Tanz des Verlangens
murmelte Nïx. „Die Dendrophilen.“
„Die Dendro-was?“, fragte Néomi.
„Baumfreundinnen – die Baumnymphen.“
„Sieh mal einer an, wenn das nicht die komplett durchgeknallte Nïx und die alte Hexe sind“, sagte eine von ihnen, die offensichtlich ihre Anführerin war.
„Sieh mal einer an, wenn das nicht die Schlampen sind“, erwiderte Nïx ungerührt. „Tut mir leid, ihr Nymphomänchen, die Orgie findet nicht hier statt, sondern ein Stück die Straße runter.“
„Nïxie, jede Party ist eine Orgie, die nur darauf wartet, gefeiert zu werden.“
Nïx öffnete den Mund, schloss ihn wieder und zog Néomi und Mari fort. „Tja, wo sie recht haben, haben sie recht.“
Und Nymphen!
Fast zur selben Zeit wurde Néomis freudige Erregung von einem Hauch Enttäuschung gedämpft. Murdoch hatte gesagt, dass Nymphen hier sein würden. Diese erschreckend lieblichen Frauen erinnerten sie daran, dass Conrad in einer von ihnen vielleicht seine Braut erkannt hatte.
Zum Glück gab es auch jede Menge göttlicher Männer, und bald waren Néomi, Nïx und Mari von einer ganzen Reihe von ihnen umzingelt. Alle waren groß und stark. Einige sogar noch größer als Conrad.
Néomi fühlte sich winzig und fehl am Platz, aber sie schienen jede Anstrengung zu unternehmen, sie nicht zu erschrecken, vor allem nachdem Nïx sie als „ Néomi, die Sterbliche “ vorgestellt hatte. Néomi lächelte ihnen zur Begrüßung zu, während sie insgeheim an ihnen vorbeispähte, um eventuell einen Blick auf ihren Vampir zu erhaschen.
„Das sind Uilleam und Munro.“ Nïx zeigte auf ein Zwillingspaar, das offensichtlich aus Schottland stammte und auf spitzbübische Art sehr gut aussah. „Wir nennen sie einfach Heiß und Heißer, oder war es Heißer und Heiß?“ Sie zuckte die Achseln. „Sie sind Lykae. Und hier sind die Dämonen Cade und Rydstrom, ebenfalls Brüder. Das sind die, von denen ich dir erzählt habe.“
„Schön, dich kennenzulernen, Süße“, sagte Cade. Aber er schien geistesabwesend und rieb sich zerstreut über die Bartstoppeln an seinem Kinn.
„Es ist mir ein Vergnügen, Néomi.“ Rydstrom schenkte ihr ein Lächeln, das seine bemerkenswert grünen Augen nicht berührte.
Die Gesichtszüge der Brüder ähnelten einander sehr, und doch war ihr Erscheinungsbild insgesamt vollkommen verschieden. Ihre Manieren und selbst ihre Akzente unterschieden sich voneinander. Sie konnte heraushören, dass sie aus den britischen Kolonien stammten, allerdings klang Rydstrom eindeutig nach Oberklasse.
Rydstrom wandte sich Nïx zu. „Ich habe dich gesucht, Walküre.“
„Ach, warum denn? Hast du den gefunden, der ihn im Schlaf sucht?“
„Genau genommen …“ Rydstrom ergriff ihren Oberarm und führte sie beiseite.
„Hilfe, Hilfe!“, rief Nïx über die Schulter zurück. „Ich werde von einem Dämon geschändet!“ Als Néomi Anstalten machte, ihr zu folgen – als ob sie irgendetwas ausrichten könnte –, formte Nïx mit dem Mund die Worte „ Nicht wirklich “.
„Da kommt Bowen!“, sagte Mari. Er schien einem Geruch zu folgen. Als er Mari erblickte, stürzte er auf sie zu und zog sie in seine Arme.
Nachdem sie einen tiefen, forschenden Kuss erhalten hatte, der Néomi dazu brachte, sich Luft zuzufächeln, stellte Mari ihn ihr vor. Er lächelte Néomi an, während er Cade einen finsteren Blick zuwarf, der diesen umgehend erwiderte. Intéressant .
Die Musiker, die sie vorhin schon gehört hatte, begannen ein melodisches Stück mit sehr dominantem Schlagzeugpart zu spielen, das Néomi – selbstverständlich – nicht kannte. Sie spürte die Vibrationen deutlich in ihrem Bauch, und zum ersten Mal seit achtzig Jahren empfand sie das dringende Verlangen zu tanzen.
„Geh ruhig tanzen, Néomi“, sagte Mari. „Wir warten hier. Geh nur nicht zu weit weg.“
Néomi nickte glücklich. Die Musik hatte das Kommando über sie übernommen, und sie gehorchte nur zu gerne. Mit jeder Sekunde gewöhnte sie sich mehr an ihren Körper, erinnerte sich daran, wie sie ihn dazu brachte, sich zu bewegen, dahinzugleiten … Alles fühlte sich wie ein Traum an. Es schien eine verzauberte Nacht zu sein.
Nach kurzer Zeit fühlte sie sich beobachtet. Als sie herumwirbelte, erspähte sie rot glühende Augen in der Dunkelheit, die jeder einzelnen ihrer Bewegungen folgten.
Conrad. Wie ein Löwe auf der Jagd nach einem Reh.
Das musste eine Halluzination sein.
Sie kann nicht wirklich sein. Conrad begriff es nicht. Er hatte in dieser Nacht
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