Tanz der Dämonen
schönes Stück. Nun. Kurz darauf gerieten wir in einen Tumult. Drei schwäbische Kerle hatten eine Frau auf die Straße gezerrt. Hübsch war sie, schwarze Locken, wehrte sich wie eine Wildkatze. Aber ihr Hemd war bereits heruntergerissen, und die Kerle hatten den Hosenstall schon offen – Oh. Verzeih!«
»Es ist schon gut«, sagte ich großtuerisch. »Ich weiß, wie es zugeht.«
Der große Bursche holte tief Luft. »Also, er ging dazwischen«, sagte er dann. »So war er immer. Er setzt sich was in den Kopf. Und dann ist er nicht aufzuhalten. Aber die drei wollten nicht ablassen. Da sagte er: ›Das Ding hier könnt ihr haben.‹ Und streckte ihnen den Leuchter hin. ›Nur die da lasst laufen.‹ Was dachte er sich! ›Bist du verrückt?‹, haben sie geschrien. ›Wir nehmen die Hure und das Silber dazu!‹ Da ist er mit diesem Katzbalger auf sie losgegangen …«
Er klopfte auf das kurze Schwert, das neben Grifones Strohsack lag. Als ob er mir den Ausdruck erklären müsste!
»Er kann furchtbar sein, wenn ihn die Wut packt!«
Wem sagte er das!
»Zwei hat er totgeschlagen. Der dritte, der ihn von hinten anging, ist mir ins Messer gelaufen. Die Frau ist in Sicherheit. Und, denk dir, in diesem Augenblick kommt ein altes Weib aus einer Haustür gestürzt, anscheinend eine Dienerin, die ihre Herrin retten will, und schwingt einen krummen Säbel, weiß der Teufel, wo sie das Ding her hatte …«
Er verstummte. Grifone stand wieder in der Tür.
»Man kann wohl nicht pinkeln gehen, ohne dass du ins Schwatzen kommst«, sagte er zu Osman; und zu mir: »Du musst wissen, er kann die Weiber nicht ausstehen …«
»Und er hat dich gesund gepflegt?«
»Nein«, sagte Grifone. »Der doch nicht! Das hat die Frau getan.«
Seine Erzähllaune war offenbar vergangen. Osman sah unbehaglich drein, zögernd erhob er sich und ging hinaus, wobei er etwas Unverständliches murmelte und den Kopf an der Tür tief duckte.
Grifone ließ sich auf seinen Strohsack nieder – mit einem unterdrückten Stöhnen, wie mir nicht entging.
»Wir sollten jetzt schlafen«, sagte er, während er sein Wams abstreifte; es bereitete ihm Mühe, und ich wollte helfen, aber er wies mich unwillig zurück.
»Ich kann das alleine!«
Ein Schulterverband kam zum Vorschein.
Mir lag auf der Zunge, ihn danach zu fragen, aber ich unterdrückte diese Regung.
Und dann geschah etwas, das ich nicht erwartet hatte. Aus den Falten seines Ärmels glitt ein kleiner Gegenstand herab und fiel klirrend auf den Boden. Im Licht der Kerze erkannte ich es. Ein Ding an einer Kette: das Zeichen des Skorpions!
Vor Überraschung zog ich den Atem ein. Ich spürte seinen lauernden Blick und wusste, dass ich mich verraten hatte.
»Das kennst du also«, sagte er leise. »Du hast auch so eins, nicht wahr? Er hat es dir gegeben. Der alte Fuchs.«
Ich nickte.
»Und du weißt, was es bedeutet?«
»Er hat es mir nicht gesagt. Er war genau so zugeknöpft wie …«
»Wie ich, meinst du.« Sein Gesichtsausdruck verriet mir, dass er genau verstand, was ich sagen wollte. »Du weißt alles, was du wissen musst.«
»Das hat er auch gesagt.«
»Und er hat Recht gehabt. Mach dir keine Gedanken.«
»Er ist tot.«
»Nicht deswegen, wie du am besten weißt.«
Ach, Gott! Was wusste ich denn?
Ich rief: »Und Pater Nabor ist tot. Und der Aussätzige. Und Herr Arndt, der sein Bruder war. Und der Ratsherr Arckenberg. Fünf Tote. Über all das soll ich mir also keine Gedanken machen! Wird das denn niemals enden? Ihr könnt es haben! Ich will das Ding nicht, hab es nie gewollt!«
»Hör auf! Du hast mit alldem nichts zu tun! Es geht dich nichts an, verstehst du? Diese Fragerei führt zu gar nichts! Also halt deinen Mund! Begreifst du das? Lass ab vom Herumschnüffeln. Halt den Mund unter allen Umständen, halt ihn selbst dann noch, wenn du schläfst!«
Er nestelte das Ding an seinem Wehrgehänge fest, wo er es gewöhnlich trug.
»Schlaf wohl!«, knurrte er, löschte die Kerze und streckte sich aus. Nach kurzer Zeit hörte ich ihn ruhig und regelmäßig atmen.
Ich zitterte vor aufgestauter Wut. Ich hätte ihn wachrütteln und zur Rede stellen mögen, aber ich hatte Angst. Angst vor seiner Gewalttätigkeit. Angst, dass er sich von mir abwenden würde.
Trotzdem: Wenn er so weitermachen wollte, würde es damit enden, dass ich ihm etwas vor den Kopf schlug.
»Mach dir keine Gedanken«, hatte er gesagt. Wie stellte er sich das vor? Ich wusste ja längst, dass er und Ahasver unter einer
Weitere Kostenlose Bücher