Tanz der Dämonen
ein ganz einfaches Leben.«
»Du bist der Einzige, der mich wirklich kennt«, sagte ich.
Zunge zeigte eifrig auf mich und spielte die Pantomime eines dicken Mannes, der die Taschen so voll gestopft hat, dass er kaum gehen kann.
»Und wenn er überhaupt nicht einsichtig ist«, sagte Bär, »dann gibt es ja noch andere Mittel.«
»Keine Gewalt!«, mahnte ich.
»Was denn?«, fragte Knaller. »Wenn ich furze, fällt er um! Jedenfalls: Wir kennen den Fettsack!«
»O ja, wir kennen ihn. Und wir wissen auch, wo er seine Opfer eingesperrt hält. Ein erstaunlicher Ort! Du wirst dich wundern.«
»Aber erst wird gegessen«, forderte Knaller. »Wer nicht isst, kann nicht furzen.«
Es war wirklich ein erstaunlicher Ort. Er lag dicht am Wasser, wo die Schiffe vertäut wurden, mit Balkengattern gegen den Eisgang gesichert. Hier, vor den Ufermauern der Stadtbefestigung, ging an diesem Tag ein besonders eisiger Wind. Der Schlamm war hart unter unserem Tritt, die gefrorenen Pfützen knackten, und ein Stück entfernt flatterten Möwen und Krähen umher, ein schwarz-weißer Wirbel von Federn und Schnäbeln; sie zankten sich um die Überreste vom Kadaver eines Hundes, der dort verendet war. Aber sobald wir aus einer der engen Mauerpforten hervorgetreten waren, ragte düster und drohend ein mächtiges Ungetüm empor und versperrte uns fast gänzlich den Blick: ein gewaltiges turmähnliches Balkengerüst, über dem sich ein buckliges Dach wölbte; daraus neigte sich der große Hebebaum hervor, ein gigantischer Arm. Es war ein Kran für schwere Schiffslasten, eine jener monströsen Maschinen des Kölner Hafenbetriebs, die ich zwar schon aus der Fernegesehen hatte, denen ich jedoch vorsichtig ausgewichen war, weil sie mir unheimlich erschienen. Das Ungetüm hatte Ähnlichkeit mit jenem Kran, der auf dem Domturm stand.
»Das ist Teufelswerk«, flüsterte ich.
»Das ist nichts als ein Werk mechanischer Konstruktion«, widersprach Bär. »Zu fürchten ist nicht die Maschine …«
Mit einem Ruck drehte sich der ganze Bau um einen riesigen senkrechten Achsenbaum in seiner Mitte und schwenkte seinen Hebearm samt einem großen Fass, das am Haken hing, mit majestätischer Langsamkeit zur Seite.
»Eine beachtliche Erfindung«, sagte Bär. »Sie brauchen das Ding, um schwere Lasten aus den Schiffen auf Fuhrwerke zu schaffen. Ich erinnere mich gut, dass ich stundenlang dabei zugeschaut habe … früher.«
»Kommen denn immer noch Schiffe herein?«, fragte ich.
»Heute früh hat eines von weiter flussauf hier angelegt«, sagte Bär. »Es hat dem Eisgang getrotzt. Ein mutiger Schiffer!«
»War ein ziemliches Geschrei und Gerenne«, fügte Knaller hinzu. »Sie haben bestimmt den Hals riskiert.«
Und wieder Bär: »Wer weiß, was drin ist in diesen Fässern! Wird sich lohnen!«
Ein schriller Pfiff ertönte, und im Inneren des Bauwerks begannen zwei hölzerne Räder, sich zu drehen. Genau betrachtet waren es große Radtrommeln, mit deren Bewegung das Hebeseil sich auf- oder abspulte. Das Erstaunlichste war jedoch die Art, wie diese Räder in Gang gesetzt wurden: Es steckten Männer darin! Sie beugten sich vor und trotteten mit gesenktem Kopf auf der Innenseite dieser Trommeln, wo kräftige Sprossen angebracht waren. Sie liefen, ohne von der Stelle zu kommen. Durch das Gewicht ihrer Körper trieben sie den Mechanismus. Das Holzgefüge spannte sich unter der Last, und die Reibung der beweglichen Teile verursachte ein lautes Knarren – alles in allem ein höllischer Lärm.
»Hab selten erlebt, dass sie bei solcher Witterung arbeiten«, sagte Bär. »Aber was geschieht nicht alles für den Profit!«
»Da ist der Kaufmann«, flüsterte Sambo. »Der hat noch immer schlechte Laune. Wohl besser, wenn ich mich nicht blicken lasse.«
»Dann bleib hinter der Mauer«, sagte Bär. »Wir werden ihn zur Rede stellen. Er ist der Kranpächter, wenn ich mich recht entsinne.«
Knaller, auf seinem Nacken kauernd, gab ihm die Richtung an, und wir gingen los. Mir sank das Herz, als ich den Kaufmann sah und die bärbeißig wirkenden Kerle, die bei ihm waren: Kranmeister, Kranknechte und Lastträger. Noch bevor mein Zögern bemerkbar wurde, trat Zunge neben mich, hakte mich unter und zog mich mit. Schon war ich mitten im Geschehen.
Bär streckte die Hand nach mir aus und flüsterte: »Also, du hast, was du brauchst, um ihm das Maul zu stopfen, nicht wahr? Mit unseren Körperkräften werden wir hier nichts ausrichten.«
»Ich habe Geld«, sagte ich.
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