Tanz der Dämonen
diesen Dingen die Not der ärmsten unter ihren Kindern zu lindern.«
»Und das lässt du dir gut bezahlen, wie?«
»Würdest du diese Arbeit umsonst tun?«
Während des Gesprächs fiel mir auf, dass Zunge sich völlig im Hintergrund hielt. Er schien zu missbilligen, was vorging. Störte es ihn vielleicht, dass dieser seltsame Bursche in unsere Probleme – meine Probleme – eingeweiht werden sollte? Bruder Anselmus starrte uns nun der Reihe nach bohrend an. »Also rückt schon heraus«, sagte er, »was wollt ihr von mir? Sonst haltet mich gefälligst nicht länger von einer Arbeit ab, die Gott wohlgefällig ist.«
Bär übernahm es zu antworten: »Dieses Küken, wie du sagst, braucht Hilfe von einem, der sich mit den Wegen der Geistlichkeit auskennt. Von einem Mittler zu den ehrwürdigen Dienern des Herrn …«
Der seltsame Mann scharrte ungeduldig mit den Füßen.
Ich fasste mir ein Herz, räusperte mich und sagte: »Ich suche einen Mann, der wohl zum Klerus gehören muss. Es ist für mich sehr wichtig, dass ich ihn finde.«
Bruder Anselmus heftete seinen verstörenden Blick auf mich – ein Auge geradeaus, das andere ziellos ins Weite gerichtet – und sagte: »Sein Name?«
»Man hat mir den Namen Nabor genannt …«
» Pater Nabor?«
»Ihr kennt ihn?«
Er dachte nach. Dabei lutschte er hingebungsvoll an einem hohlen Zahn, so dass sich seine mageren Wangen nach innen zogen.
»Was fällt dabei für einen missratenen Mönch ab?«, fragte er listig.
»Die überschäumende Dankbarkeit deiner Freunde«, erklärte Bär mit fester Stimme.
Anselmus’ Auge – langsam konnte ich unterscheiden, welches das sehende war – ruhte zweifelnd auf dem Bettler und dann wieder auf mir.
»Und vielleicht eine bescheidene Summe, die ich aufbringen könnte«, sagte ich, »wenn sie auch gewiss weit unter dem liegen würde, was Euren ehrenwerten Bemühungen angemessen wäre.«
Der gedrechselte Satz schien ihm zu gefallen. Dennochantwortete er: »Der Teufel kommt mit süßen Worten daher, und glaub mir, was den Teufel angeht, kenne ich mich aus. Wie viel?«
Diese Frage schloss so schnell an das Vorausgegangene an, dass ich einen Augenblick verblüfft schwieg. Dann brachte ich heraus: »Ein Silberstück.«
»Zwei!«
Es brachte mich ganz aus dem Konzept, dass er nicht drei sagte, wie Bär angekündigt hatte. Ich nickte stumm, und er grinste zufrieden.
»Dieser junge Mann muss wirklich noch viel lernen«, sagte er. »Jedenfalls muss ich diese Arbeit hier erst zu Ende bringen. Oder wollt ihr mir vielleicht helfen?«
»Lass dir Zeit«, sagte Knaller, und wir suchten uns Plätze zum Ausruhen, die so gelegen waren, dass der Wind den Geruch von uns wegtrug.
Es schien, dass Bruder Anselmus nur gefürchtet hatte, er werde sich etwas vergeben, wenn er für uns sogleich alles stehen und liegen ließ. Jedenfalls dauerte es gar nicht lange, bis er sagte: »Also gut, dann lasst uns gehen.«
»Ihr wisst also, wo dieser Mann zu finden ist?«, fragte ich.
»Denke ja. Sozusagen beim Heiligen Kreuz.«
Das war das Dominikanerkloster.
»Bei den Domini canes, den Hunden des Herrn?«, fragte Bär und bewies mit diesem Wortspiel, das ich von Vater Sebastian kannte, wieder einmal, dass er nicht ohne klassische Bildung war. »Dann werdet ihr ohne uns gehen müssen.«
»Was macht euch Sorgen?«, kicherte Anselmus. »Das Heilige Offizium der Inquisition? Freilich, damit haben die Dominikaner zu tun. Tut, wie euch gut dünkt.«
»Wir wünschen dir Glück«, sagte Bär zu mir. »Aber in die Gegend gehen wir nicht gern.«
Ich war überrascht von dieser Äußerung, konnte – und wollte – jedoch nicht mehr zurück. Aber die Bedenken meiner Freunde beunruhigten mich. Zunge steckte mir eines jener kleinenHolztäfelchen zu, auf die er gelegentlich Mitteilungen kritzelte. Zwar mochte ich es jetzt nicht vor aller Augen betrachten, aber ich behielt es unauffällig in der Hand.
Wir nahmen Abschied, und ich brach mit diesem merkwürdigen Bruder Anselmus alleine auf. Bald schritten wir im Schatten des Doms dahin.
»Was die nur haben!«, sagte er. »Allerdings ist Pater Nabor ein Mann, mit dem nicht zu spaßen ist. Deshalb solltest du dir gut überlegen, was du ihm sagen willst. Ich hoffe – für dich –, du bringst ihm nichts Unangenehmes …«
»Ich will ihn nur etwas fragen.«
»Na gut. Es ist deine Sache. Mir kann es gleichgültig sein. Mir ist er ein wenig verpflichtet, weißt du, aus Gründen, die … eh … dich nichts angehen.«
Ich
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