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Tanz der Engel

Tanz der Engel

Titel: Tanz der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Itterheim , Diana
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weniger harmloser Geruch: wilde Kräuter über schäumenden Meereswogen.
    Ich unterdrückte einen tiefen Seufzer und spielte die Schlafende. Aron in meinem Dämmerzustand Rede und Antwort stehen zu müssen überforderte mich. Selbst unter besseren Umständen würde es schwierig werden, mich rauszureden.
    »Du glaubst doch nicht, dass ich dir das abkaufe, Lynn?!« Arons vorwurfsvoller Tonfall zerstörte meine Hoffnung auf Aufschub.
    Vorsichtig öffnete ich die Augen. Weiches Kerzenlicht erhellte den Raum. Verschlungene Ornamente zierten die grob behauenen Steinwände. Sie kamen mir bekannt vor, doch es gelang mir nicht, die Muster einzuordnen. Dass ich nicht in einem Zimmer mit Aussicht, sondern irgendwo unter der Erde feststeckte, verrieten der fensterlose Raum und der feuchtwarme Geruch dennoch.
    Mein Blick blieb an Aron hängen. Er saß auf einem breiten Lederhocker, mit untergeschlagenen Beinen wie zur Meditation. Seiner entspannten Körperhaltung nach hatte er es nicht eilig, mir die Leviten zu lesen. Wahrscheinlich genoss er es, mich zappeln zu lassen, um mich einzuschüchtern – was zugegebenermaßen funktionierte.
    Damit ich mich nicht ganz so hilflos fühlte, versuchte ich, mich aufzusetzen. Die tausend Messer, die dabei meinen Rücken aufschlitzten, kamen mir bekannt vor. Stöhnend ließ ich meinen Kopf wieder in die riesige weiße Masse sinken, die mich umgab.
    »Du solltest liegen bleiben«, bemerkte Aron.
    »Danke für die verspätete Warnung«, fauchte ich – wenigstens meckern tat nicht weh.
    »Anscheinend befindest du dich auf dem Weg der Besserung. Bissig bist du jedenfalls schon wieder. Hoffentlich zeigst du auch Rückgrat, wenn ich dir erzähle, was dich erwartet.« Arons herausfordernder Blick erschlug mich. Ich fühlte mich alles andere als bereit, es mit ihm oder sonst irgendjemandem aufzunehmen.
    Müde schloss ich die Augen und ergab mich: Mein Rücken tat weh, Aron war obersauer und Christopher hatte sich aus dem Staub gemacht. Ich stand am Ende meiner Leidensfähigkeit. Meine Augen wurden feucht. Besiegt schlug ich die Hände vors Gesicht. Es reichte, wenn Aron ahnte, wie ich mich fühlte – sehen musste er es nicht auch noch.
    Doch Aron kannte offenbar keine Gnade. Immerhin war er vorsichtig, und auch seine Stimme klang sanft, als er meine Hände wegzog, so dass er mein Gesicht sehen konnte. Mit seiner Therapeutenstimme versuchte er, mich zu trösten.
    »Alles wird gut. Das Schlimmste hast du überstanden – glaub mir.«
    Unbedacht schüttelte ich den Kopf, was eine heftige Messerstichattacke nach sich zog.
    »Sei heute noch ein wenig geduldig, und beweg dich nicht allzu viel. Schon morgen wird der Schmerz nachlassen, und bald wirst du gar nichts mehr spüren.«
    »Es wird nie aufhören weh zu tun«, schluchzte ich, während Tränen über meine Wangen liefen.
    »Doch, das wird es …« Aron brach ab und begann mein Gesicht zu scannen. Anscheinend dämmerte ihm gerade, dass ich nicht von meinem angeschlagenen Körper, sondern von Christopher sprach. Geduldig wartete er, bis ich ausgeheult hatte, bevor er aufstand, um vor meinem Bett hin und her zu gehen. Er kämpfte mit sich. Schließlich blieb er stehen.
    »Warum in aller Welt muss ich mich um zwei Racheengel kümmern? Einer hätte wirklich genügt!« Da er offenbar zuerst seinen Frust loswerden musste, schwieg ich und wartete. »Sag mir, wie du auf die blöde Idee gekommen bist, einen zweihundert Meter tiefen Abgrund hinunterzuspringen, nachdem du mir vor ein paar Tagen glaubhaft versichert hast, unter Höhenangst zu leiden? Wolltest du mich vorführen oder nur ärgern?«
    »Das hatte nichts mit dir zu tun«, erwiderte ich.
    »Nein? Gut. Dann erklär dich!« Aron würde nicht lockerlassen. Vielleicht minderte es meine Strafe, wenn ich ehrlich war.
    »Wie du weißt, hatte Christopher vor, mich ins Schloss der Engel zurückzubringen. Ich hab mich geweigert mitzukommen, weil ich Weihnachten bei meinen Eltern sein wollte, und ihn zu einem Wettstreit überredet.«
    Arons linke Augenbraue wanderte nach oben. »Den Christopher gewann.«
    Ein Grinsen huschte über mein Gesicht, das Aron überhaupt nicht gefiel.
    »Du hast gewonnen?«
    Ich nickte, was mein Grinsen in ein Lippenzusammenpressen verwandelte, da mein Kopf erneut in Flammen stand. Aron legte mir seine kühle Hand auf die Stirn, was den Schmerz augenblicklich linderte.
    »Sagte ich nicht, du sollst dich nicht bewegen? Deine …« Wieder sprach er nicht weiter. Stattdessen brachte er

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