Tanz der Engel
der sie nach Hause bringt.«
»Das kann ich übernehmen.« Christophers Engels-Charme überzeugte Philippe nicht.
Ich biss in Christophers Hand. Er zuckte kurz zusammen – sicher mehr vor Überraschung als vor Schmerz –, während er meinen Freund mit seinen Lügen umgarnte.
»Lucia wird sauer sein, wenn du nicht zurückkommst. Oder hast du vergessen, wer deine Freundin ist?«
Philippe blieb stehen. Er wirkte unsicher, allerdings nicht, weil Christopher mir den Mund zuhielt, sondern wegen des drohenden Untertons.
»Nein. Du hast recht. Ich kümmere mich um Lucia und du dich um Lynn. Außerdem muss ich noch mal singen.« Philippe klang, als hätte ihm jemand die Worte eingeflüstert – und ich wusste auch, wer.
Mein Ellbogen landete in Christophers Gesicht. Dieses Mal traf ich die richtige Stelle. Seine Augen glühten voller Zorn. Doch noch ehe ich mich aus seiner Umklammerung winden konnte, berührten seine aufgesprungenen Lippen meinen Mund. Schwarzer Nebel zog auf, der sich mit dunklen Schatten mischte.
»Ich hasse dich!«, war alles, was ich ihm noch an den Kopf werfen konnte, bevor ich in seinen Armen zusammensackte.
Langsam kehrte mein Bewusstsein zurück.
»Du Feigling!« Eigentlich wollte ich ihn anschreien, doch mehr als ein Flüstern brachte ich nicht zustande.
»Inwiefern?« Anstatt mich wieder in Ohnmacht zu küssen, antwortete Christopher. Er trug mich auf seinen Armen. Anscheinend hatte er alle Fluchtmöglichkeiten beseitigt.
Vorsichtig öffnete ich die Augen. Ich wusste, was mich erwartete. Trotzdem berührte sein Blick mich tiefer, als ich zulassen wollte. Ich sah Ärger, Wut und Entschlossenheit, aber auch einen kleinen Schimmer Neugier. Christopher schien sich sicher zu sein, dass ich nicht noch einmal entkommen würde. Schließlich war er der erfahrene Racheengel und ich nur die frisch geschlüpfte Putte. Er konnte es sich leisten, seinen Plan zu ändern, um mit mir zu spielen – und genau darin lag meine Chance!
»Du ziehst es vor, mich k. o. zu schlagen, statt dich mit mir zu messen? Fürchtest du etwa, ich könnte eine Schwachstelle bei dir entdecken?«
»Der Weihrauch muss dir die Sinne ganz schön vernebelt haben. Wenn ich dich k. o. geschlagen hätte, würdest du jetzt schlafen und nicht meckernd in meinen Armen liegen.«
»Und warum hast du es dann nicht getan? Wenn ich betäubt wäre, hättest du es doch so viel einfacher mit mir. Oder fürchtest du dich etwa davor, mich zu schlagen, und willst deshalb nicht mit mir kämpfen?«
Christophers Pupillen verengten sich. Anstatt mich einigermaßen sanft abzusetzen, warf er mich grob auf die Füße. Dank Arons Gleichgewichtstraining konnte ich einen Sturz gerade noch verhindern, als meine Schuhe über den steinigen Boden der Ebene rutschten, die ein paar hundert Meter weiter in die Tiefe stürzte.
War ich zu weit gegangen? Würde er mir jetzt eine Lektion erteilen, oder bestand noch die Chance, ihn zu einem echten Wettkampf zu überreden?
»Was schwebt dir denn so vor? Fäuste, Stock oder Klauen?« Kurz bevor er zu Ende gesprochen hatte, schossen seine Krallen hervor.
Ich zwang mich, nicht vor dieser diabolischen Waffe zurückzuweichen. Ein platzierter Treffer würde mein Herz zerreißen – obwohl, dazu brauchte er keine Waffe. Das schaffte er auch ohne.
Entgegen allem, was ich gelernt hatte, ballte ich meine Hände zu Fäusten. Die Spangen reagierten sofort. Meine Nägel brannten, doch der körperliche Schmerz half mir, den seelischen zu verdrängen. Mein Dämonenerbe flammte auf, entzündete sich an meinem und an Christophers Schatten, den ich jetzt allzu deutlich spüren konnte.
Unerbittlich kämpfte ich das Dunkle in mir zurück. Nur wenn ich einen kühlen Kopf bewahrte und nicht blind auf Christopher losstürmte, würde ich Weihnachten vielleicht doch noch zu Hause verbringen können.
»Du überraschst mich«, antwortete ich so gelassen wie möglich. »Anstatt mir eine echte Chance zu geben, wählst du eine Waffe, bei der du selbst dafür gesorgt hast, dass ich sie nicht einsetzen kann.«
Christopher, der mich keine Sekunde aus den Augen ließ und mitbekommen hatte, dass meine Spangen aktiviert waren, zögerte. Er wusste, dass ich nicht nur gegen ihn kämpfte.
»Und was genau schlägst du vor?«
Ich atmete tief durch, bevor ich antwortete, damit er meine Euphorie nicht bemerkte – ich hatte ihn da, wo ich ihn haben wollte!
»Ein fairer Wettkampf, bei dem nicht schon vorher feststeht, dass du
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