Tanz der Sterne - Unter dem Weltenbaum 03
Dampfenden Wassers, um die Schmerzen in ihrer Brust und ihrem Rücken zu lindern.
»Der Wolfen ist eine Zauberwaffe?« fragte Axis verwundert, aber im Innern freute es ihn schon ein wenig, Ärger auf dem Gesicht seines Onkels zu sehen. Aschure hatte sich den Bogen ehrlich verdient und dabei eine bemerkenswerte Begabung für diese Kriegskunst bewiesen.
»Ja, eine Zauberwaffe«, erklärte sein Vater. »Nur wissen wir nicht mehr, wie man sie einsetzt. Das Lied des Wolfen ist uns verlorengegangen. Zusammen mit Wolfstern Sonnenflieger, dem Krallenfürsten, der ihn vor langer Zeit angefertigt hat.«
Morgenstern preßte bei der Erwähnung dieses Namens kurz die Lippen zusammen, was ihrem Enkel aber entging. »Gibt es denn keine Möglichkeit, wieder an dieses Lied zu kommen?« wollte er nämlich wissen. »Oder die anderen Kriegszauber wiederzuentdecken?«
»Wir müssen uns eben ganz darauf verlassen, daß Ihr uns rettet!« knurrte Rabenhorst. Er trat jetzt ein, und seine Wut schien ihren Höhepunkt erreicht zu haben. Der Krallenfürst bot noch stärker als sein Bruder oder seine Mutter einen äußerst farbenfrohen Anblick: Violette Augen und rabenschwarzes Haar, dazu die pechschwarze Flügeloberseite und die blau gefärbte Flügelunterseite. Den Farben haftete aber jetzt in seinem Zorn etwas Bedrohliches an. Axis wollte unwillkürlich zurückweichen, als Rabenhorst direkt auf ihn zu kam.
»Sucht nicht in den Sagen der Vergangenheit, um uns zum Sieg zu führen, Neffe! Verlaßt Euch lieber auf die Fähigkeiten, die in Euch selbst stecken.« Er schwieg für einen Moment und fuhr dann mit einem rauhen Flüstern fort: »Und vergeßt nicht, Axis Sonnenflieger, daß Ihr die Treue und das Vertrauen des ikarischen Volkes erringen müßt, wenn Ihr gegen den Zerstörer bestehen wollt. Mit Zauberwaffen allein wird Euch das kaum gelingen.«
Der Krieger verstand den Verdruß des Krallenfürsten. Mit dem Tod von Freierfall hatte Rabenhorst seinen einzigen Sohn und Erben verloren. Nicht nur mußte der Onkel nun jeden Tag aufs neue mit dem Gram über diesen Verlust fertig werden, sondern sich auch damit abfinden, daß Axis ihm auf dem Thron nachfolgen würde. Denn Sternenströmer mochte zwar ein äußerst starker Zauberer sein, aber als Führer eines Volkes würde er kaum eine gute Figur abgeben. Axis spürte auch, was Rabenhorst dabei vor allem störte: Daß sein Nachfolger nicht nur halb Mensch und halb Ikarier war, sondern auch noch früher dem verhaßten Seneschall als Axtherr gedient hatte.
Natürlich verlor er nie ein Wort darüber, aber jeder im Krallenturm schien dasselbe zu denken. Axis war fest entschlossen, notfalls um sein Recht auf den Thron zu kämpfen. Seine erste und dringlichste Aufgabe bestand doch gerade darin, die Ikarier, die Menschen von Achar und die Awaren zu einer Einheit zusammenzuschmieden; denn nur so bestand eine Aussicht darauf, Gorgrael zu besiegen. Und wenn er sowohl den Thron des acharischen Reiches als auch den der Vogelmenschen innehatte, verbesserte das seine Erfolgsaussichten deutlich. Durch seine Mutter Rivkah, eine Prinzessin aus der Königsfamilie, stand Axis als zweiter hinter Bornheld in der Thronfolge. Und der Krieger hatte nicht vor, seinem Stiefbruder den Vortritt zu lassen.
Doch jetzt verscheuchte Axis die Gedanken an Bornheld und beschäftigte sich lieber mit dem, was der Krallenfürst gerade gesagt hatte. Er müsse das Vertrauen der Vogelmenschen gewinnen, wenn er sowohl von ihnen als Thronerben anerkannt werden als auch deren Luftarmada gegen den Zerstörer in den Krieg führen wollte. Axis wußte, daß das Vertrauen der Ikarier nicht leicht zu gewinnen sein würde, und er hatte noch nicht einmal angefangen, darum zu werben. In den fünf Wochen seit seiner Ankunft im Krallenturm hatte er, außer mit seiner Familie, kaum mit einem Vogelmenschen gesprochen.
»Rabenhorst«, entgegnete er daher, »ich halte es für geboten, mich mit Euren Geschwaderführern zusammenzusetzen. Höchste Zeit, daß ich das Kommando über die Luftarmada übernehme.« Ein kühner Vorschlag, den er ihm da machte. Als Krallenfürst war Rabenhorst der Oberbefehlshaber der ikarischen Streitkräfte – und nun verlangte Axis von seinem Onkel, ihm diesen Oberbefehl abzutreten.
Rabenhorst mochte sich über den jungen Mann ärgern, der ein so unverschämtes Ansinnen an ihn richtete, aber er war kein Narr. Der Krallenfürst wußte genau, daß allein Axis die Fähigkeiten und die Erfahrung besaß, die Luftarmada in eine
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