Tanz der Verführung
über das Land gelegt. Die Sterne glitzerten wie kleine funkelnde Lichtpunkte. Ein Hoffnungsschimmer in der weiten Schwärze der Nacht.
Rexana schloss die Fensterläden gegen die kalte Brise. Sie hatte versucht, Rudds junges Leben zu retten, und stattdessen einen Beweis für die Bitterkeit in Fanes Schicksal entdeckt.
Wie dumm von ihr, zu hoffen, etwas von ihrer Liebe mit Fane teilen zu können.
*
Fane fuhr sich mit den Fingern durch das Haar und stieg die Stufen hinauf. Unten, im schattigen Saal, schlummerte das Burgvolk, und auch seine Schritte waren schwer vor Schläfrigkeit, doch er versuchte, die Müdigkeit zu unterdrücken. Er musste bei klarem Verstand bleiben und durfte Rexana nicht gestatten, Erklärungen von ihm zu verlangen, die er ihr aufgrund seiner Pflichten nicht geben durfte.
Außerdem hatte er keine Lust, sich mit ihr zu streiten. Es war inzwischen weit nach Mitternacht, trotzdem hatte er von Villeaux nicht die Antworten bekommen, nach denen er gesucht hatte. Der Junge weigerte sich, alles zu erzählen, was er über die Verräter wusste, oder sich geradeheraus schuldig zu bekennen. Zumindest aber war Fane die Verbindung zwischen Rexana, Newland und Rudd klar geworden.
Die aufrichtige Rexana hatte äußerst mutig gehandelt, als sie an jenem Tag ihr Leben riskierte, um Newland zu retten. Wenn sich die Dinge tatsächlich so zugetragen hatten, wie Rudd erzählt hatte, dann hatte sie selbstlos die Verantwortung für das Leben eines Mannes übernommen, der weit unter ihrem Stand war und dessen Tod nur wenigen aufgefallen wäre.
Und doch beschäftigte Fane eine Frage: Warum hatte sie sich durch das Schneetreiben gekämpft und ihr eigenes Leben aufs Spiel gesetzt, um Newland zu retten? Was verband sie mit dem bescheidenen Bauern, dem sie – wie Rudd behauptet hatte – bis zu jenem Tag noch nie begegnet war und den sie verletzt in den Schneewehen aufgefunden hatte, von seinem eigenen Pfeil, der von einem Stein abgeprallt war, am Bein getroffen?
»Ihre einzige Schuld ist, dass sie ein weiches Herz hat«, hatte Villeaux gesagt und während des Verhörs mehrmals wiederholt. Widerwillig musste Fane lächeln. Vielleicht hatte sie tatsächlich den Mann nicht sterben sehen wollen.
Er betrat den Gang und grüßte die diensthabenden Wachen, doch als er auf die Tür des Gemachs blickte, schnürte es ihm den Magen zusammen. Sie hatte eine ähnliche Verantwortung auf sich genommen, um ihren Bruder zu retten. Dennoch war es nach Kesters Beweisen und Rudds Aussagen für sie – und sogar für einen High Sheriff wie ihn – nahezu unmöglich, Rudds Unschuld zu beweisen.
Falls Villeaux nicht Informationen zurückhielt, die ihn als unschuldig erwiesen und erklärten, weshalb sich seine Unterschrift auf der Liste der Verräter befand.
Fane runzelte die Stirn. Warum sprach der Bursche nicht? Er wusste doch, dass er es mit dem königlichen Gericht zu tun und schwere Strafen zu befürchten hatte. Sogar den Tod.
Aber vielleicht hatte er ja einen triftigen Grund für sein Schweigen.
Der Wind blies durch den Gang und ließ die Fackeln an der Wand aufflackern. Fane rieb sich die hämmernde Stirn, die ihm starke Kopfschmerzen verhieß. Hinter der Tür wartete sein großes, bequemes Bett auf ihn.
Doch vor der Tür des Gemachs zögerte er. Er wusste, Rexana würde auf ihn zustürmen und ihn ausfragen, was seine Männer über Rudd herausgefunden hatten, sobald er den Raum betreten hatte.
Fane kannte seine Frau inzwischen gut genug, um zu wissen, dass sie mit schmollenden Lippen und zusammengekniffenem Mund vor ihm stehen würde.
Er wollte jedoch nicht über Rudd sprechen und sich streiten, sondern einfach nur unter die Decke kriechen, sie in seine Arme nehmen und sie verführen, damit sie endlich sein wurde. Obwohl er angesichts der Schwere seiner Augenlider Zweifel daran hatte, ob er das Stehvermögen besitzen würde, sie nach allen Regeln der Kunst zu lieben, wie sie es verdiente.
Was für eine erbärmliche und peinliche Vorstellung.
Er drückte die Klinke herab, doch die Tür öffnete sich nicht. Mit einem müden Grunzen stemmte er sich dagegen und hörte, wie im Zimmer etwas über den Boden kratzte.
Voller Erstaunen musste er feststellen, dass Rexana die Tür blockiert hatte. Wollte sie ihn aussperren? Oder war sie immer noch verärgert wegen ihrer Auseinandersetzung im Burghof?
Entschlossen stemmte er sich gegen die Tür und machte einen Schritt vorwärts, stieß jedoch mit seiner Wade an hartes Holz und
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