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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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herausgekommen. Zum Glück. Ahasver bestimmt auch nicht. Ich wette, sie suchen ihn.«
    »Und warum?«
    Er zuckte die Schultern. »Jedenfalls hat er wieder Glück gehabt. Übrigens: Das war der Mann.«
    »Welcher Mann?«
    »Der, den Ahasver getroffen hat. Der vornehme.«
    Ich sagte nichts dazu. Aber dieser Mann – gemeint war der Anführer des Trüppchens – war auch mir bekannt vorgekommen. Nur musste ich überlegen, woher. Dann, als die Soldaten ganz nahe an uns vorübermarschierten, wobei uns aber keiner von ihnen bemerkte, erkannte ich das Gesicht des Offiziers: Es war der Graf! Der dritte der Männer, die ich im Haus mit dem Löwen gesehen hatte, als ich an jenem Abend – wie lange mochte das jetzt zurückliegen? – versucht hatte, ein zweites Mal den Kaufmann Arndt zu treffen, und ihn tot fand. Und im Hof der Brauerei hatte er sich mit Ahasver und Grifone gestritten. Der Graf war es, den ich bei mir den Mann mit der befehlsgewohnten Stimme genannt hatte … Also ein Adelsherr aus dem Umkreis des Kaisers?
    »Lass uns noch bleiben«, sagte Pietro und hinderte mich daran, unser Versteck zu verlassen.
    »Warum? Sie sind weg. Es ist kalt!«
    »Bleib trotzdem.«
    Ich verstand seine Gründe nicht, tat ihm aber seinen Willen. Es war eine wilde Nacht. Der Strom trug Eisschollen. Es wurden immer mehr. Von Zeit zu Zeit trieben große, brüchig zusammenhängende Eisfelder vorüber. Eine glitzernde, drohende Masse.
    »Worauf warten wir noch?«, wollte ich wissen.
    Als Antwort deutete Pietro mit dem Kopf zum Ufer. Da stand, wie aus dem Nichts erschienen, eine Gestalt in einem weiten schwarzen Mantel. Das Gesicht war von der Krempe eines breiten schwarzen Huts verdeckt, aber es gab keinen Zweifel: Ahasver. Er blickte auf die Schiffsrümpfe und über das Wasser. Dann spuckte er ausund wandte sich in unsere Richtung. Mit langsamen Schritten kam er auf uns zu. Ich erwartete, dass auch er an unserem Versteck vorbeigehen werde, und verhielt mich ruhig. Pietro ebenfalls. Wenige Ellen von uns entfernt blieb der Alte stehen.
    »Ziemlich klug«, sagte er, ohne den Kopf zu uns zu drehen. »Dass ihr euch nicht gezeigt habt. Die waren hinter uns her. Man kann nicht wachsam genug sein.«
    Hinter dir waren sie her, dachte ich. Wir sind nebensächlich. Oder war es etwa anders?
    Jetzt blickte Ahasver uns an.
    »Wie habt Ihr uns entdeckt?«, fragte Pietro.
    »Ich habe gute Augen. Und ich war die ganze Zeit dort.« Er meinte vermutlich eines der Boote, die unterhalb des Stadtturmes auf dem Trockenen lagen.
    »Wir werden nicht wieder hingehen«, fuhr er fort. »Habt ihr noch Sachen dort?«
    »Nichts von Wichtigkeit«, sagte Pietro. Seine Decke trug er ohnehin aufgerollt über der Schulter. Er wusste offenbar nie genau, wo er das nächste Mal übernachten würde.
    »Riecht nach viel Eis«, brummte der Alte und zog den Wasserwind in die Nase wie ein Spürhund. Dann fasste er mich ins Auge. »Was hast du da?«, fragte er. Wie hatte er das Ding nur erspäht, obwohl es kaum hervorragte?
    »Das ist … ein Handrohr … eine Feuerbüchse …«
    »Ich weiß, was das ist.«
    Er zog die Waffe halb hervor, musterte sie schweigend und ließ sie schließlich wieder in meinen Gürtel gleiten. Er fragte nicht nach ihrer Herkunft. Seine Gedanken schienen bereits wieder mit etwas anderem beschäftigt zu sein.
    »Kommt mit«, sagte er. »Ich habe einen besseren Platz für uns.«
     
    Ahasvers neues Versteck lag in einem Schuppen am Gerberviertel. Bestimmt hatte der Alte hier jemanden, den er kannte oder dem er Geld gegeben hatte. Es gab wohl gar nicht so viele Plätze indieser Stadt, wo man wirklich unbemerkt unterschlüpfen konnte. Das war etwas, das ich vom Dorfleben kannte. Jeder beobachtete jeden, und nichts blieb in der Nachbarschaft verborgen. So war abzusehen, dass wir auch hier nicht lange bleiben würden. Das war übrigens gut so: Der Uringestank von den Gruben der Gerber schien mir selbst bei der Kälte ekelerregend. Wie mochte es hier im Sommer riechen! Doch man gewöhnt sich wohl auch daran.
    Sambo war bereits da. Also hatte Ahasver den Umzug schon mit ihm vorbereitet, während Pietro in der Stadt gewesen war. Warum hatte er das nicht erwähnt? Nur aus Geheimniskrämerei?
    Sambo hatte Grütze gewärmt, und Ahasver trug eine Kruke mit Branntwein bei sich. Er bot sie uns an, aber nur Pietro machte Gebrauch davon.
    Es war dunkel und stickig in diesem Raum. Ich wurde schläfrig und nickte ein. Ein wirrer Traum kam über mich. Jemand trat auf mich zu,

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