Tanz der Dämonen
etwas, das ich schon einmal erlebt hatte. Unmöglich. Widersinnig. Verwirrung und Abwehr. Es verursachte Übelkeit. Welches Blendwerk narrte mich? War ich in einem Teufelskreis gefangen?
»Sambo«, flüsterte ich. »Was tust du hier?«
»Das fragst du mich jedes Mal!«
»Jedes Mal?«
»Jedes Mal, wenn ich dich ins Leben zurückhole. Ich bin wohl so eine Art Hebamme!«
»Du bist eher … ein Engel.«
»Ein Engel? Wie lange hast du mich nicht mehr richtig angeschaut? Na also! Es klappt ja schon wieder mit dem Lachen!«
Aber auch das Lachen tat weh.
Er flößte mir etwas ein, einen bitteren Trank, der mir sehr bekannt vorkam.
Danach ging es besser.
Sambo hatte Recht: Jedes Mal, wenn ich mit dem Kopf gegen die Wand gestoßen war, stürzte ich in einen Abgrund, als ob alles zu Ende sei. Erst das Fieber nach Ahasvers Tod. Jetzt die Ohnmacht nach …
»Was war es eigentlich diesmal?«
»Ein Schlag auf den Kopf, würde ich sagen.«
Und meistens, wenn ich endlich wieder erwachte, war da sein Gesicht – und der Geschmack seiner Mixturen.
»Danke, Sambo.«
Vorsichtig tastete ich um mich.
Dabei kam eine Erinnerung, die Erinnerung an gräuliche Bestien, die in der Finsternis kämpften …
Ich musste tief Luft holen. Weitere Fetzen der Vergangenheit deuteten sich an. Aber nichts deutlich auszumachen. Mit wem war ich zusammen gewesen … als ich den Kaiser verließ?
Der Kaiser! War diese Begegnung Wahrheit oder Traum?
»Wie … ist das alles geschehen?«
»Sie haben dich liegen lassen.«
»Liegen – lassen?«
»Ja. Für die Wölfe. Haben wohl gedacht, du hättest deinen Teil.«
»Aber …«
»Zwei Kerle haben dich gefunden.«
»Wolfsjäger?«
»Wolfsvergifter.«
»Und dann? Wieso hast du mich gefunden?«
»Ich finde dich doch immer …«
»Nein, bitte sag doch …«
»Na, ja. Ich habe nach dir gesucht. Du warst plötzlich verschwunden. Alle haben gesucht. Die Bettler auch. Es war wie verhext. Und dann liegt da beim Abdecker so ein seltsamer kleiner Bursche, mehr tot als lebendig … Das warst du. Ich habe dort nachgefragt – wegen Barbaro.«
»Beim Abdecker?«
»Es wäre doch möglich gewesen …«
»Und hast mich gefunden.«
Als er von dem Bären sprach, fiel ein Schatten über sein Gesicht, der sich aber bald wieder auflöste.
»Trink noch was«, sagte er. »Deine Wunden sind nicht schlimm. Du bist jung. Du wirst rasch wieder auf den Beinen sein.«
Ich lehnte mich zurück und blickte an die Decke. Über mir war ein Heuboden, und es roch nach Pferden.
»Jawohl. Wir sind in einem Stall«, sagte er. »Ich kümmere mich um die Tiere. Irgendwie muss man leben. Es ist nicht die schlechteste Arbeit.«
Ich fühlte den Druck einer Schnur an meinem Hals und fühlte nach. Das Amulett war weg. Fehlte auch der Beutel? Der, den ich vom Kaiser erhalten hatte – sollte es sich denn als wahr erweisen …
»Suchst du das?«, fragte Sambo und zeigte mir den Skorpion. Und auch den Beutel.
Ich nickte erleichtert.
»Ein Goldstück fehlt.«
»Du wirst es gebraucht haben.«
»Ich habe es der Frau gegeben.«
»Das war gut getan. Zum Glück hat sie es nicht gefunden. Sie hat mir die Stiefel nicht ausgezogen.«
»O doch! Sie hat dir die Stiefel ausgezogen. Und sie hat das alles gefunden. Sie hat es mir gegeben.«
Ich zögerte. Dann sagte ich: »Ich schäme mich.«
»Schon gut«, sagte er. »Sie hat dich für eine Hexe gehalten. Sie hatte Angst vor dir. Langsam kann ich das verstehen. Außerdem muss sie es wissen. Sie ist bestimmt selber eine … Aber, hör mal: Du bist reich!«
»Es ist vom Kaiser.«
»Das brauche ich sicher nicht zu verstehen, oder?«
»Ich erkläre es dir …«
»Ein anderes Mal!«
»Ja. Gut. Ich bin müde.«
Jetzt sah ich wieder die Gesichter vor mir. Ferrand und seine Spießgesellen. Verdammte Halsabschneider! Sie hatten nicht einmal den Versuch gemacht, mich auszuplündern. Wahrscheinlich hatten sie geglaubt, es sei nicht der Mühe wert! Außerdem wollten sie meinen Tod vermutlich wie einen Unglücksfall aussehen lassen. Da macht es sich nicht gut, wenn bei der Leiche die Taschen umgedreht sind.
Ich bin ruhig in Schlaf gefallen. Schlaf! Nicht mehr ein schwarzer Abgrund. Und danach ging es von Stunde zu Stunde besser. Es war warm. Ich hörte die Pferde. Es roch gut. Ich fühlte mich wohl in diesem Stall. So lange, wie es dauerte. Es dauerte drei Tage.
»Was soll das heißen?«, brüllte die Stimme. »Du schwarzer Bastard! Habe ich dir nicht deutlich zu verstehen gegeben, wo
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