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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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aber ich konnte nicht erkennen, wer es war. Er beugte sich über mich und sagte etwas. Aber ich verstand seine Worte nicht. Der Tonfall klang nach einer Warnung, eindringlich und fast beschwörend. Würgende Angst stieg in mir auf, ich schrie und schreckte empor … Ich kann nicht wirklich geschrien haben, denn keiner der drei beachtete mich. Erst als ich mich erhob, blickte Sambo zu mir herüber.
    »Du hast schlecht geträumt«, sagte er.
    Ich sah, dass es Tag war. Licht fiel durch die Ritzen einer Bretterwand.
    »Ich träume mehr, als mir lieb ist«, sagte ich. »Es ist selten etwas Gutes. Ich mag fast nicht mehr einschlafen.«
    »Es gibt Träume, die uns die Wahrheit sagen, und Träume, die lügen, und manche Träume sind richtige Narren.« Er grinste. »Wie bei den Menschen.« Dann fuhr er ernsthaft fort: »Aber wenn einer klug ist, dann gibt er auf seine Träume Acht. Hörst du? Es sind die Stimmen von Seelen, die um uns sind. So ist es. Bei uns – bei mir zu Hause – weiß man das.«
    Ich trank etwas Wasser aus Sambos Krug.
    »Nimm ein Stück Brot«, sagte er. »Wir sind arme Leute. Aber davon ist noch da.«
    Mein Kopf war wie benebelt.
    »Du hast lange geschlafen«, sagte Sambo.
    »Wie lange?«
    »Die ganze Nacht und den ganzen Tag. Beinahe.«
    »Es ist …«
    »… fast schon wieder Abend.«
    »Wo sind …«
    »Pietro und der Alte? Weg. Was weiß ich?!«
    Langsam wurde mein Kopf klarer, und ich fühlte mich allmählich besser. Alles, was geschehen war, schien ein Stück von mir weggerückt zu sein. Ich kaute das Brot, ziemlich hartes Zeug, und es tat mir gut.
    »Das da ist deins?«, fragte Sambo. Er zeigte auf das Handrohr. Es lag neben dem Platz, auf dem ich geschlafen hatte.
    »Es ist von mir«, sagte ich.
    Er nickte nachdenklich.
    »Willst du, dass ich dir zeige …?«
    »Wie man damit umgeht? Du weißt damit Bescheid? Ja. Das wäre wohl – nicht falsch. Ich habe diesen Beutel dazubekommen. Ist wohl das Pulver …«
    »Du brauchst auch Lunte.«
    Er kramte etwas aus seinem Mantelsack. »Also gut. Gehen wir!«
    Wir verließen den Schuppen, und er führte mich auf einen freien Platz zwischen Gartenmauern und Bretterhütten. Es war tatsächlich fast schon Abend. Nirgends ein Mensch, der uns hätte beobachten können. Der Platz lag erhöht und ermöglichte den Ausblick auf den Fluss. Wild und drohend erschien er mir. Das Eis lag stellenweise zu hohen Barrieren aufgetürmt, die unter den letzten Strahlen der Sonne glänzten. Anderswo trat das dunkle Wasser ungebärdig zu Tage.
    Die Luft war voller Möwen, die über den Wellen kreisten oderohne Flügelschlag im Wind schwebten. Sobald einer dieser Vögel etwas Essbares erspäht hatte, stürzte er sich darauf, und im Nu war eine dichte Wolke aus flatternden Schwingen und scharfen Schnäbeln zusammengeballt. Dieser Kampf um jeden Brocken erschien mir wie ein mörderisches Abbild dessen, was unter den Menschen stattfand. Die zänkischen Schreie gellten mir in den Ohren.
    Sambos Stimme erinnerte mich an das, was wir vorhatten. »Halt das Ding herüber!«, rief er und betätigte sein Feuerzeug mit einem Geschick, das ich schon oft an ihm bewundert hatte: Stahl, Feuerstein und Zunder.
    »Ich zünde die Lunte an«, erklärte er. Die Schnur brannte mit einem unangenehmen Geruch, jenem Geruch, den ich wahrgenommen hatte, als der Schwarze Hund mir diese Waffe unter die Nase gehalten hatte. Die Erinnerung daran peinigte mich jäh.
    »Jetzt spann die Feder! Halte da hin. Ruhig! Drück ab!«
    Die Lunte wurde ans Pulver gedrückt. Ein Blitz und ein heftiger Knall! Der Rückschlag der Waffe ging durch meinen Arm bis in die Schulter und warf mich fast um. Rauch, der in der Nase brannte. Aber: Vom Holzverschlag vor mir war eine halbe Planke weggesplittert. Solche Wucht hatte ich nicht erwartet! Das war, bei Gott, ein Teufelsding!
    »Komm!«, drängte Sambo. »Es braucht uns keiner damit zu sehen.« Er zog mich wieder in den Schuppen.
    Da saß Ahasver und trocknete seine Fußlappen am Feuer. Er blickte uns missvergnügt entgegen. Auch Pietro war da, hielt sich jedoch im Hintergrund.
    »Was treibt ihr für Spiele?«, knurrte der Alte. »Wollt ihr uns das halbe Viertel auf den Hals locken?« Er schüttelte den Kopf.
    Sambo schien wenig beeindruckt. »Hast du gesehen?«, fragte er mich. »Ich werde neu laden. Gib Acht.«
    Ich wunderte mich über seine Geschicklichkeit, aber ich stellte keine Fragen. Ich war noch viel zu beeindruckt von der Explosion.
    »Hast du gesehen?«, fragte

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