren Augen gelesen habe. Es sind anständige, gute Augen, und es ist eine Wohltat in ihnen zu verweilen. Der Mensch, der ihnen diesen sehr schönen Marabout geschenkt hat, und den Sie, diesem Menschen zu Ehren, um den Hals gebunden haben, hat dies auch erkannt und muss Sie sehr mögen. Obwohl Sie wahrscheinlich erst kurze Zeit in Algerien verweilen. Sehr kurz für ein Geschenk dieser Art muss ich feststellen. Trotzdem würde ich beruhigt dieses Museum wieder verlassen, wenn da nicht noch eine Kleinigkeit in ihren Augen und somit in ihrem Leben wäre, das mich daran hindert ihnen einen erfolgreichen Aufenthalt als Gast unseres Landes, zu wünschen. Wir werden sehen!«
Mein erster Fehler, der Marabout. Ein Fehler der erklärbar und zu verzeihen war. Man konnte in der Kürze der Zeit, die ich in Algerien bisher verbracht hatte, durchaus einen Menschen kennen und lieben lernen um ein Geschenk dieses Ausmaßes zu tragen. Ansonst konnte ich mich nicht an weitere Fehler erinnern, höchstens an den Verlust meines Notizblockes, aber der wies nur leere Blätter auf. Diese seltsame Unterhaltung und auch das plötzliche Auftauchen des Kabylen, gaben mir von Anfang eine wachsende routinierte Gelassenheit, so das ich in der Lage war, seine zuletzt gesagten Worte zwar interessiert aufzunehmen, doch in mein Innerstes ließ ich diese Worte nicht eindringen. Dieses: „Wir werden sehen !“, blockte meine Gefühlswelt nach innen und außen vollkommen ab. Ich war mir jetzt absolut sicher, dass ich von den Kabylen überwacht wurde. Keine OAS verfolgte mich mit dem Auftrag, „funktioniert Vancelli noch?“ , keine Agenten der hiesigen Regierung Ben Bellas, und keine Soldaten der militärischen Abwehr des Houari Boumedienne. Nur höfliche, undurchsichtige Kabylen, hatte ich am Bein hängen. Sie hatten mich im Museum wieder aufgespürt, und mir einen Psycho-Kabylen an den Hals gesetzt, um auf die weiche Tour zu erfahren, wer ich war und vor allem, was ich wirklich vorhatte. Nach seinem, „Wir werden sehen“, drehte sich Moulud Dhabou grußlos um, und verließ den Raum mit den schönen Gemälden der Kabylei. Ich war mir sicher, dass mich vor dem Museum wieder ein Schatten erwartete. Leise entfernte ich mich ebenfalls aus diesem Raum, und lauschte angestrengt nach irgendwelchen Geräuschen. Dieses Museum musste doch auch eine kleine Werkstatt zum Ausbessern etwaiger Beschädigungen der Exponate besitzen? dachte ich. Durch ein Fenster der Museumsräume konnte ich nicht flüchten, die waren alle ordentlich vergittert. Bei einer etwaig vorhandenen Werkstätte, möglicherweise in den Kellerräumen, gäbe es vielleicht nicht so starke Schutzmaßnahmen, überlegte ich. Ich ging weiter durch verschiedene Räume, suchte einen Treppeabgang zu etwaigen Kellerräumen, fand auch einen, ging hinunter und auf halben Treppenabsatz hörte ich ein leises Hämmern. Vorsichtig versuchte ich dieses Geräusch zu lokalisieren. In einem Raum, der wahrscheinlich einem Lager für Exponate diente, sah ich in einer Ecke eine weitere Treppe mit wenigen Stufen die abwärts zu einem Zwischendeck führte. Das Hämmern wurde stärker und ich öffnete die Tür zu der vermeintlichen Werkstätte, die denn auch eine war. Ein alter Araber mit ergrautem Haar, leimte und hämmerte an einem riesigen verschnörkeltem Bilderrahmen. Hinter dem Meister befand sich ein unvergittertes kleines Kellerfenster, jedoch groß genug damit ich mich durchzwängen konnte. Erschrocken hielt der Meister inne und stieß ein spitzes: „Allahu akbar“, hervor. Gott ist größer als alle seine Feinde! Ich entnahm den
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