Tanz der Verführung
aufkommende Eifersucht und sah zu seinen Männern hinüber, die die Verräter in der Mitte der Lichtung zusammengetrieben hatten. »Wir kehren nach Tangston Keep zurück. Dort werde ich entscheiden, ob Ihr schuldig oder unschuldig seid, Rudd.«
*
Einige Stunden später trat Rexana auf den Flur vor ihrem Gemach und schloss die Tür hinter sich. Als sie den Wachen zunickte, wehte der Rauch der Fackeln an den Wänden wie geheimnisvolle Schleier zu ihr herüber. Gespannte Erwartung ließ ihr Herz rasen.
Fane hatte versprochen, sie rufen zu lassen, wenn er den Inhalt der Schachtel geprüft und Rudd befragt hatte.
Sie hatte gebadet, ein besticktes rosa Gewand angelegt und ihr Haar am Kamin getrocknet. Fane war nicht gekommen. Grübelte er noch immer über das Schicksal ihres Bruders nach, oder hatte er ihn schon längst für schuldig befunden und zögerte nur, es ihr mitzuteilen?
Kurz vor Einbruch der Dämmerung waren sie nach Tangston zurückgekehrt, und Fane hatte Rexana schnell von ihrem Bruder und den anderen Gefangenen getrennt. Sobald er vom Pferd gestiegen war, hatte er nach Tansy rufen lassen. »Macht Euch frisch, Liebste«, hatte er gesagt und sie in die Arme der strahlenden Magd geschoben. »Ich werde Euch rufen lassen, wenn ich eine Entscheidung gefällt habe.«
»Ich will bei Euch bleiben.«
Sanft hatte Fane ihre Wange berührt. »Ich werde Euch rufen lassen.« Nachdem er ihre Widerrede in einem Kuss erstickt hatte, ordnete er an, die Verräter in den Kerker werfen zu lassen, und besprach mit Kester die Bewachung.
Am Ende des schattigen Flurs blieb Rexana stehen und presste eine Hand gegen die Wand. Fanes polternde Stimme war unten aus dem Saal zu hören. Er klang nicht wütend. Eine Frau murmelte etwas vor sich hin. Ein Stuhl wurde über die Dielen geschoben.
Dann sprach Rudd, seine Stimme wirkte angespannt. Was hatte er gesagt? Rexana ging näher heran.
Ihr Bruder ächzte und stöhnte, er hörte sich gequält an.
Rexana stellte es die Nackenhaare auf. In ihrer Phantasie malte sie sich alle möglichen düsteren Bilder aus. Fane hielt nichts von Folter, doch wenn Rudd nicht sprach, fand er vielleicht ein anderes Mittel, um …
Rudd schrie. »Herrgott, das tut weh.«
Er schien zu lallen. Was hatte man ihm verabreicht? Schrecken und Empörung ergriffen sie. Sie raffte ihre Röcke, lief die Holztreppe ein paar Stufen hinab und blickte über die Brüstung in den Saal.
Fane, der an seinem Tisch saß, sah auf. Neben ihm lagen die Schachtel, die Brosche und die Unterlagen. »Ah, Rexana, ich wollte Euch gerade holen lassen.«
Sie blickte zu ihrem Bruder, der an einem Tisch unterhalb des Podestes saß. Sein Wams und sein Hemd langen auf dem Boden. Celeste stand neben ihm und sah auf seine nackte, blutige Schulter herab. Sie hielt etwas in der Hand, aber was?
Hastig rannte Rexana die restlichen Stufen hinab. Ein beißender Kräutergeruch stieg ihr in die Nase. »Was ist hier los?«
»Rexana.« Rudd streckte ihr eine Hand entgegen und zuckte dann zusammen. Celeste schüttelte den Kopf und beugte sich über seine Wunde. Er stöhnte. »Auaaaaaa.«
Sie rannte zu ihm. Er roch nach Bier. Ein voller Krug und ein Becher standen neben seinem gesunden Arm. »Er ist ja völlig betrunken!«
Fane erhob sich. »Kein Mann kann seinen Arm nähen lassen, ohne vorher ein paar starke Gläschen gekippt zu haben.«
»Nähen?«, wiederholte sie matt. Celeste hielt eine Nadel in der Hand. Neben ihr auf dem Tisch stand eine Schüssel mit einem grünlichen Kräutergemisch, das sie zweifellos dafür benutzte, um die Nadel und Rudds verstümmeltes Fleisch zu säubern.
Rexana drehte es den Magen um, sie musste wegsehen.
Mit ernstem Gesicht trat Fane zu ihr. »Seine Wunde ist tief, doch wenn sie erst einmal genäht ist, wird sie gut heilen.« Ein schwaches Lächeln legte sich auf seine Lippen und wärmte Rexana. »Ich hatte Euch noch nicht rufen lassen, weil ich Euch diesen Anblick ersparen wollte.«
Sie sah in seine dunklen, faszinierenden Augen. »Ich dachte schon, Ihr hättet mich vergessen.«
»Ihr seid ungeduldig, Weib.«
Seine Bemerkung reizte sie. Seufzend fragte sie: »Nun? Habt Ihr eine Entscheidung getroffen? Seid Ihr von der Unschuld meines Bruders überzeugt?«
Fane senkte den Blick. Er blickte düster drein und schien um Worte zu ringen. »Ich habe mich wohl geirrt.«
»Wirklich?« Ein Leuchten ging über ihr Gesicht.
»Rudd hat viele Dokumente zusammengetragen.« Fane schüttelte den Kopf. »Ich kann mir
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