Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tanz im Mondlicht

Tanz im Mondlicht

Titel: Tanz im Mondlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
Vom Netzwerk:
fand an jedem ersten Freitag im Monat abwechselnd in den Cafeterias der verschiedenen Schulen statt. Im letzten Monat war die Rogers High School in Newport an der Reihe gewesen und vor zwei Monaten die Hope High in Providence. Heute Abend kam der Crofton Consolidated die Rolle der Gastgeberin zu, und Sylvie brachte eine kunstvolle, von Jane gebackene Torte mit, die haargenau einer alten, zerfledderten Bibliotheksausgabe von
Webster’s Second Dictionary
glich.
    Sylvie hatte sich geschminkt, ihr neues Outfit von Eileen Fisher angezogen, neues Rouge und Lippenstift aufgelegt, einen Hauch Lidschatten in Dunkelblau hinzugefügt, um den Augen eine dramatische Note zu verleihen, und schlüpfte gerade in ihren marineblauen Frühlingswollmantel, als ihre Mutter sie rief.
    »Was gibt’s?«, fragte Sylvie, als sie das Schlafzimmer betrat.
    »Und was ist mit mir?«, sagte Margaret.
    Sylvie erstarrte. »Was meinst du?«
    »Heute ist der erste Freitag im Monat. Und ich fühle mich wesentlich besser. Kann ich mitkommen?«
    Jane saß an ihrem Bett,
Große Erwartungen
von Dickens aufgeschlagen auf ihren Knien, und blickte verwirrt hoch. »Wir haben laut vorgelesen, doch als Mom hörte, wie du dich fertig gemacht hast, und wissen wollte, welcher Tag heute ist …«
    »Mom, du hast das Haus seit Wochen kaum noch verlassen …«
    »Darum geht es doch gar nicht, Kind«, entgegnete Margaret. »Ich brauche einen Tapetenwechsel.«
    Sylvie blinzelte. Sie dachte an John Dufour, fragte sich, ob er an dem Essen teilnehmen würde. Sie konnte ihn beinahe vor sich sehen in seiner kastanienbraunen Strickweste, die gefühlvollen braunen Augen auf den Parkplatz gerichtet, um zu sehen, ob sie kommen würde. Sie trafen sich hin und wieder, um Scrabble zu spielen, und ihr schwanden jedes Mal die Sinne, wenn sich ihre Knie unter dem Tisch berührten. Zwei verklemmte Akademiker mittleren Alters und die Verkörperung des Schlagers, dass die Liebe ein seltsames Spiel ist. Sylvie hätte gerne gewusst, ob es für John mehr als ein Spiel war …
    Hin- und hergerissen zwischen ihrer Sehnsucht nach ein wenig Romantik, nach der Gelegenheit, beim Betreten der Cafeteria zu entdecken, dass John die Tür beobachtete und nach ihr Ausschau hielt, und dem tiefverwurzelten Pflichtgefühl als Tochter, nickte sie angespannt.
    »Natürlich, Mom. Wenn du dich einer solchen Anstrengung gewachsen fühlst.«
    »Sie hat mir versichert, dass dem so ist.« Jane schmunzelte.
    »Gut, aber wir können sie nur mit vereinten Kräften ins Auto hinein- und hinausbekommen.« Sylvie starrte ihre Schwester an. »Ich schätze also, du wirst auch mitkommen.«
     
    Jane hatte auf dem Rücksitz Platz genommen. Sylvie saß am Steuer, während ihre Mutter auf dem Beifahrersitz Ausrufe des Erstaunens von sich gab, als sie durch die Stadt fuhren, als hätte sie die Häuser und Gärten nie zuvor gesehen.
    »Meine Güte! Schaut euch die Fliederbüsche der Jensens an! Sind sie nicht eine Augenweide?« Und: »Großer Gott – wieso haben die Dunlaps ihr Haus so verschandelt? Die Terrasse ist viel zu bombastisch für eine so kleine Ranch.« Sie kurbelte das Fenster herunter, atmete tief die würzige Luft ein und genoss das Gefühl der Freiheit.
    Jane lächelte.
    Ihre Mutter schien glücklich zu sein, während Sylvie zerstreut zu sein schien. Sie hatte sich in Schale geworfen und an jeder roten Ampel in den Rückspiegel geblickt, um ihre Frisur zurechtzuzupfen. Jane konnte es kaum erwarten zu sehen, mit wem sie verabredet war. Sie saß entspannt auf dem Rücksitz, in schwarzen Jeans und Lederjacke, auch wenn sie wusste, dass ihre Mutter glücklicher gewesen wäre, wenn sie zwei Töchter in adretten blauen Wollmänteln gehabt hätte, aber … na ja.
    Auf Rhode Island konnte man überall das Meer riechen, gleichgültig, wie weit man landeinwärts fuhr, und Crofton befand sich so weit im Inland, wie es nur ging. Die Narragansett Bay – eine malerische Bucht, und nach Janes Ansicht das schönste Fleckchen Erde auf der ganzen Welt – reichte tief in den kleinen Staat hinein. Der würzige Geruch der Meeresbrise und Salzsümpfe erfüllte die Luft, vermischte sich mit dem Duft des Flieders und der Apfelblüten in Crofton.
    Ihre Torte stand neben ihr auf dem Sitz. Sie war ganz gut gelungen, wenn man bedachte, dass sie ihre Backutensilien nicht mitgenommen hatte. Sie war Inhaberin der Calamity Bakery, einer Konditorei in einem »winzigen Mauerloch« unterhalb der High Line, einer stillgelegten

Weitere Kostenlose Bücher