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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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darüber nach, ob es wohl der Mühe wert sei, diesem Kunden noch mehr Zeit zu widmen.
    Auch ich las ein paar Zeilen. Da war die Rede von den prächtigen sauberen Gassen, in denen es zahlreich von Menschen wimmelt und wo sich die Menge drängt . Die sauberen Gassen!
    »Eine großartige Stadt. Eine erstaunliche Arbeit«, sagte der Magus. Der Verleger nickte erneut und fuhr fort: »Wenn man alle Blätter zusammenfügt, ist es eine Ansicht von ganz Köln. Die Majestäten, die unter uns geweilt haben, der Kaiser und der König – dort unten sind sie konterfeit! –, haben jeder ein besonders prachtvolles Exemplar zum Geschenk erhalten. Euer Freund ist – ein Sammler?«
    »Einer von denen, für die Sammeln so viel bedeutet wie Leben. Nun: Soweit ihm seine wirtschaftlichen Unternehmungen und –lasst mich sagen – die Staatsgeschäfte dafür Zeit lassen. Bitte verzeiht, dass ich nicht unumwunden sprechen kann.«
    Quentel nickte wieder. »Freilich ist eine solche Arbeit nicht wohlfeil zu haben. Sie ist für einen kleinen Kreis von Kennern geschaffen, die das Besondere zu würdigen wissen …«
    »Euer Preis ist der seine«, entgegnete der Magus. »Macht Euch da keine Gedanken!« Er beugte sich über eines der Blätter, das ihn offenbar besonders fesselte. Dabei fügte er beiläufig hinzu: »Aber er ist an der Gestaltung gewisser Einzelheiten interessiert – eine Grille, könnte man sagen.«
    Die Miene des Verlegers ließ erkennen, dass er von alldem nichts mehr hielt und keine weiteren Verbeugungen zu machen gewillt war. »Nehmt Euch nur Zeit!«, empfahl er höflich, aber bestimmt. »Meister Gerrit hier wird Euch zur Verfügung stehen. Ich selber habe leider dringende Geschäfte. Gott befohlen.« Damit zog er sich zurück. Ich denke, darauf hatte mein raffinierter Begleiter es nur angelegt.
    »Komm und schau«, sagte er zu mir. »Siehst du das? Da ist das Haus, um das es mir geht. Es ist zu sehen. Ich dachte es mir.«
    In Wahrheit wusste ich nicht, was er meinte, aber ich tat sehr einverständig. Statt seinem Hinweis zu folgen, fing sich mein Blick an den Figuren von zweien der Heiligen Drei Könige im oberen Teil des Blattes. Dann erkannte ich die imposanten Formen des Doms und schließlich die Fähre im Strom. Mit genau einem solchen Kahn war ich in die Stadt gelangt! Am Ufer sah man einen Lastkarren und zahlreiche Fässer, einen Steinmetz bei der Arbeit und vieles andere. Es war ein erstaunliches Bild.
    »Siehst du es?«, fragte mein Mentor leise. »Da ist dieses Fenster. Man müsste vielleicht …« Er wandte sich an den Drucker: »Habt Ihr noch andere Unterlagen zu diesem Motiv? Sind eigentlich Zeichnungen vorhanden?«
    Ein lästiger Kunde, dachte zweifellos auch dieser Mann, aber er gab sich einen Ruck.
    »Zeichnungen? Ihr meint … Ja. Ich glaube schon …« Zögerndwandte er sich zu einem seiner Gehilfen. »Da müssten in der Werkstatt noch einige liegen.«
    In der Tat. Zahlreiche Blätter verschiedener Größe kamen zum Vorschein. Einige mit dem Stift, andere mit der Feder skizziert, manche mit Korrekturen und Wiederholungen. Verschiedene Ansichten, wie man sie wohl zusammenbringt, wenn man durch die Stadt wandert – und alles aufzeichnet, was einem vor Augen kommt. Vorarbeiten, wohl kaum für die Kundschaft bestimmt. Wie lange mochte dieser Meister Material gesammelt haben, ehe er das große Bild entwerfen konnte?
    »Schau nach dem Haus«, sagte der Magus. Ich bemühte mich, aber ich fand nichts Besonderes an den Einzelheiten, die ihn so brennend zu interessieren schienen. Aber es gab viel anderes zu sehen, das mir Vergnügen machte: Menschen, Schiffe, Gegenstände, Häuser, außerdem Spezielles und Kurioses: raufende Landsknechte, Pilger mit Umhang und Stab, ein Reiter mit einem Hund, außerdem ganz Unerwartetes, zum Beispiel ein Mann, der über einen Bootsrand kackte, und einer, der in eine Mauerecke pinkelte.
    »Wie alt mögen diese Zeichnungen sein?«, fragte der Magus den Gesellen, der sie herangeschleppt hatte. Der zuckte die Schultern. »Ein Jahr. Zwei …«, murmelte er abwesend. Er schien es unerfreulich zu finden, uns zu beaufsichtigen, wie wir in einem Haufen altem Papier herumwühlten, ohne dass eine echte Kaufabsicht erkennbar war.
    »Es ist nicht genau das, was ich suche …«, murmelte der Magus. Meister Gerrit schien nicht überrascht zu sein. Aber mein Begleiter war noch nicht fertig. »Ist es wahr, dass da noch ein anderer Künstler mitgearbeitet hat?«, fragte er. »Ein Kollege von Meister

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