Tanz der Aranaea (German Edition)
Anziehen?«
»Wodaabe, bitte bringe doch für Francesco etwas Passendes zum Anziehen. Im Kleiderschrank von Moulud müsste das Richtige sein für unseren Monsieur und seinem geplanten Vorhaben!«
Mit ihrem „Monsieur“ kam mir Marie-Claire gefährlich nahe, und ich spürte die Elektrizität, die von ihr ausging. Als würden sich Nadelspitzen in mein Nervensystem bohren. In wenigen Sekunden gelang es diesem Weib mich zu paralysieren und wenn sie hinzukommend sagen würde, ich solle den Mond anbellen, dann würde ich ihr ein Lied vorjaulen. Ihre Nasenspitze berührte fast die meine, und ich erwartete von ihr ein leises gehauchtes „Küss mich du Lümmel“ , und danach würde ich in Ohnmacht fallen.
»Jetzt erzählen Sie mir ihre Story, Monsieur. Lückenlos und präzise! Was hat ihr Aufenthalt in Bejaia als Journalist, mit dem Besuch in den Kellerräumen unseres Museums zu bedeuten? Wieso dringen Sie wie ein abgerissener Tagedieb durch den Hintereingang in meine Küche ein? Ich hätte Sie schon längst hinaus werfen sollen, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie noch sehr viel Hilfe benötigen.«
Ihre Nasenspitze befand sich noch immer im Abstand von wenigen Millimeter vor der meinigen, und ihren schönen Mund, den ich aus diesem Blickwinkel nicht mehr erkennen konnte, säuselte diese Worte auf einer Woge angenehmsten Geruches zu mir herüber. Sanft und langsam legte ich meinen Lippen auf die schön geformten dezent geschminkten Lippen von Marie-Claire, und küsste sie. Marie-Claire erwiederte den Kuss um kurz danach, erschrocken, einige Schritte zurück zu weichen.
»Welches Parfüm benutzen Sie, Marie-Claire?«, fragte ich.
»Chanel No. 5 !«
»Es passt gut zu ihnen! Hören wir auf mit dem Versteck spielen, Marie-Claire. Sie sagen mir jetzt, was ihr von mir wisst. Mit „ihr“ meine ich Mehdi Hamillah, Moulud Dhabou,
deinen Halbbruder, der mich im Museum abgefangen hat, und natürlich, was du von mir weißt. Nur soviel von mir, als das ich tatsächlich ein Journalist bin, aus der Schweiz komme, aber keinen Bericht über Nordafrika, 18 Monate nach der Unabhängigkeit, schreibe. Und soviel, dass ich im Hafen von Bejaia kein Schiff suche um nach Westafrika zu schippern! Ich bin auf dem Weg nach Schwarzafrika! Jetzt bist du an der Reihe, Marie-Claire!«
Wodaabe, dieser Schleichfuß, stand mit einem Bündel Stoffe im Raum, wie aus dem Boden gewachsen. Ich bemerkte nicht, wie sie die Tür öffnete und auch nicht, dass sie direkt hinter mir stand. Auch wenn sie keine Aranaea war, dies spürte ich inzwischen auf zehn Meter Entfernung, so hatte sie sich doch völlig lautlos hinter mich platziert. Sie spürte die Spannung und irgendwie schien sie das Gefühl zu haben, dass sie bei allem dabei sein musste. Als könnte sich etwas aus unseren Unterredungen ergeben, dass für ihr weiteres Schicksal in Nordafrika oder sonst wo in Afrika, von Bedeutung sein konnte.
»Womit soll ich anfangen, Francesco? Also, Mehdi Hamillah, Moulud Dhabou, mein Halbbruder und ebenso ich, wir gehören der Kabylischen Freiheitsfront FSS, an. Neben vielen anderen natürlich. Unser Führer heißt Ait Ahmed und er, so wie wir alle, vertritt die Meinung, dass wir keine Revolution gemacht haben, und keinen endlosen Partisanenkrieg gegen die Franzosen geführt haben, um jetzt dem Personenkult für den Schauspieler Ben Bella zu huldigen oder ein Militärregime unter Boumedienne, zu akzeptieren. Das nur vorab zu deiner Information. Im ganzen Wilaya III, haben wir unsere Agenten verteilt, und wenn wir uns richtig gefestigt haben und genügend Waffen besitzen, dann werden wir die Araber und diese Regierungmarionetten in Algier, wegfegen wie ein Wüstensturm. Nur soviel, lieber Francesco, wenn es dich interessiert, dann nehme ich dich mit in unsere Parteizentrale. In deiner Funktion als Journalist auf der Durchreise, der vorher noch schnell einen Bericht schreiben soll, über den Zustand in Nordafrika seit der Unabhängigkeit, und der anschließend nicht mit einem Schiff von hier aus an die westafrikanische Küste fährt.«
Marie-Claire schaute mich dabei grinsend an, und spielte wieder verdammt teuflisch und verführerisch anzusehen, mit ihrem Augenlid. Ich lehnte freundlich und entschieden ab und erklärte, dass mich keine Parteiarbeit der Welt auch nur im Geringsten interessieren würde.
»Alors, lassen wir das Verstecke spielen. Wir wissen noch nicht, wie du mit den beiden jungen Frauen, die in deiner Begleitung waren,
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