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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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Decke gesteckt hatten. Aber wie weit ging das tatsächlich? Bedeutete das Skorpionzeichen, dass sie Freunde gewesen waren? Waren alle,die es besaßen, Freunde? Oder Feinde? Oder Komplizen? War es womöglich Grifone, der im innersten Kreis der Geheimnisse stand, und gar nicht der Alte, der jetzt irgendwo unter dem Eis auf dem Grund des Flusses lag?
    Und: Was war am Ende meine Rolle in diesem Spiel?
    Mit einem Seufzen streckte ich mich aus. Da kam Grifones Stimme aus dem Dunkel: »Du machst dir Gedanken …«
    Er schlief also gar nicht!
    »Ist das zu verwundern?«, fragte ich leise.
    Er drehte sich um und legte den Arm um meine Schulter. Eine seltsam zögerliche Geste, die mich verblüffend an Ahasver erinnerte.
    »Du bist deiner Mutter sehr ähnlich«, sagte er. »Sie hat auch immer zu viel gegrübelt.«
    Ich wusste nichts zu erwidern.
    »Verwünscht, die Schulter tut mir weh«, sagte er und zog den Arm zurück.
    Draußen heulte der Wind um die Mauern des Hauses und klapperte mit den losen Schindeln.
     
     
     

IN GRAUER T AG
    Als ich erwachte, war Grifone schon auf den Beinen. Es war es ein kalter, nebliger Morgen. Osman gab vor, seinem Zahn gehe es besser. »Nur nicht den Zahnbrecher«, murmelte er.
    Grifone blickte zweifelnd und sagte: »Kaum zu glauben, dass er wirklich ein tapferer Mann ist und mir mehr als einmal das Leben gerettet hat.«
    Dann nickte er mir zu. »Mach dich fertig. Wir haben Erledigungen vor.«
    Mit hochgeschlagenem Kragen stapften wir in den Tag hinaus. Grifone führte mich durch abgelegene Straßen, und nach einer Weile wies er mich in eine Kneipe, in der trotz der frühen Stunde zahlreiche Landsknechte und andere rau aussehende Burschen versammelt waren. Auch hier schien man ihn zu kennen. Wir bekamen ein deftiges Frühstück – das war eine gute Sache! –, und er bezahlte mit einem Goldstück. Zwischendurch wechselte er mit einigen der abenteuerlichsten Kerle ein paar Sätze, von denen er mich nichts hören ließ. Mit dem Ergebnis seiner Erkundigungen schien er zufrieden zu sein. Die scheelen Blicke der Männer auf mich nahm er gar nicht zur Kenntnis.
    Als wir wieder auf die Gasse traten, war die Stadt zum Leben erwacht. Und jetzt erst, nachdem er sich vorher bärbeißig und zugeknöpft gegeben hatte, eröffnete Grifone ein Gespräch. Dabei sah er mich von Zeit zu Zeit kurz an, während er sonst stetig die Menschen und Häuser um uns her im Auge behielt. Diese unbeirrte Wachsamkeit ließ mich an die Haltung eines kampfgewohnten Wolfs denken.
    »Es ist mir wohl bewusst«, sagte er in ruhigem Ton. »Du hastFragen an mich. Also heraus damit! Es ist mir lieber, wir sprechen hier auf dem Weg, wo uns keiner zuhören kann.«
    »Was – was meint Ihr?«, stammelte ich. Seit er mir eröffnet hatte, wer er sei, hatte ich mich gefragt, ob er mir jemals wirklich einen Blick hinter seine Maske erlauben würde. Ich hatte ihm mit wachsendem Zorn gegrollt, weil er das nicht tat und nicht einmal Miene machte, es je zu tun. Und auf mich selbst war ich wütend, weil ich es nicht fertig brachte, ihn deshalb zur Rede zu stellen. Und jetzt, da er mir überraschend genau das anbot, was ich verlangte, jetzt stotterte ich, war misstrauisch und wusste nicht, was ich fragen sollte.
    Er grinste mich an. »Das wirfst du mir doch vor«, sagte er, »dass ich dich wie ein Kind behandle. Stimmt das nicht? Und dass ich dir nicht sage, was du wissen willst.«
    War ich jetzt gerade durch diesen Vorschlag zornig auf ihn? Vielleicht wegen der Art und Weise? Weil er mir als Geschenk anbot, was ich als mein Recht betrachtete? Oder war ich einfach misstrauisch, was auch immer von ihm kam? Jedenfalls war mein Ton wohl abweisender als beabsichtigt. »Wie gnädig von Euch! Wohin gehen wir?«
    »Wir gehen zu einem – Freund.«
    »Und was tun wir da?«
    »Er hat Nachrichten für mich, so hoffe ich jedenfalls.«
    »Ihr seid bei derselben Armee?«
    »Hm. Nicht direkt. Er ist Spanier.«
    »Aber zur kaiserlichen Armee gehört ihr doch alle?«
    »Ich gehöre zu den Männern des Kaisers, aber nicht zu einer bestimmten Truppe. Wir führen besondere Aufgaben aus. Genauer darf ich dir das nicht sagen. Auch meine Leute wissen nicht mehr.«
    »Und für mich gilt, was für Eure Leute gilt?«
    Da ging also die Geheimniskrämerei schon wieder los! Immerhin ließ er sich zu einer etwas präziseren Erklärung herbei: »Wie du schon weißt, habe ich einmal auf der anderen Seite gestanden. Und das ist nicht das Einzige in meiner Vergangenheit, was

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