Tanz der Aranaea (German Edition)
es bewusst, oder auch unbewusst, doch sagen. Jedenfalls wusste Marie-Claire mehr als ich vermuten konnte. Sie besaß Informationen über mich, die sie nur von Mehdi Hamillah, oder Moulud Dhabou, vielleicht auch von beiden, haben konnte. Ich war mir sicher, dass sie mich erwarteten. Sie war zu schnell mit meiner Argumentation zufrieden gestellt, als ich bei ihr durch den Hintereingang in die Küche eindrang.
»Vielen Dank liebe Marie-Claire, für das Essen! Wodaabe, reichen Sie mir bitte mein Martini?« Wodaabe riss wieder gründlich die Augen auf. Wahrscheinlich gab es nicht sehr viele Menschen, die sie so höflich mit „Sie“ ansprachen, so wie ich es getan hatte.
»Marie-Claire, erzählen Sie mir bitte, was Sie in diese Gegend führte?«
»Eigentlich sollten Sie hier einige Erklärungen abgeben, aber gut, ich erzähle meine Geschichte zuerst. Wir leben schon seit 1875 in Bejaia. Unsere Vorfahren haben damals, nach dem Krieg der Deutschen mit den Franzosen, das Elsass verlassen. Großmutter Marlene hat nach den Tod ihres Mannes, dieses Restaurant eröffnet und „Chez Marlene“ genannt. Ich bin also nicht Madame Marlene, wie Sie, lieber Francesco, meinten. Meine Mutter heiratete hier in Bejaia einen Gewissen Charles Hochstätt, meinen Vater. Ich war damals gerade mal zehn Jahre alt, als mein Vater starb. Später heiratete meine Mutter ein zweites Mal. Aus dieser Ehe gibt es noch meinen Halbbruder Moulud Dhabou. Ich habe den Namen meines Stiefvaters, Dhabou, ein Kabyle, nicht angenommen. Nicht weil ich ihn nicht mochte, im Gegenteil, sondern weil ich mich als Elsässerin fühle, und als solche heißt man nicht Dhabou! Das war zumindest meine Auffassung als junger Teenager. Wo sich mein Halbbruder Moulud zu Zeit aufhält, weiß ich nicht so genau. Manchmal besucht er mich für ein paar Tage und dann höre ich oft Wochen nichts von ihm.«
Sie machte auch ziemlich viele Fehler, die schöne Marie-Claire, überlegte ich. Dein erster Fehler war, Marie-Claire, dass du nicht sehr überrascht warst, als ich in deiner Küche auftauchte. Jemand musste dich informiert haben, denn du hast mich fast schon erwartet. Der kleine Zauber mit deiner armselig kleinen Pistole, die gut, ohne gezielten Schuss, höchstens für ein paar Kratzer taugte, und die du noch nicht einmal richtig im Anschlag führtest, war schnell zu durchschauen. Dann hast du dich mit deinem „ Ich kann es einfach nicht glauben, Francesco, dass Sie ein gefährl...“ , gewaltig verritten. Und jetzt mit deinem Halbbruder Moulud Dhabou, der mit Sicherheit die gleiche Person war, die mich
im Museum in ein Gespräch verwickelt hatte. Wenn ich mich recht erinnerte, da gab es etwas warum ich in seinen Augen nicht lesen konnte. Eine Art einen anzusehen, in dem das linkes Augenlid etwas heruntergezogen und den freien Blick dieses Auge damit beeinträchtigen musste, und im Gegenzug wurde das rechte Augenlid nach oben gehoben, um den vollen Blickwinkel wieder zu kompensieren, mehr als das Sehfeld dieser Seite benötigte, wie es Marie-Claire tat, allerdings bei ihm nicht so stark wie sie es machte. Es musste ein Erbstück der gemeinsamen Mutter sein. Ich hatte sie alle durchschaut. Ob Mehdi Hamillah, Moulud Dhabou, den fahrenden Riechkolben, und Marie-Claire. Sie hingen alle zusammen und wollten nur das eine Wissen; was macht Vancelli in Bejaia? Ich war mir inzwischen sicher, sie entdeckten mich mit Zouzou und Sabi Loulou in Algier, und verfolgen jetzt unsere Spur. Eigentlich sollte ich jetzt Angst bekommen, aber das Gegenteil war der Fall. Sie waren bisher sehr Human mit mir umgegangen, und nie war von ihnen nur die Spur drohender Gewalt ausgegangen. Hamillah hätte mich schon unterwegs festsetzen können um dann auch nach Sabi Loulou und Zouzou zu suchen. Sie machten es auf die sanfte Art, damit auch nicht die verhasste Regierung in Algier aufmerksam wurde.
»Was ist los, Francesco? Sie schauen so seltsam aus meinem Bademantel hervor?«
Wie sie grinste, diese attraktive Teufelin, und wie sie mit dem Lid ihrer Augen spielte. Sie hatte mich bestimmt auch schon durchschaut und kannte inzwischen bereits jeden Quadratzentimeter meiner Haut. Von den Haarwurzeln auf meinem Kopf, bis zu den Fußnägeln, die auch schon nach einer Schere lechzten.
»Ich muss etwas anderes zum Anziehen haben, Marie-Claire. In ihrem Bademantel, der zwar herrlich nach ihrem Körper duftet, fühle ich mich wie ein deplazierter Hintern! Haben Sie noch etwas für mich, zum
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