Tanz im Feuer
warum ich es verschwiegen habe. Ich wollte, dass du mich erst besser kennenlernst.« Mit einer fahrigen Bewegung ordnete er seine wirren Haare.
»Du hast mich gut genug gekannt, um zu wissen, dass du mir nichts davon sagen durftest«, entgegnete sie hitzig.Wenn er glaubte, er brauchte sich nur zu entschuldigen und schon wäre alles wieder im Lot, dann hatte er sich getäuscht. Sie hatte nicht vor, sich näher mit ihm einzulassen. Im Gegenteil, sie war fest entschlossen, ein für alle Mal einen Punkt zu setzen, und zwar jetzt.
»Weil du nicht bereit dafür warst«, versuchte er zu erklären.
»Das werde ich auch nie sein«, schwor sie.
»Vielleicht würde es sich lohnen, das Risiko einzugehen.«
»Ich bin schon einmal ein Risiko eingegangen«, erklärte sie ihm. »Für mich hat es sich nicht ausgezahlt. Mein Mann wurde von einem drogenbesessenen Kind erschossen. Ich will nichts mehr riskieren, und ich werde nichts mehr riskieren.«
»Denk doch nur daran, wie gut wir zusammenpassen und wie es ist, wenn wir uns küssen und einander berühren, und sag mir dann noch mal, dass sich das Risiko nicht lohnt.«
»Es lohnt sich nicht!«
»Feigling!«
»Ganz recht! Genau das versuche ich dir die ganze Zeit beizubringen. Ich will nicht jedes Mal tapfer sein müssen, wenn du irgendwohin verschwindest, um unter Lebensgefahr Brände zu löschen. So ein Leben habe ich schon einmal geführt. Ich will es nie wieder führen.« Sie merkte, dass sie ihm während des R edens immer näher gekommen war, als wollte ihr Körper sich über all das hinwegsetzen, was ihr Mund sagte. Irritiert blieb sie stehen und trat einen Schritt zurück. Er antwortete nicht, sondern beobachtete sie nur. Plötzlich verwandelte sich ihreWut inTraurigkeit. Flehend schaute sie ihn an. »Glaub mir, es ist besser, wenn wir unsere Beziehung beenden, bevor sie richtig beginnt. Bitte geht jetzt, Chad.Wir dürfen uns nicht wiedersehen.«
Sie konnte selbst nicht glauben, dass sie das gesagt hatte. R eglos standen sie da und starrten einander niedergedrückt und schweigend an.
Als dasTelefon klingelte, lief Leigh aus dem Zimmer. Sie war froh, Chads brennendem Blick entfliehen zu können.
»Hallo.«
»Ist dort Leigh?«, fragte eine unbekannte Frauenstimme freundlich.
»Ja.«
»Hier spricht Amelia Dillon, Chads Mutter. Ist er bei Ihnen?«
»Ja, er ist hier, Mrs. Dillon.«Verkündete er eigentlich in der ganzen Stadt, wann er sie besuchen würde? Ärgerlich runzelte sie die Stirn. »Einen Augenblick, ich hole ihn gleich an den Apparat.«
»Nein, nein«, beeilte sich die Frauenstimme zu sagen. »Ich wollte sowieso mit Ihnen sprechen. Chad hat mich heute Nachmittag angerufen, nachdem er aus Mexiko zurückgekommen ist. Er hat mir gesagt, dass er heute Abend bei Ihnen sein wird.« Leighs Finger umschlossen den Hörer, bis die Knöchel weiß hervortraten. Offenbar hatte er ganz selbstverständlich angenommen, dass sie mit seinem Besuch einverstanden war. Der Gedanke machte sie rasend.Wieso kam er nicht auf die Idee, sie zu fragen, ob sie ihn sehen wollte?Vor Zorn hätte sie beinahe nicht mitbekommen, was die Frau am anderen Ende der Leitung sagte: »Ich möchte Sie – und Sarah natürlich – am nächsten Sonntag zum Essen einladen. Am Abend wollen wir denWeihnachtsbaum aufstellen.Würden Sie uns die Freude machen und kommen? Chad hat uns schon so viel von Ihnen erzählt, und wir können es kaum erwarten, die kleine Sarah kennenzulernen.Wenn ich mir vorstelle, dass mein Sohn auf der Ladefläche von diesem grässlichen Lieferwagen ein Baby zurWelt bringt!« Leigh konnte förmlich vor sich sehen, wie die Frau fassungslos den Kopf schüttelte.
Leigh fand Amelia Dillon vom ersten Augenblick an sympathisch, allerdings glaubte sie nicht, dass sie einen ganzenTag zusammen mit Chad durchstehen konnte, vor allem, nachdem sie ihm soeben erklärt hatte, dass sie ihn nie wiedersehen wollte. Aber wie konnte sie die Einladung ausschlagen, ohne Mrs. Dillon vor den Kopf zu stoßen? So angestrengt sie auch nachdachte, auf die Schnelle wollte ihr einfach kein glaubwürdigerVorwand einfallen.
»Das klingt wunderbar, Mrs. Dillon.Vielen Dank. Ich komme gerne«, hörte sie sich antworten.
»Wie schön. Es ist uns einVergnügen.Wir freuen uns schon sehr auf Sie und IhreTochter. Bis Sonntag dann. Sagen Sie Chad, er soll vorsichtig fahren.«
Leigh hielt den Hörer in der Hand, bis das Knacken in der Leitung verriet, dass Chads Mutter aufgelegt hatte. Zögernd legte sie den Hörer
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