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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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aufwiesen, das ich jemals gesehen hatte. Gerade diese Bilder, die mir vorkamen, als seien sie von einer unbekannten, wahnwitzigen Geometrie bestimmt, taten einen wahrhaft dämonischen Geist der Verderbtheit kund. Böse, das war das Wort, das sich mir aufdrängte, als ich die Ornamente betrachtete, mit denen die Zierleisten vieler Seiten gefüllt waren: Augen, zahllose Augen, menschlich und doch nicht menschlich, die mir feindlich entgegenstarrten. »Das Buch hat tausend Augen!«, hatte die Stimme in meinem Traum gerufen. Am seltsamsten aber war das grünlich schimmernde Leuchten, das die Oberfläche dieser pergamentartigen Seiten verbreitete. Ich schauderte und glaubte plötzlich alles, jede düstere Andeutung, die ich über dieses blasphemische Werk gehört hatte.
    Da klappte Ahasver den Folianten vorsichtig zu und verbarg ihn unter seinem Mantel.
    Ich fasste mich wieder. »Ich kann es nicht lesen«, sagte ich.
    »Ich auch nicht«, murmelte er. Enttäuschung stand in seinem Gesicht, doch dieser Eindruck verflog sehr rasch. »Aber ich werde es können!«, flüsterte er. »Ich will es lernen. Es gibt keine Geheimschrift und keine Sprache, die man nicht lernen kann, nicht wahr? Ich habe noch viel Zeit, verstehst du? Zeit genug für alles, was ich noch erreichen will! Du sollst es sehen!«
    Skepsis und Mitleid stritten in mir um die Vorherrschaft. Unbedacht sagte ich: »Der Magus – ich glaube, er hat es zu lesen vermocht …«
    Sein Gesicht wandelte sich zu einer Maske der Wut. Er beugte sich vor, packte mich an der Schulter und zischte: »Der Magus? Der Magus ! Wer ist das? Der Sprücheklopfer im roten Mantel? Nichts als ein Narr. Nein, schlimmer: ein Betrüger! Ein Scharlatan! Nichts weiß er, und nichts wird er jemals wissen oder können! Nur große Töne spucken! Das vermag er! Ich zertrete ihn wie eine Spinne unter meinem Fuß!«
    Entkräftet hielt er inne und lauschte. Ich hatte es auch gehört. Ein Pfiff, der aus drei schrillen Tönen bestand. Es war das Zeichen, das in Ahasvers Truppe als Warnsignal gegolten hatte. Es kam von der Straße. Pietro oder Sambo! Einer von beiden musste unten sein – und zu uns wollen! Das musste ich Grifone sagen! Rasch!
     
     
     

UF L EBEN UND T OD
    »Halt!«, schrie ich, indem ich die Treppe hinunterhastete. »Halt! Schießt nicht! Das ist unser Pfiff! Es ist einer von uns!«
    »Einer von uns ?«, knurrte Grifone. »Einer von euch vielleicht.«
    Er stand in Deckung am seitlichen Fenster der Halle.
    »Ich sehe keinen«, sagte Osman, der am anderen Fenster kauerte.
    »Ich kenne diesen Pfiff«, wiederholte ich, noch ganz außer Atem.
    »Da kommt einer!«, warnte Lüns.
    »Dann die Tür auf!«, befahl Grifone. »Aber haltet ihn in Schach!«
    Ein Schuss fiel draußen, dann noch einer, hastige Schritte, eine große dunkle Gestalt stolperte herein.
    »Er ist verwundet!«, rief Osman.
    Der Ankömmling rappelte sich auf. »Ist nicht schlimm«, keuchte er. Es war Sambo.
    Grifones Leute hielten immer noch die Waffen auf ihn gerichtet. Der Hauptmann selbst spähte forschend nach draußen.
    »Es kommt kein Angriff«, sagte er.
    »Die sind noch nicht so weit«, erklärte Sambo. »Sie zimmern irgendetwas zusammen. Ich habe nicht genau sehen können, was es ist.«
    »Und wie viele sind es?«
    »Ungefähr ein Dutzend. Ha! Jetzt einer weniger …«
    »Das ist Sambo«, erklärte ich. »Er ist ein Freund.«
    »Ein Freund?«, fragte Grifone.
    »Er … hat zu Ahasver gehört. Ich kenne ihn schon lange. Er hat mein Leben gerettet.«
    »Aha.«
    »Ist Ahasver hier?«, wollte Sambo wissen.
    »Ja«, sagte ich. »Er ist hier.«
    Der schwarze Riese schlug die Augen nieder. »Wir müssen darüber reden …«, sagte er leise.
    »Ja, das müssen wir wohl. Aber später.«
    »Und? Was willst du bei uns?«, fragte Grifone, dessen Misstrauen noch immer nicht besänftigt schien.
    »Ich bringe das«, sagte Sambo und zog zwei Pistolen sowie ein Pulverhorn unter seinem Wams hervor. »Und eine Nachricht«, fuhr er fort. »Von Bär und deinen anderen Freunden.« Dabei nickte er mir zu. »Sie wissen Bescheid … dass ihr in der Klemme steckt. Pietro hat sich Sorgen gemacht, als du nicht zurückkamst. Da ist er auf die Suche gegangen und hat herausgefunden, was los ist. Er holt deine Freunde. Sie bringen Hilfe zusammen. Aber sie brauchen noch Zeit.«
    »Die Bettler?«, fragte Grifone ungläubig.
    »Wollt ihr etwa keine Hilfe?«
    »Es ist gut. Geht beide nach oben, damit er verbunden wird.«
    Wir gehorchten. Es war nur

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