Tanz der Sterne - Unter dem Weltenbaum 03
schlagkräftige Truppe zu verwandeln. Und dazu mußte ihm der Oberbefehl übertragen werden.
Nach einem Moment des Zögerns nickte er. »Ich werde alles für eine entsprechende Sitzung in drei Tagen veranlassen.« Damit machte er auf dem Absatz kehrt und verließ den Raum.
Sternenströmer und Axis verabschiedeten sich von Morgenstern und ließen sie allein in dem kleinen Raum zurück. Die Großmutter wartete, bis sich die Tür hinter den beiden geschlossen hatte, ließ sich dann erschöpft nieder und stützte den Kopf in ihre Hände.
Der Unterricht mit Axis nahm sie auch körperlich sehr in Anspruch, und Morgenstern fühlte sich rechtschaffen müde. Aber sie machte sich auch große Sorgen. Der junge Mann lernte gut. Viel zu gut. Das hatte sich gerade heute nachmittag wieder gezeigt. Die Beherrschung manch anderer Fähigkeit hatte er damit abtun können, sie noch aus der Zeit im Gedächtnis behalten zu haben, als Sternenströmer auf dem Turm von Sigholt seinem Sohn noch in Rivkahs Leib allerlei vorgesungen hatte.
Aber Sternenströmer hätte niemals seinem noch ungeborenen Sohn das beibringen können, was zur Beherrschung der Wassermusik vonnöten war. Dafür verstand er einfach zu wenig davon.
Besaß Axis vielleicht eine natürlich Begabung für solche Dinge? Schon möglich. Aber Morgenstern glaubte nicht, daß das eine befriedigende Erklärung war. Nach einer Weile des Überlegens schüttelte sie sich und stand wieder auf. Sie wollte lieber nicht zu eingehend darüber nachdenken, warum ein Halbikarier wie ihr Enkel die Zauberlieder so leicht lernte, wenn doch jeder andere Zauberlehrling damit zunächst große Mühe hatte.
Nein, darüber wollte sie jetzt lieber nicht nachdenken. Jetzt noch nicht.
Vielleicht braucht Axis sie ja gar nicht neu zu lernen …
»Bei den Sternen, Närrin!« tadelte sich die Großmutter. »Laß dir so etwas nicht noch einmal in den Sinn kommen!«
5 R EBELLENARMEE
Belial suchte mit seinen scharfen Augen unablässig den bleigrauen Himmel ab. Zu beiden Seiten war er umgeben von den kargen Hängen des Sperrpasses. Nur hier und da lockerte ein Strauch oder ein verkrüppelter Baum die Ödnis dieser Landschaft auf. Vor elf Tagen waren sie von Osten her über den Paß marschiert; vor fünf Tagen hatte der Leutnant dann befohlen, hier das Lager aufzuschlagen, und Arne mit einigen Soldaten ausgesandt, die Festung Sigholt und ihre Umgebung zu erkunden. Arne war der erfahrenste Offizier, den Belial noch bei sich hatte.
Der Leutnant wagte kaum zu hoffen, daß Sigholt ihnen Unterkunft bieten und als Stützpunkt dienen konnte. Was hätte er jetzt darum gegeben, einige von den ikarischen Flugaufklärern bei sich zu haben. Statt dessen mußte er einen Trupp Berittener aussenden. Wer konnte schon wissen, in welche Gefahr sie gerieten? Oder ob ihre Erkundung überhaupt ein brauchbares Ergebnis mit sich bringen würde?
Daß die Soldaten in seiner Truppe überhaupt noch lebten, hatten sie vornehmlich Fürst Magariz zu verdanken. Und der Voraussicht von Bornheld. Ausgerechnet von ihm. Hinter ihm saß Magariz auf einem nervösen Belaguez. Die beiden Männer wechselten sich darin ab, Axis’ Hengst zu reiten. Belaguez hatte den Fürsten heute bereits zweimal abgeworfen, und Belial hatte dank dieses verwünschten grauen Hengstes ebenfalls etliche blaue Flecke davongetragen. Wir sollten den Gaul einfach frei laufen lassen, dachte der Leutnant, bevor er noch einen von uns zu Tode stürzen läßt. Auf Magariz kann ich nun wirklich nicht verzichten.
Der Fürst war der dienstälteste und wertvollste Offizier Herzog Bornhelds gewesen. Ihm hatte in den vergangenen zwölf Jahren die Feste Gorken unterstanden. Aber dann hatte Magariz den Obersten Heerführer verlassen, um dem Axtherrn zu folgen – auch wenn dieser Vertrauensbruch ihn höchstwahrscheinlich den Kopf kosten würde, sollte der Herzog je seiner habhaft werden. Doch mit dieser Tat hatte der Fürst das Leben von Belial und dreitausend Soldaten gerettet, die ihm jetzt unterstanden.
Nachdem sie sich vergewissert hatten, daß die Ikarier Axis am Fuß der Eisdachalpen abgeholt und mitgenommen hatten, waren sie durch die wenig einladenden Landstriche der Eisdach-Ödnis und der Wildhundebene geritten. Nur Magariz’ Kenntnis dieser Gebiete – und vor allem, daß er wußte, wo im Norden Ichtars Vorratslager mit Nahrungsmitteln, Brennstoff und Heu angelegt waren – hatte Belials Truppe davor bewahrt, in den fünf Wochen elendig zugrunde zu gehen, ehe sie
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