Tanz der Verführung
erneut öffnete, schien ihr ganzes Gesicht zu brennen. »Ich bin eine hungrige Biene«, las sie, »und kann es kaum erwarten, von Eurem Nektar zu kosten.«
Verwirrt fragte Celeste: »Von was kosten?«
Tansy rollte mit den Augen. »Vom Nektar, du dummes Ding, aus den Blumen.«
Verwirrung spiegelte sich in Celestes Blick. »Ja, aber … Mylady ist doch gar keine Blume.«
»Sheriff Linford hat versucht, ein Gedicht zu schreiben«, erklärte Rexana. »Er hat dafür die gehobene Sprache eines Höflings gewählt, um seine … Gefühle auszudrücken.«
Mit einem lauten Schnauben stand Tansy auf. »Alle wissen über diese Gefühle Bescheid, Mylady. Selbst ein Blinder kann sehen, was Seine Lordschaft für Euch empfindet.« Sie sah finster auf Celeste und Nelda herab. »Wenn der Rest vom Gedicht auch so anzüglich ist, solltet Ihr es lieber für Euch behalten. Es ist wohl besser, wenn die Mädchen hier nicht zu viel erfahren.«
Celeste und Nelda jammerten enttäuscht. »Aber …«
»Ihre Ladyschaft ist noch nicht mal gebadet und angezogen«, sagte Tansy. »Wir dürfen doch unsere Pflichten nicht vergessen!«
Und ich meine nicht, rief Rexana sich ins Gedächtnis, und die Erregung verschwand langsam wieder. So verführerisch Fanes Schreiben auch war, sie durfte keine Zeit verlieren und musste sich darauf konzentrieren, Rudd zu treffen.
Sobald sie gefrühstückt hatte, verließ Rexana das Gemach und lief mit wippendem Zopf in einem gelben Kleid aus weichster Wolle und einem goldenen Stoffgürtel um die Hüfte den Gang entlang.
Als ihre Schuhe auf den Treppen klackten, die hinunter zum Saal führten, fühlte sie sich plötzlich unwohl. Was würde geschehen, wenn Fane erfuhr, dass sie im Kerker gewesen war? Er würde sich ärgern. Doch sie konnte einfach nicht ruhig dasitzen und zulassen, dass ihr Bruder für ein Vergehen bestraft wurde, das er nicht begangen hatte.
Sie eilte die Treppen der Vorburg hinab und trat auf den sonnigen Außenhof. Leise grüßte sie die Kinder, die mit Stöckchen Bilder in den Schmutz malten, und ging dann auf das Gebäude mit dem Schieferdach zu, in dem die Küche lag. Nachdem sie sich die Hände an ihrem Kleid abgewischt hatte, öffnete sie die Tür.
Dampf stieg aus den großen Kesseln auf, die über dem Feuer hingen. Daneben standen Bedienstete und rührten Gemüse und Gewürze ein. Der Duft von Eintopf und frisch gebackenem Brot wehte zu ihr herüber.
Der Koch, der an einem Tisch in der Nähe Zwiebeln hackte, legte sein Messer beiseite und lächelte sie an. »Mylady, Ihr seht heute Morgen reizend aus.« Er säuberte seine Finger an seiner schmutzigen Schürze und kam auf sie zu.
»Danke«, sagte sie und bemühte sich um eine feste Stimme, »ich dachte, die Gefangenen im Kerker hätten vielleicht gerne etwas Brot und Käse. Kannst du das für mich vorbereiten?«
Er runzelte die Stirn. »Die haben heute schon gut gegessen.«
Zum Teufel! »Dann gib mir Bier«, sagte sie.
Der Koch lächelte verdutzt und schüttelte den Kopf. »Bier haben sie auch schon gehabt. Seine Lordschaft hat mich gebeten, dafür zu sorgen, dass sie genug zu essen und zu trinken bekommen.«
Rexana war kaum in der Lage, ihre aufsteigende Ungeduld zu zügeln. »Wann bekommen sie das nächste Mal etwas zu essen?«
»Heute Mittag.« Mit einem Zipfel seiner Schürze wischte er sich den Schweiß von der Nase. »Ihr wollt doch bestimmt nicht selbst das Essen in den Kerker bringen? Soviel ich gehört habe, ist das nicht der richtige Ort für eine Lady.« Er formte seine Hand zu einer Kralle und zischte: »Da gibt es Spinnen!« Dabei zitterte er, als habe er selbst gerade eine über den Boden krabbeln gesehen.
»Ich fürchte mich nicht vor Spinnen.«
Widerwillig lächelnd antwortete er: »Ich wollte Euch nicht beleidigen, Mylady, aber ich kann nichts für Euch tun. Seine Lordschaft hat bereits die Diener ausgewählt, die jeden Tag das Essen hinunterbringen. Niemandem sonst ist das gestattet.«
Rexana widerstand dem Drang, mit den Füßen aufzustampfen. Fane hatte sie überlistet. Doch wenn er dachte, dass sie sich davon abschrecken ließ, hatte er sich getäuscht. Sie würde schon einen anderen Weg finden, um in den Kerker zu gelangen.
Als sie die Küche verließ, entdeckte sie Winton. Er stand in der Nähe der Tür zur Vorburg und sprach mit einer der Wäscherinnen. Rexana lief um eine Schar Gänse herum, die über den Hof watschelten, und ging zu Winton, während sie im Geist bereits einen neuen Plan
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