Tanz der Aranaea (German Edition)
größten Feind Gottes aus meiner Hosentasche, eine zwanzig Dollar Note, und drückte sie dem zurückweichenden frommen Meister in die Hand, und sagte mit einer leichten Verbeugung und mit Auflegen der rechten Hand auf das Herz: „ Gott ist größer als alle seine Feinde und ich bin auf der Flucht wie damals sein Prophet Muhammad“ . Ich sagte es dem Meister in arabischer Sprache. Mit großen Augen sah mich der alte Araber an, und seine ausgestreckte Hand deutete zu dem kleinen Kellerfenster. Er murmelte etwas Unverständliches in seine grauen Barthaare.
„Schukran Habibi“. Vielen Dank mein Lieber, sagte ich, und drückte ihn sanft auf einen Stuhl. Mit einem Klebeband, das auf einer Rolle aufgespult in der Nähe lag, fesselte ich den Meister behutsam am Stuhl fest. Es war besser für seine Gesundheit, wenn in wenigen Minuten meine Verfolger hier auftauchen sollten und er kampfunfähig am Stuhl klebte, sagte ich zu ihm. Danach stopfte ich ihm vorsichtig ein Stück Stoff in den Mund, das er nicht allzu schwer wieder Ausspucken konnte. Ich legte den Zeigefinger meiner rechten Hand auf seinen Mund und deutete an, dass er Schweigen sollte. Mit der anderen Hand zeigte ich auf seine Armbanduhr, und gab ihm zehn Minuten, dann sollte er den Stofffetzen ausspucken und laut um Hilfe schreien. Seine Augen begannen zu glänzen und in seinem Gesichtsausdruck war eine entspannte Ruhe eingetreten. Ich klopfte ihm noch leicht auf den Oberarm und bedankte mich.
Leise öffnete ich das kleine schmutzige Kellerfenster, welches fast ebenerdig zu dem außerhalb des Museum vorbeiführenden Bürgersteig lag. Vorsichtig sah ich zu beiden Seiten des Fensters hinaus, und die kleine nicht allzu saubere Gasse schien wie ausgestorben.
Zuerst schob ich meine Reisetasche durch das Fenster, und dann robbte ich auf allen Vieren hinterher auf den Gehweg.
Schnell entfernte ich mich von der Rückseite des Museum, lief durch die Gasse, bog um die nächste Hausecke und orientierte mich kurz. Das Restaurant „Chez Marlene“ musste in der Parallele zu dieser Straße liegen, denn an der fensterlosen Lehmwand eines Hauses das an der Straßenecke zu meinem gesuchten Restaurant stand, war mit dicker schwarzer Farbe eine Inschrift der FLN an die Adresse der Franzosen gepinselt : „ La valise ou le cercuil „ – „Koffer oder den Sarg“.
Bei meiner Fahrt mit der Taxe, durch diese Stadt hatte ich mir die unmissverständliche Drohung gut gemerkt.
Nach wenigen Minuten erreichte ich das von mir gesuchte Speiselokal „Chez Marlene“. Auf direktem Weg hinein zugehen, schien mir doch sehr gewagt, und so ging ich zunächst an der Fensterfront des nicht sehr großen Restaurant vorbei. Es musst doch hier auch so etwas wie einen Hintereingang geben, überlegte ich.
Eine etwa zwei Meter hohe Steinmauer schloss sich nahtlos an die Vorderfront des Lokals an, und als ich mich auf die Suche nach einer eventuell vorhandene Gartentür machte, sah ich einen verlumpten und verwahrlost erscheinenden Mann auf mich zu schlurfen. Das ungepflegte Haar stand ihm wirr nach allen Seiten, und um den sicherlich ungewaschenen Hals hat er sich einen Schal in rosa Farbe gelegt. Sein vor Dreck starrender brauner Mantel wurde nur noch von der oberen Knopfleiste gehalten, und die Hose, die vor Jahren einmal diesen Namen als solche in Anspruch nehmen durfte, und nach Verlassen seines Herstellungsort einmal beige war, hing im Schritt herab bis zu den Waden seiner Oberschenkel. Er murmelte einige Flüche in französischer Sprache. Ein Franzose, ein Überbleibsel der zu Glanzzeiten von Algerie-Francaise in den abgestellten Waggons im Güterbahnhof von Algier hauste.
Der Bahnhofspenner blieb vor mir stehen, klotzte mich durchdringend an, legte den Zeigefinger auf sein linkes Nasenloch, und ließ mit einem gewaltigen Getöse den Naseninhalt aus der rechten Nasenhälfte auf den Bürgersteig gleiten. Nachdenklich sah er sich sein Machwerk an, und nahm dabei aus irgendeinem Winkel seiner Hosentasche einen kleinen Fetzen Stoff heraus, mit dem er versuchte die Nase zu trocknen. Ich titulierte ihn als ein großes Dreckschwein, und er schlurfte mit eingeknickten Beinen und einem verächtlichen „Boche“ auf den Lippen von dannen.
Offensichtlich hielt mich dieser Fröschefresser für einen Deutschen. An meiner französischen Aussprache musste ich wohl noch gewaltige Übungen vornehmen. Diesem Penner hatte mein kurzer Kommentar zu seinem schnöden Tun genügt um mich als Nichtfranzosen, zu
Weitere Kostenlose Bücher