Tanz der Verführung
zu verletzen, um Villeaux wieder einzufangen? Sollte er das Leben der Wache aufs Spiel setzen, obwohl der Mann gerade erst geheiratet hatte und Vater geworden war? Oder sollte er Villeaux’ Tod in Kauf nehmen, auch wenn er damit einen der mutmaßlichen Anführer der Rebellen und somit eine Schlüsselfigur verlieren würde, die er eigentlich lebend wollte?
Waren diese Wahlmöglichkeiten nicht barbarisch?
Ein bitteres Lächeln verhärtete sein Gesicht. Vielleicht hatte Villeaux gar nicht den Mut, vor Zeugen ein Kind zu ermorden. Vielleicht bluffte er nur.
Dennoch kannte er Rudd nicht gut genug, um das mit Sicherheit sagen zu können.
Als würde er sein Dilemma spüren, deutete Rudd mit dem Kopf zum Stall. »Ich will vier Pferde. Ihr werdet den Wachen im Pförtnerhaus Bescheid geben, damit sie uns vorbeilassen.«
»Und wenn ich das nicht tue?«
Rudds Blick verdunkelte sich. Nun sah er nicht länger wie ein törichter Bursche, sondern wie ein zu allem entschlossener Mann aus. »Dann werde ich dem Jungen die Kehle durchschneiden. Meine Freunde werden Euren Wächter umbringen, und ihrer beider Tod wird auf Eurem Gewissen lasten.«
»Ihr würdet ein Kind töten?«
Für den Bruchteil einer Sekunde legte sich ein Zögern auf Rudds Züge. Seine Finger umfassten das Messer fester. »Zwingt mich nicht dazu, Linford.«
»Rudd«, schrie Rexana. »Nein!«
Fane hörte ihre Schritte hinter sich, dann stand sie neben ihm. Völlig außer sich sah sie ihn an. »Lasst mich zu ihm, ich kann vernünftig mit ihm reden.«
»Ihr werdet keinen Schritt näher zu ihm gehen.« Fane sah wieder zu Rudd. »Er ist bewaffnet und umzingelt.«
»Er wird mir nichts tun.«
Fanes Kiefermuskeln verspannten sich, bis sie ihn schmerzten. Sein Magen fühlte sich an, als hätte ein Dolch ihn durchstochen. Es war kein Zufall, dass Villeaux an dem Tag, an dem Rexana ihm frische Kleidung brachte, aus dem Kerker geflohen war. Hatte sie ihm den Dolch zugesteckt? Hatte sie dieses schreckliche Dilemma provoziert? Er würde sie danach fragen, sobald die drohende Gefahr gebannt war.
Fane gab den Soldaten, die in den Außenhof getreten waren, ein Zeichen. »Bringt Lady Linford in Sicherheit«, befahl er. »Und haltet sie von diesen Rohlingen fern.«
Die Männer geleiteten Rexana zurück zur Vorburg.
»Fane!«
Doch er achtete nicht auf ihre entrüsteten Schreie und ging auf die Rebellen zu. Er hatte sich zu einer Entscheidung durchgerungen. Eine, für die er sich verachtete, die aber als einzige das Blutvergießen verhindern konnte.
Doch vielleicht konnte ihn diese Entscheidung auch zum Rattennest der Verräter führen.
»Ich werde Euch die Pferde geben.« Er ignorierte die entsetzten Ausrufe der Umstehenden. »Lasst mich die Stallburschen holen, damit sie sie satteln.«
Die Anspannung in Villeaux’ Gesicht legte sich ein wenig. »Eine weise Entscheidung.«
Gemurmel erhob sich hinter Fane. Er unterdrückte seine Wut und ließ vier Pferde satteln. Dann schickte er einen Krieger zum Pförtnerhaus und befahl den diensthabenden Wachen abzutreten.
Die Rebellen ließen von dem verwundeten Wachmann ab und stiegen auf ihre Rösser. Sie grinsten triumphierend.
Fane kochte vor Wut.
Doch wenn sich sein Plan genau so entwickelte, wie er gehofft hatte, würde er am Ende doch der Sieger sein.
Als Villeaux den verängstigten Jungen auf das Pferd zwang, packte Fane Entschlossenheit. Villeaux mochte denken, dass er gewonnen hatte, aber dieser Kampf war noch lange nicht zu Ende.
Mit wildem Gebrüll trieb Rudd das Pferd auf das Pförtnerhaus zu. Die anderen Verräter folgten ihm, und die Hufe ihrer Pferde donnerten über die Zugbrücke.
Fane wandte sich zu den Dienern, die in der Nähe standen, und zeigte auf die verwundete Wache. »Bringt ihn zu einem Heiler, sorgt dafür, dass seine Wunden versorgt werden, und sucht seine Frau.« Dann blickte er seine Soldaten an. »Auf eure Pferde, und zwar sofort.«
»Ihr habt sie entkommen lassen«, klagte die Mutter und fiel mit einer Hand auf der Brust in den Armen von zwei jungen Mädchen fast in Ohnmacht. »Mein Sohn.«
»Wir werden ihn gesund und munter wieder nach Hause bringen«, sagte Fane. »Das verspreche ich.«
Die Ritter riefen ihren Knappen etwas zu und rannten zu den Ställen. Zaumzeug klirrte, bewaffnete Männer und Stallburschen führten ihre Pferde und Fanes Schlachtross heraus, das nervös schnaubte und mit dem Schweif schlug. Kampfatmosphäre hing in der Luft.
Fane stemmte seine Hände in die Hüften
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