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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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traten gemeinsam ein paar Schritte in die Nacht hinaus. Er bedeutete mir zu lauschen. Man hörte Hämmern und Sägen aus dem Bereich der inneren Stadt herüber. Ein rötlicher Schein wie von Fackeln oder Holzfeuern stand über den Dächern.
    »Was tun sie da?«, fragte ich.
    Zunge machte die Gesten des Hämmerns und Sägens.
    »Das meine ich nicht. Warum tun sie es?«
    Er hielt die Hände mit abgespreizten Fingern über seinen Kopf. Es sah aus wie eine Krone.
    »Für den König?«
    Er nickte. Und zum ersten Mal an diesem Abend sah ich ihn wieder lächeln.
     
     
     

IN FROSTIGER T AG
    Vorsichtig suchte ich meinen Weg über Sand und Steine. Es war Nacht. Rechts von mir gähnte ein düsteres Loch im Boden. Ein unheimlicher Schlund. Ich wich vor seinem bröckligen Rand zurück, als wolle er mich jählings verschlingen. Doch gerade diese Ausweichbewegung brachte mich in die Nähe eines anderen Höllenrachens. Die ganze Ebene, auf der ich mich befand, war von solchen klaffenden Trichtern durchbrochen. Wohin sollte ich mich retten? Und da … was war das? Der Boden gab plötzlich unter mir nach. Ich fand keinen Halt! Mit einem Schwall von Sand und Steinen rutschte ich der Tiefe entgegen – und erwachte. Ich war von Schweiß überströmt und rang nach Atem. Bär, der neben mir schnarchte, hatte im Schlaf den Arm um mich gelegt und schob jetzt auch noch sein Knie an meine Hüfte. Ehe ich mir dessen bewusst war, hatte ich ihn heftig zurückgestoßen und mich seinem tapsigen Zugriff entwunden.
    »Nanu«, murmelte er schlaftrunken. »Wer knufft mich? Ach, du bist das!«
    »Ich – ich habe geträumt«, stammelte ich. »Ein Fiebertraum.«
    »Ich auch. War ein schöner Traum. Hehe. Allerdings … Wollte dich nicht … Tut mir Leid.«
    »Schon gut«, sagte ich. Ich wollte gar nicht wissen, was er womöglich geträumt hatte.
    Er brummelte und schmatzte noch etwas herum. Dann wälzte er sich auf die andere Seite, und kurz darauf schnarchte er wieder.
    Meine Stirn glühte nicht mehr so wie am Abend. Aber ich konnte nicht mehr einschlafen. Dieser Traum … Er hatte mich schon viele Male gequält. Jedes Mal stürzte er mich in panische Angst. Dennoch hatte ich nie erfahren, was eigentlich in der Tiefe dieser Schlündelauerte. Es war gerade das Unsichtbare, das mich so entsetzte. Meine Gedanken, einmal in Gang gesetzt, wanderten weiter.
    Weshalb hatte ich mich so vor Bär erschrocken? Wie war es zu begreifen, dass ich mich so heftig wehrte, wenn jemand mir zu nahe kam? Woher kam dieser würgende Ekel vor einer Berührung?
    »Lass Männer nicht an dich heran«, hatte meine Mutter oft gemahnt. Das klang in mir nach. Manchmal kam es mir vor, als sei ich nur allzu erleichtert, mich in meiner Maskerade verstecken zu können. Nicht als Mädchen erkannt zu werden – kam das nicht meinen innersten Wünschen entgegen? Da hätte ich fast das Wort Frau gebraucht. Das jedoch war etwas, das mir erst recht widerstrebte. Und dann hingegen … Ach was! Hirngespinste!
    Irgendwo krähte ein Hahn, obwohl es noch finstere Nacht war.
    »Du kannst nicht schlafen, stimmt’s?« Das war die Stimme von Bär. Ich glaube, ich hatte ihn schon seit einiger Zeit nicht mehr schnarchen gehört.
    »Du auch nicht?«
    Er grunzte: »Nein, jetzt nicht mehr. Es geht dir alles durch den Kopf, nicht wahr?«
    »Immer und immer wieder.«
    »Das hilft nicht viel.«
    »Es hilft gar nichts.«
    »Oh. Manchmal doch. Plötzlich wird einem dann klar, was man eigentlich will.«
    »Mir wird nur klar, dass ich gar nichts weiß.«
    »Ach, einiges weißt du schon.«
    »Ich laufe herum und stelle Fragen.«
    »Das ist etwas.«
    »Wenn ich überhaupt Antworten kriege, kann ich nichts damit anfangen. Ich drehe mich im Kreis, und jeder hält mich zum Narren.«
    »Macht es Spaß, wenn man sich Leid tut?«
    »Ich tappe herum wie mit verbundenen Augen. Überall renne ich mit dem Kopf an. Wer Lust hat, stellt mir ein Bein…«
    »Denk an: Einem wie mir geht es immer so.«
    »Aber – du hast gelernt … Du bist nicht hilflos.«
    »Du lernst auch. Du hast schon gelernt, nicht abzuwarten, sondern von dir aus etwas zu tun. Du rufst ins Dunkle und hörst auf das Echo. Dabei erfährt man eine Menge.«
    »Ein Rattennest von Bosheit und Tücke. Ich stochere herum wie in einem Misthaufen. Was zum Vorschein kommt, ist Scheiße.«
    Er lachte gluckernd.
    »Lach nicht! Sie müssen mich hassen.«
    »Wer?«
    »Na, die ich aufstöbere mit meinen Fragen.«
    »Die sollten sich selber hassen.«
    »Und mein

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