Tanz der Dämonen
er wieder, als er fertig war.
Ich nickte, obwohl ich keineswegs richtig zugeschaut hatte.
»Hier zündest du an. Das da ist das Zündloch. Verstehst du? Und da spannst du den Hahn … So!«
»Seid vorsichtig mit dem Ding«, grollte Ahasver.
Ich nahm die Waffe entgegen, obwohl ich mich kaum getraute, sie wieder anzufassen.
»Keine Gefahr«, sagte Sambo. »Nicht jetzt. Nicht, wenn die Lunte nicht brennt.«
Er hatte gut reden!
»Herumlungern und Maulaffen feilhalten!« Ich hatte Ahasver schon in unterschiedlichster Stimmung gesehen, aber selten in so übler Laune wie an diesem Abend. Seine Wut richtete sich jetzt aufs Heftigste gegen Pietro und Sambo.
»Was ist los mit ihm?«, flüsterte ich Pietro zu.
Der schnitt eine Grimasse, wobei er natürlich das Gesicht von dem Alten wegwendete, und machte eine vielsagende Geste in Richtung seiner Stirn.
»Glaubt nur nicht, ich wüsste nicht, was ihr über mich denkt«, kam prompt das Donnerwetter herab. »Habe ich euch nicht Aufträge gegeben? Gestern schon! Worauf wartet ihr eigentlich?«
Die beiden waren offensichtlich froh, dass er ihnen diese Gelegenheit gab, aus der Reichweite seines Zorns zu entrinnen. Sie machten sich eilig davon. Es dämmerte schon.
»Du bleibst!«
Das galt mir. Ich hatte gehofft, mich den anderen anschließen zu können. Aber nichts damit.
Der Alte schnaubte bärbeißig, aber dann beruhigte er sich überraschend schnell. Er stöberte in seiner Ledertasche herum und brummte etwas Unverständliches vor sich hin. Dann, ohne mich anzublicken, fragte er: »Hast du es noch?«
»Ja.« Es war mir klar, was er meinte: den Skorpion.
»So ist es gut. Gib drauf Acht.«
Gerne hätte ich gefragt, weshalb dieses Ding so wichtig sei,obwohl er es ständig bei mir ließ und sogar neulich bei unserer Trennung, die ich für endgültig gehalten hatte, nicht zurückgefordert hatte. Aber mein Misstrauen gegen ihn war so groß, dass ich meine Gedanken lieber verbarg. Manchmal erinnerte mich die Art des Alten seltsam an – Grifone. Derselbe lauernde Blick. Grifone hatte mir geraten, zu Ahasver zu gehen, bis er selbst wieder in Köln sei. Ich hatte es nicht getan, sondern hatte mich bei den Bettlern verkrochen. Ihren Rat hatte ich gesucht. Nicht etwa seinen. Dennoch war die Verbindung zu Ahasver geknüpft. Hier würde Grifone mich suchen, wenn er zurückkam. Wenn er zurückkam!
Plötzlich hörte ich, wie Ahasver leise vor sich hin lachte. »Du weißt sicher, was ein Labyrinth ist«, sagte er.
»Ja.«
»König Minos hat eines gebaut. Sagt man. Das heißt, Dädalos hat es für ihn getan. Ein erfindungsreicher Mann, dieser Dädalos, falls es ihn wirklich gegeben hat. Er hatte einen Sohn, der nichts als Narretei im Kopf hatte.«
»Ikaros.«
»Ich sehe, du kennst die Geschichte.«
»Vater Sebastian …«
»Ach ja. War ein kluger Kopf, dein Pfaffe.«
»Er ist es noch, denke ich.«
»Mag sein.«
Er wühlte wieder in seiner Tasche, als hätte ihn die Erwähnung Vater Sebastians an etwas erinnert.
»Da«, sagte er plötzlich und streckte mir ein gefaltetes Stück Papier entgegen. »Das hat er mir für dich gegeben.«
»Wer? Vater Sebastian?«
»Ja. Sollte ich dir geben, wenn ich fände, dass es die richtige Zeit ist. Ich geb es dir jetzt … Nein! Lies es später!«
Ich gehorchte nur widerwillig.
»Manchmal fühlt man sich selbst wie in so einem Labyrinth, hab ich Recht? Wände überall. Finsternis. Das Ziel nicht zu sehen. Und nirgends ein Ausgang.«
Ich fasste Mut und sagte: »Das Gefühl kenne ich. Und irgendwo im Dunkel hockt das Ungeheuer und – wartet …«
Er sah mich nachdenklich an. »Wirkliche Ungeheuer sind selten«, sagte er. »Ob es sie gibt, ist Ansichtssache.«
»Ein Irrgarten alleine ist schon schlimm genug.«
»Manchmal gibt es nur einen Weg hinaus«, sagte er. »Mit dem Kopf durch die Wand. Verstehst du?«
Eigentlich nicht. Aber er schien gar keine Antwort zu erwarten. Er hatte eine kleine Laterne aus seinem Gepäck gezogen und zündete nun den Docht der Kerze mit einem brennenden Zweig aus dem Kochfeuer an. Flackerndes Licht hob sein Gesicht aus dem Dunkel hervor. Er sah gleichmütig aus, fast vergnügt. Schweigen lag zwischen uns, während er sorgfältig den Docht zurechtstutzte. Meine Gedanken müssen abgeschweift sein, denn plötzlich schreckte ich auf und erkannte, dass der Alte mich scharf anblickte. Forschend, aber eigentlich nicht unfreundlich. »Du gibst niemals auf, nicht wahr?«, sagte er. »Stöberst und
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